Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.Wir begegnen hier einer der uranfänglichsten und kindlichsten Vorstellungen der weidenden Urmenschheit. Den täglichen Untergang der Gestirne und besonders der Sonne und des Mondes, so wie vorzüglich die vorübergehenden Verfinsterungen der Sonne und des Mondes wusste man sich nicht anders zu erklären, als dass sie am Himmel beständig ein grosser Wolf oder auch Hund und Drache verfolge und zu verschlingen drohe, aber doch niemals ganz erreichen könne. Wo in der Edda von der Sonnenfinsterniss die Rede ist, heisst es: "dass der Riesenwolf Skold, welcher der Sonne nachstrebe, um sie zu verschlingen, der scheinenden Gottheit in die dämmernde Fluth folge." - Nach einer oberpfälzischen Sage flicht im Monde ein altes Weib einen Korb, während neben ihr ein grosser Hund (der Managarmr oder Mondwolf der nordischen Mythologie) lauert, bis er fertig wird, um über ihn herzufallen; dies gibt Mondsverfinsterung; zerreisst er ihn aber gänzlich, geht die Welt unter.1) - Ferner gehört hierher das Sprichwort: "ehe der Wolf die Sonne auffrisst." Nachdem Kärtner Volksglauben entsteht die Sonnenfinsterniss dadurch, dass ein Drache - der Teufel - mit der Sonne rauft; verschlingt er sie, so ist das Weltende da.2) In ähnlicher Weise sieht man auf alten Kalendern die Verfinsterung der Gestirne dadurch angezeigt, dass Drachen die Sonne oder den Mond im Rachen haben. Bei den Letten kam der Priester Dietrich blos deshalb in Lebensgefahr, weil sie glaubten, er habe die Sonne verschlungen. Auch die Sinesen glauben noch, dass bei den Sonnenfinsternissen ein Drache die Sonne ganz oder theilweise verschlinge und rühren daher dabei Paris 1848 Creuzer, a a. O., IV. S. 99 Anm. 171. Auch gehört
hierher, dass Penelope, die Weberin, drei Jahre lang das Leichengewand wob und des Nachts wieder auflösete. Vergl. Welker, II. S. 657. Diese Penelope ist die ewige Weberin Natur, wie auch Göthe sie nennt, welche das neunmonatliche Kleid des Lebens webt und wieder zerreisst, wie sie das dreimonatliche Kleid des Todes, des Winters webt und auch wieder auflöset zum neuen Lebenskleide. Ebenso reiht sich an der hinkende ([fremdsprachliches Material]) oder der krummbeinige ([fremdsprachliches Material]) Hephaestos des Hesiod (Rinck, a. a. O., I. S. 104). 1) Vergl. auch Grimm, Mythol., S. 224 und 25. 2) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 199. Vergl. auch Panzer, bayerische Sagen, II. S. 331 ff.
Wir begegnen hier einer der uranfänglichsten und kindlichsten Vorstellungen der weidenden Urmenschheit. Den täglichen Untergang der Gestirne und besonders der Sonne und des Mondes, so wie vorzüglich die vorübergehenden Verfinsterungen der Sonne und des Mondes wusste man sich nicht anders zu erklären, als dass sie am Himmel beständig ein grosser Wolf oder auch Hund und Drache verfolge und zu verschlingen drohe, aber doch niemals ganz erreichen könne. Wo in der Edda von der Sonnenfinsterniss die Rede ist, heisst es: „dass der Riesenwolf Skold, welcher der Sonne nachstrebe, um sie zu verschlingen, der scheinenden Gottheit in die dämmernde Fluth folge.“ - Nach einer oberpfälzischen Sage flicht im Monde ein altes Weib einen Korb, während neben ihr ein grosser Hund (der Mânagarmr oder Mondwolf der nordischen Mythologie) lauert, bis er fertig wird, um über ihn herzufallen; dies gibt Mondsverfinsterung; zerreisst er ihn aber gänzlich, geht die Welt unter.1) - Ferner gehört hierher das Sprichwort: „ehe der Wolf die Sonne auffrisst.“ Nachdem Kärtner Volksglauben entsteht die Sonnenfinsterniss dadurch, dass ein Drache - der Teufel - mit der Sonne rauft; verschlingt er sie, so ist das Weltende da.2) In ähnlicher Weise sieht man auf alten Kalendern die Verfinsterung der Gestirne dadurch angezeigt, dass Drachen die Sonne oder den Mond im Rachen haben. Bei den Letten kam der Priester Dietrich blos deshalb in Lebensgefahr, weil sie glaubten, er habe die Sonne verschlungen. Auch die Sinesen glauben noch, dass bei den Sonnenfinsternissen ein Drache die Sonne ganz oder theilweise verschlinge und rühren daher dabei Paris 1848 Creuzer, a a. O., IV. S. 99 Anm. 171. Auch gehört
hierher, dass Penelope, die Weberin, drei Jahre lang das Leichengewand wob und des Nachts wieder auflösete. Vergl. Welker, II. S. 657. Diese Penelope ist die ewige Weberin Natur, wie auch Göthe sie nennt, welche das neunmonatliche Kleid des Lebens webt und wieder zerreisst, wie sie das dreimonatliche Kleid des Todes, des Winters webt und auch wieder auflöset zum neuen Lebenskleide. Ebenso reiht sich an der hinkende ([fremdsprachliches Material]) oder der krummbeinige ([fremdsprachliches Material]) Hephaestos des Hesiod (Rinck, a. a. O., I. S. 104). 1) Vergl. auch Grimm, Mythol., S. 224 und 25. 2) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 199. Vergl. auch Panzer, bayerische Sagen, II. S. 331 ff.
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Wir begegnen hier einer der uranfänglichsten und kindlichsten Vorstellungen der weidenden Urmenschheit. Den täglichen Untergang der Gestirne und besonders der Sonne und des Mondes, so wie vorzüglich die vorübergehenden Verfinsterungen der Sonne und des Mondes wusste man sich nicht anders zu erklären, als dass sie am Himmel beständig ein grosser Wolf oder auch Hund und Drache verfolge und zu verschlingen drohe, aber doch niemals ganz erreichen könne. Wo in der Edda von der Sonnenfinsterniss die Rede ist, heisst es: „dass der Riesenwolf Skold, welcher der Sonne nachstrebe, um sie zu verschlingen, der scheinenden Gottheit in die dämmernde Fluth folge.“ - Nach einer oberpfälzischen Sage flicht im Monde ein altes Weib einen Korb, während neben ihr ein grosser Hund (der Mânagarmr oder Mondwolf der nordischen Mythologie) lauert, bis er fertig wird, um über ihn herzufallen; dies gibt Mondsverfinsterung; zerreisst er ihn aber gänzlich, geht die Welt unter. 1) - Ferner gehört hierher das Sprichwort: „ehe der Wolf die Sonne auffrisst.“ Nachdem Kärtner Volksglauben entsteht die Sonnenfinsterniss dadurch, dass ein Drache - der Teufel - mit der Sonne rauft; verschlingt er sie, so ist das Weltende da. 2) In ähnlicher Weise sieht man auf alten Kalendern die Verfinsterung der Gestirne dadurch angezeigt, dass Drachen die Sonne oder den Mond im Rachen haben. Bei den Letten kam der Priester Dietrich blos deshalb in Lebensgefahr, weil sie glaubten, er habe die Sonne verschlungen. Auch die Sinesen glauben noch, dass bei den Sonnenfinsternissen ein Drache die Sonne ganz oder theilweise verschlinge und rühren daher dabei Paris 1848 Creuzer, a a. O., IV. S. 99 Anm. 171. Auch gehört hierher, dass Penelope, die Weberin, drei Jahre lang das Leichengewand wob und des Nachts wieder auflösete. Vergl. Welker, II. S. 657. Diese Penelope ist die ewige Weberin Natur, wie auch Göthe sie nennt, welche das neunmonatliche Kleid des Lebens webt und wieder zerreisst, wie sie das dreimonatliche Kleid des Todes, des Winters webt und auch wieder auflöset zum neuen Lebenskleide. Ebenso reiht sich an der hinkende (_ ) oder der krummbeinige (_ ) Hephaestos des Hesiod (Rinck, a. a. O., I. S. 104).
1) Vergl. auch Grimm, Mythol., S. 224 und 25.
2) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 199. Vergl. auch Panzer, bayerische Sagen, II. S. 331 ff.
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