Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

bösen Gesellen, welche den Hiram-Fro erschlagen.1) Wolf, S. 110, erblickt jedoch in der Form der Belsener Kirche nicht ein Symbol des Jahres-, sondern des Tageslaufes der Sonne, da die Kirche mit ihren Thüren nach Aufgang, nach Mittag und nach Untergang den ersten, den höchsten und den letzten Strahl des Gestirns empfange. Die drei lichten Thore oder vielmehr nur die drei Thore der zugleich mit zwei grösseren und drei kleineren Stierhäuptern geschmückten2) Kirche zu Belsen sind ganz dasselbe Symbol wie das Rad mit neun Speichen auf dem goldenen Stierhaupte, welches man im Jahre 1653 in dem Grabe Childerichs zu Doornyk fand.

5. Der Schritt, mit welchem der Maurermeister dem Grabe und dem Tode entgegengeht,3) beweiset, dass die Maurer in pythagoräischem Sinne den Tod als ein Gesundwerden, als die Erlangung des wahren Lebens betrachteten. Diese pythagoräische Lehre ist dem Pythagoras kaum eigenthümlich, sondern von ihm entweder den ägyptischen Mysterien oder einer andern orientalischen ältern Quelle entlehnt. Das Padmapuranam im Uttarakhandas, Kap. 1. V. 3, nennt den Tod bhavarogeikabheschadscha, d. i. das einzige Heilmittel der Lebenskrankheit. 4) Dennoch ist es sicherlich unbegründet, dass die indischen Mysterienanstalten die ältesten seien und von ihnen alle übrigen auf der Erde abstammen, wie dieses noch neuerlichst der gelehrte Br. Dr. Leutbecher5) behauptet hat; selbst die Mythe des maurerischen Meistergrades 6) mit dem neuen Meisterworte, maka bak, d. i. das grosse Wort,7) soll aus den indischen Mysterien herübergebracht sein. Die drei lichten Thore auf dem maurerischen Teppich deutet Leutbecher (S. 30) nach dem

1) Vergl. oben I. S. 530.
2) Vergl. die Abbildungen bei Wolf, Beiträge, I. Taf. II.-IV.
3) Oben S. 77.
4) Wollheim, S. 13.
5) Der Teppich der Masonen, Amsterdam und Leipzig 1361, S. 4 ff.
6) Leutbecher, S. 16.
7) Leutbecher, S. 11.

bösen Gesellen, welche den Hiram-Frô erschlagen.1) Wolf, S. 110, erblickt jedoch in der Form der Belsener Kirche nicht ein Symbol des Jahres-, sondern des Tageslaufes der Sonne, da die Kirche mit ihren Thüren nach Aufgang, nach Mittag und nach Untergang den ersten, den höchsten und den letzten Strahl des Gestirns empfange. Die drei lichten Thore oder vielmehr nur die drei Thore der zugleich mit zwei grösseren und drei kleineren Stierhäuptern geschmückten2) Kirche zu Belsen sind ganz dasselbe Symbol wie das Rad mit neun Speichen auf dem goldenen Stierhaupte, welches man im Jahre 1653 in dem Grabe Childerichs zu Doornyk fand.

5. Der Schritt, mit welchem der Maurermeister dem Grabe und dem Tode entgegengeht,3) beweiset, dass die Maurer in pythagoräischem Sinne den Tod als ein Gesundwerden, als die Erlangung des wahren Lebens betrachteten. Diese pythagoräische Lehre ist dem Pythagoras kaum eigenthümlich, sondern von ihm entweder den ägyptischen Mysterien oder einer andern orientalischen ältern Quelle entlehnt. Das Padmapurânam im Uttarakhandas, Kap. 1. V. 3, nennt den Tod bhavarogeikabheschadscha, d. i. das einzige Heilmittel der Lebenskrankheit. 4) Dennoch ist es sicherlich unbegründet, dass die indischen Mysterienanstalten die ältesten seien und von ihnen alle übrigen auf der Erde abstammen, wie dieses noch neuerlichst der gelehrte Br. Dr. Leutbecher5) behauptet hat; selbst die Mythe des maurerischen Meistergrades 6) mit dem neuen Meisterworte, maka bak, d. i. das grosse Wort,7) soll aus den indischen Mysterien herübergebracht sein. Die drei lichten Thore auf dem maurerischen Teppich deutet Leutbecher (S. 30) nach dem

1) Vergl. oben I. S. 530.
2) Vergl. die Abbildungen bei Wolf, Beiträge, I. Taf. II.-IV.
3) Oben S. 77.
4) Wollheim, S. 13.
5) Der Teppich der Masonen, Amsterdam und Leipzig 1361, S. 4 ff.
6) Leutbecher, S. 16.
7) Leutbecher, S. 11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0806" n="786"/>
bösen Gesellen, welche den Hiram-Frô erschlagen.<note place="foot" n="1)">Vergl. oben I. S. 530.<lb/></note> Wolf, S. 110, erblickt jedoch in der Form der Belsener Kirche nicht ein Symbol des Jahres-, sondern des Tageslaufes der Sonne, da die Kirche mit ihren Thüren nach Aufgang, nach Mittag und nach Untergang den ersten, den höchsten und den letzten Strahl des Gestirns empfange. Die drei lichten Thore oder vielmehr nur die drei Thore der zugleich mit zwei grösseren und drei kleineren Stierhäuptern geschmückten<note place="foot" n="2)">Vergl. die Abbildungen bei Wolf, Beiträge, I. Taf. II.-IV.<lb/></note> Kirche zu Belsen sind ganz dasselbe Symbol wie das Rad mit <hi rendition="#g">neun</hi> Speichen auf dem goldenen Stierhaupte, welches man im Jahre 1653 in dem Grabe Childerichs zu Doornyk fand.</p>
        <p>
     5. Der Schritt, mit welchem der Maurermeister dem Grabe und dem Tode entgegengeht,<note place="foot" n="3)">Oben S. 77.<lb/></note> beweiset, dass die Maurer in pythagoräischem Sinne den Tod als ein Gesundwerden, als die Erlangung des wahren Lebens betrachteten. Diese pythagoräische Lehre ist dem Pythagoras kaum eigenthümlich, sondern von ihm entweder den ägyptischen Mysterien oder einer andern orientalischen ältern Quelle entlehnt. Das Padmapurânam im Uttarakhandas, Kap. 1. V. 3, nennt den Tod bhavarogeikabheschadscha, d. i. das <hi rendition="#g">einzige Heilmittel der Lebenskrankheit</hi>. <note place="foot" n="4)">Wollheim, S. 13.<lb/></note> Dennoch ist es sicherlich unbegründet, dass die indischen Mysterienanstalten die ältesten seien und von ihnen alle übrigen auf der Erde abstammen, wie dieses noch neuerlichst der gelehrte Br. Dr. Leutbecher<note place="foot" n="5)">Der Teppich der Masonen, Amsterdam und Leipzig 1361, S. 4 ff.<lb/></note> behauptet hat; selbst die Mythe des maurerischen Meistergrades <note place="foot" n="6)">Leutbecher, S. 16.<lb/></note>  mit dem neuen Meisterworte, maka bak, d. i. das grosse Wort,<note place="foot" n="7)">Leutbecher, S. 11.<lb/></note> soll aus den indischen Mysterien herübergebracht sein. Die drei lichten Thore auf dem maurerischen Teppich deutet Leutbecher (S. 30) nach dem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[786/0806] bösen Gesellen, welche den Hiram-Frô erschlagen. 1) Wolf, S. 110, erblickt jedoch in der Form der Belsener Kirche nicht ein Symbol des Jahres-, sondern des Tageslaufes der Sonne, da die Kirche mit ihren Thüren nach Aufgang, nach Mittag und nach Untergang den ersten, den höchsten und den letzten Strahl des Gestirns empfange. Die drei lichten Thore oder vielmehr nur die drei Thore der zugleich mit zwei grösseren und drei kleineren Stierhäuptern geschmückten 2) Kirche zu Belsen sind ganz dasselbe Symbol wie das Rad mit neun Speichen auf dem goldenen Stierhaupte, welches man im Jahre 1653 in dem Grabe Childerichs zu Doornyk fand. 5. Der Schritt, mit welchem der Maurermeister dem Grabe und dem Tode entgegengeht, 3) beweiset, dass die Maurer in pythagoräischem Sinne den Tod als ein Gesundwerden, als die Erlangung des wahren Lebens betrachteten. Diese pythagoräische Lehre ist dem Pythagoras kaum eigenthümlich, sondern von ihm entweder den ägyptischen Mysterien oder einer andern orientalischen ältern Quelle entlehnt. Das Padmapurânam im Uttarakhandas, Kap. 1. V. 3, nennt den Tod bhavarogeikabheschadscha, d. i. das einzige Heilmittel der Lebenskrankheit. 4) Dennoch ist es sicherlich unbegründet, dass die indischen Mysterienanstalten die ältesten seien und von ihnen alle übrigen auf der Erde abstammen, wie dieses noch neuerlichst der gelehrte Br. Dr. Leutbecher 5) behauptet hat; selbst die Mythe des maurerischen Meistergrades 6) mit dem neuen Meisterworte, maka bak, d. i. das grosse Wort, 7) soll aus den indischen Mysterien herübergebracht sein. Die drei lichten Thore auf dem maurerischen Teppich deutet Leutbecher (S. 30) nach dem 1) Vergl. oben I. S. 530. 2) Vergl. die Abbildungen bei Wolf, Beiträge, I. Taf. II.-IV. 3) Oben S. 77. 4) Wollheim, S. 13. 5) Der Teppich der Masonen, Amsterdam und Leipzig 1361, S. 4 ff. 6) Leutbecher, S. 16. 7) Leutbecher, S. 11.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/806
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/806>, abgerufen am 23.11.2024.