Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn er am Abend seine Fahrt vollendet hatte, nach dem fernen Osten zurückschiffte. Wie dem Parsen der Becher heilig war und als Symbol des Weltbechers Dschemschids galt, der in Persien den Ackerbau einführte, so kommen auch bei den Slaven geheiligte Becher vor. Swantewit hielt mit Bezug auf seine Eigenschaft als Sonneingott, der der Erde Fruchtbarkeit verleiht, ein Fruchthorn in der Hand, das die Gestalt eines Bechers hatte und aus welchem zur Festzeit die Vornehmen (nobiles) tranken. Auch Dionysos führte einen Becher,1) aber auch einen Spiegel, und mit kleinen Spiegeln war der Fruchtbaum behängt, welcher dem Urbanus, der an die Stelle des Odhin getreten2) zu Nürnberg vorgetragen wurde, wie auch eine ihm zur Seite gehende Frau einen Korb mit Spiegeln trug.

Das Götter- und das Seelenschiff, das Todtenschiff, der Todtenbaum gehört in seinem letzten Ursprunge den seeumwohnenden und seefahrenden Völkern, also besonders den Phöniciern, von welchen die niemals die Meerschifffahrt liebenden Aegypter diese Vorstellungen erhalten. Das Hauptfest des blau-grünen Jupiter-Ammon in Aegypten wurde durch Umhertragung eines Schiffes begangen. Die Orakel in den Ammontempeln zu Meroe, Ammonium und in der syrischen Halbinsel Hierapolis sollen zufolge Eckermann, a. a. O., I. 1. S. 75, durch ein Schiff gegeben worden sein, welches die Priester auf den Schultern herumgetragen haben, damit die Gottheit spreche. - Bei den meerumwohnenden Skandinaviern möchte es die älteste Beerdigungsweise gewesen sein, den Leichnam in einem Schiffe oder Nachen oder blos in einem ausgehöhlten Baumstamme, ohne Führer und daher auch ohne Ruder, Mast und Segel, den Meereswellen zu übergeben, damit sie oder vielmehr die Götter selbst den Verstorbenen in das unbekannte Reich des Todes hinüberführen und hinübertragen. Als die skandinavischen Germanen die Meeresküste verlassen hatten und ihnen das Meer zur Todtenbestattung unerreichbar war, übergaben sie, gleich den gallischen Kelten, welche ihre Todten der Rhone über-

1) Creuzer, Symbolik, III. 409.
2) Hocker, a. a. O., S. 97 ff.

wenn er am Abend seine Fahrt vollendet hatte, nach dem fernen Osten zurückschiffte. Wie dem Parsen der Becher heilig war und als Symbol des Weltbechers Dschemschids galt, der in Persien den Ackerbau einführte, so kommen auch bei den Slaven geheiligte Becher vor. Swantewit hielt mit Bezug auf seine Eigenschaft als Sonneingott, der der Erde Fruchtbarkeit verleiht, ein Fruchthorn in der Hand, das die Gestalt eines Bechers hatte und aus welchem zur Festzeit die Vornehmen (nobiles) tranken. Auch Dionysos führte einen Becher,1) aber auch einen Spiegel, und mit kleinen Spiegeln war der Fruchtbaum behängt, welcher dem Urbanus, der an die Stelle des Odhin getreten2) zu Nürnberg vorgetragen wurde, wie auch eine ihm zur Seite gehende Frau einen Korb mit Spiegeln trug.

Das Götter- und das Seelenschiff, das Todtenschiff, der Todtenbaum gehört in seinem letzten Ursprunge den seeumwohnenden und seefahrenden Völkern, also besonders den Phöniciern, von welchen die niemals die Meerschifffahrt liebenden Aegypter diese Vorstellungen erhalten. Das Hauptfest des blau-grünen Jupiter-Ammon in Aegypten wurde durch Umhertragung eines Schiffes begangen. Die Orakel in den Ammontempeln zu Meroe, Ammonium und in der syrischen Halbinsel Hierapolis sollen zufolge Eckermann, a. a. O., I. 1. S. 75, durch ein Schiff gegeben worden sein, welches die Priester auf den Schultern herumgetragen haben, damit die Gottheit spreche. - Bei den meerumwohnenden Skandinaviern möchte es die älteste Beerdigungsweise gewesen sein, den Leichnam in einem Schiffe oder Nachen oder blos in einem ausgehöhlten Baumstamme, ohne Führer und daher auch ohne Ruder, Mast und Segel, den Meereswellen zu übergeben, damit sie oder vielmehr die Götter selbst den Verstorbenen in das unbekannte Reich des Todes hinüberführen und hinübertragen. Als die skandinavischen Germanen die Meeresküste verlassen hatten und ihnen das Meer zur Todtenbestattung unerreichbar war, übergaben sie, gleich den gallischen Kelten, welche ihre Todten der Rhone über-

1) Creuzer, Symbolik, III. 409.
2) Hocker, a. a. O., S. 97 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0737" n="717"/>
wenn er am Abend seine Fahrt vollendet hatte, nach dem fernen Osten zurückschiffte. Wie dem Parsen der Becher heilig war und als Symbol des Weltbechers Dschemschids galt, der in Persien den Ackerbau einführte, so kommen auch bei den Slaven geheiligte Becher vor. Swantewit hielt mit Bezug auf seine Eigenschaft als Sonneingott, der der Erde Fruchtbarkeit verleiht, ein Fruchthorn in der Hand, das die Gestalt eines Bechers hatte und aus welchem zur Festzeit die Vornehmen (nobiles) tranken. Auch Dionysos führte einen Becher,<note place="foot" n="1)">Creuzer, Symbolik, III. 409.<lb/></note> aber auch einen Spiegel, und mit kleinen Spiegeln war der Fruchtbaum behängt, welcher dem Urbanus, der an die Stelle des Odhin getreten<note place="foot" n="2)">Hocker, a. a. O., S. 97 ff.<lb/></note> zu Nürnberg vorgetragen wurde, wie auch eine ihm zur Seite gehende Frau einen Korb mit Spiegeln trug.</p>
        <p>
 Das Götter- und das Seelenschiff, das Todtenschiff,
 der Todtenbaum gehört in seinem letzten Ursprunge den
 seeumwohnenden und seefahrenden Völkern, also besonders den Phöniciern, von welchen die niemals die Meerschifffahrt liebenden Aegypter diese Vorstellungen erhalten. Das Hauptfest des blau-grünen Jupiter-Ammon in Aegypten wurde durch Umhertragung eines Schiffes begangen. Die Orakel in den Ammontempeln zu Meroe, Ammonium und in der syrischen Halbinsel Hierapolis sollen zufolge Eckermann, a. a. O., I. 1. S. 75, durch ein Schiff gegeben worden sein, welches die Priester auf den Schultern herumgetragen haben, damit die Gottheit spreche. - Bei den meerumwohnenden Skandinaviern möchte es die älteste Beerdigungsweise gewesen sein, den Leichnam in einem Schiffe oder Nachen oder blos in einem ausgehöhlten Baumstamme, ohne Führer und <hi rendition="#g">daher </hi>auch ohne Ruder, Mast und Segel, den Meereswellen zu übergeben, damit <hi rendition="#g">sie</hi> oder vielmehr die Götter selbst den Verstorbenen in das unbekannte Reich des Todes hinüberführen und hinübertragen. Als die skandinavischen Germanen die Meeresküste verlassen hatten und ihnen das Meer zur Todtenbestattung unerreichbar war, übergaben sie, gleich den gallischen Kelten, welche ihre Todten der Rhone über-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[717/0737] wenn er am Abend seine Fahrt vollendet hatte, nach dem fernen Osten zurückschiffte. Wie dem Parsen der Becher heilig war und als Symbol des Weltbechers Dschemschids galt, der in Persien den Ackerbau einführte, so kommen auch bei den Slaven geheiligte Becher vor. Swantewit hielt mit Bezug auf seine Eigenschaft als Sonneingott, der der Erde Fruchtbarkeit verleiht, ein Fruchthorn in der Hand, das die Gestalt eines Bechers hatte und aus welchem zur Festzeit die Vornehmen (nobiles) tranken. Auch Dionysos führte einen Becher, 1) aber auch einen Spiegel, und mit kleinen Spiegeln war der Fruchtbaum behängt, welcher dem Urbanus, der an die Stelle des Odhin getreten 2) zu Nürnberg vorgetragen wurde, wie auch eine ihm zur Seite gehende Frau einen Korb mit Spiegeln trug. Das Götter- und das Seelenschiff, das Todtenschiff, der Todtenbaum gehört in seinem letzten Ursprunge den seeumwohnenden und seefahrenden Völkern, also besonders den Phöniciern, von welchen die niemals die Meerschifffahrt liebenden Aegypter diese Vorstellungen erhalten. Das Hauptfest des blau-grünen Jupiter-Ammon in Aegypten wurde durch Umhertragung eines Schiffes begangen. Die Orakel in den Ammontempeln zu Meroe, Ammonium und in der syrischen Halbinsel Hierapolis sollen zufolge Eckermann, a. a. O., I. 1. S. 75, durch ein Schiff gegeben worden sein, welches die Priester auf den Schultern herumgetragen haben, damit die Gottheit spreche. - Bei den meerumwohnenden Skandinaviern möchte es die älteste Beerdigungsweise gewesen sein, den Leichnam in einem Schiffe oder Nachen oder blos in einem ausgehöhlten Baumstamme, ohne Führer und daher auch ohne Ruder, Mast und Segel, den Meereswellen zu übergeben, damit sie oder vielmehr die Götter selbst den Verstorbenen in das unbekannte Reich des Todes hinüberführen und hinübertragen. Als die skandinavischen Germanen die Meeresküste verlassen hatten und ihnen das Meer zur Todtenbestattung unerreichbar war, übergaben sie, gleich den gallischen Kelten, welche ihre Todten der Rhone über- 1) Creuzer, Symbolik, III. 409. 2) Hocker, a. a. O., S. 97 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/737
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/737>, abgerufen am 22.11.2024.