Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Theseus war eine politische, eine rein staatliche und sollte und musste alle Staatsbürger in den einzelnen Theilen unterbringen, wie in den spätern deutschen Städten auch alle Stadtbürger oft in eine Anzahl von Zünften vertheilt wurden, wenngleich Viele zu der ihnen bestimmten (politischen) Zunft durch ihre Beschäftigung nicht gehören mochten. Innerhalb und unbeschadet der politischen Eintheilung und Verbindung konnten die Geschlechter und Phratrieen auch ihre gewerblichen Interessen versehen und wahren, weshalb man den Gewerbsgenossenschaften auch bei der politischen Eintheilung schon dadurch möglichst Rechnung getragen hatte, dass man einen Gewerbsverein in die neue politische Eintheilung einfügte und einpasste, wo dieses nur immer anging. Daher würde es sich dann einfach erklären, dass die politischen Phratrieen und Geschlechter gewerbliche Namen tragen, Hatte Attika in der ältesten Zeit erbliche Kasten, war die bewusste Aufgabe und Absicht der Gesetzgebung des Theseus, die Auflösung der alten Zustände und die Umschmelzung derselben in einen einheitlichen Staat. Die Mitglieder in den einzelnen Geschlechtern und Phratrieen konnten blos politisch verbunden sein, waren aber vielfach zugleich durch Verwandtschaft und das gleiche Gewerbe verbunden; theilten sich also in Vollgenossen und blos politische Genossen. Die Eintheilung in Geschlechter und Phratrieen scheint aber vorzüglich der religiösen oder kirchlichen Verfassung, dem Kirchen- und Schulwesen zur Unterlage gedient zu haben und behielt diese Bedeutung auch dann unverändert bei, als durch Klisthenes um das Jahr 509 vor Chr.1) eine neue politische Volkseintheilung in 100 Demen mit 10 Phylen von je 10 Demen aufkam,2) Mit der Demenverfassung3) des Klisthenes wurde in Attika gewissermassen das Politische und Bürgerliche von dem Religiösen und Kirchlichen getrennt, indem das Erstere auf den neuen Demen, das Letztere auf den alten Geschlechtern und Phratrieen beruhte. Die Phratrieen oder

1) Peter, Zeittafeln, S. 37.
2) Schoemann, I. S. 367.
3) Ueber den Namen der Demen vgl. meine Symbolik. II. S. 690.

Theseus war eine politische, eine rein staatliche und sollte und musste alle Staatsbürger in den einzelnen Theilen unterbringen, wie in den spätern deutschen Städten auch alle Stadtbürger oft in eine Anzahl von Zünften vertheilt wurden, wenngleich Viele zu der ihnen bestimmten (politischen) Zunft durch ihre Beschäftigung nicht gehören mochten. Innerhalb und unbeschadet der politischen Eintheilung und Verbindung konnten die Geschlechter und Phratrieen auch ihre gewerblichen Interessen versehen und wahren, weshalb man den Gewerbsgenossenschaften auch bei der politischen Eintheilung schon dadurch möglichst Rechnung getragen hatte, dass man einen Gewerbsverein in die neue politische Eintheilung einfügte und einpasste, wo dieses nur immer anging. Daher würde es sich dann einfach erklären, dass die politischen Phratrieen und Geschlechter gewerbliche Namen tragen, Hatte Attika in der ältesten Zeit erbliche Kasten, war die bewusste Aufgabe und Absicht der Gesetzgebung des Theseus, die Auflösung der alten Zustände und die Umschmelzung derselben in einen einheitlichen Staat. Die Mitglieder in den einzelnen Geschlechtern und Phratrieen konnten blos politisch verbunden sein, waren aber vielfach zugleich durch Verwandtschaft und das gleiche Gewerbe verbunden; theilten sich also in Vollgenossen und blos politische Genossen. Die Eintheilung in Geschlechter und Phratrieen scheint aber vorzüglich der religiösen oder kirchlichen Verfassung, dem Kirchen- und Schulwesen zur Unterlage gedient zu haben und behielt diese Bedeutung auch dann unverändert bei, als durch Klisthenes um das Jahr 509 vor Chr.1) eine neue politische Volkseintheilung in 100 Demen mit 10 Phylen von je 10 Demen aufkam,2) Mit der Demenverfassung3) des Klisthenes wurde in Attika gewissermassen das Politische und Bürgerliche von dem Religiösen und Kirchlichen getrennt, indem das Erstere auf den neuen Demen, das Letztere auf den alten Geschlechtern und Phratrieen beruhte. Die Phratrieen oder

1) Peter, Zeittafeln, S. 37.
2) Schoemann, I. S. 367.
3) Ueber den Namen der Demen vgl. meine Symbolik. II. S. 690.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0102" n="82"/>
Theseus war eine politische, eine rein staatliche und sollte und musste <hi rendition="#g">alle</hi> Staatsbürger in den einzelnen Theilen unterbringen, wie in den spätern deutschen Städten auch alle Stadtbürger oft in eine Anzahl von Zünften vertheilt wurden, wenngleich Viele zu der ihnen bestimmten (politischen) Zunft durch ihre Beschäftigung nicht gehören mochten. Innerhalb und unbeschadet der politischen Eintheilung und Verbindung konnten die Geschlechter und Phratrieen auch ihre gewerblichen Interessen versehen und wahren, weshalb man den Gewerbsgenossenschaften auch bei der politischen Eintheilung schon dadurch möglichst Rechnung getragen hatte, dass man einen Gewerbsverein in die neue politische Eintheilung einfügte und einpasste, wo dieses nur immer anging. Daher würde es sich dann einfach erklären, dass die politischen Phratrieen und Geschlechter gewerbliche Namen tragen, Hatte Attika in der ältesten Zeit erbliche Kasten, war die bewusste Aufgabe und Absicht der Gesetzgebung des Theseus, die Auflösung der alten Zustände und die Umschmelzung derselben in einen einheitlichen Staat. Die Mitglieder in den einzelnen Geschlechtern und Phratrieen konnten blos politisch verbunden sein, waren aber vielfach zugleich durch Verwandtschaft und das gleiche Gewerbe verbunden; theilten sich also in Vollgenossen und blos politische Genossen. Die Eintheilung in Geschlechter und Phratrieen scheint aber vorzüglich der religiösen oder kirchlichen Verfassung, dem Kirchen- und Schulwesen zur Unterlage gedient zu haben und behielt diese Bedeutung auch dann unverändert bei, als durch Klisthenes um das Jahr 509 vor Chr.<note place="foot" n="1)">Peter, Zeittafeln, S. 37.<lb/></note> eine neue politische Volkseintheilung in 100 Demen mit 10 Phylen von je 10 Demen aufkam,<note place="foot" n="2)">Schoemann, I. S. 367.<lb/></note> Mit der Demenverfassung<note place="foot" n="3)">Ueber den Namen der Demen vgl. meine Symbolik. II. S. 690.</note> des Klisthenes wurde in Attika gewissermassen das Politische und Bürgerliche von dem Religiösen und Kirchlichen getrennt, indem das Erstere auf den neuen Demen, das Letztere auf den alten Geschlechtern und Phratrieen beruhte. Die Phratrieen oder
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0102] Theseus war eine politische, eine rein staatliche und sollte und musste alle Staatsbürger in den einzelnen Theilen unterbringen, wie in den spätern deutschen Städten auch alle Stadtbürger oft in eine Anzahl von Zünften vertheilt wurden, wenngleich Viele zu der ihnen bestimmten (politischen) Zunft durch ihre Beschäftigung nicht gehören mochten. Innerhalb und unbeschadet der politischen Eintheilung und Verbindung konnten die Geschlechter und Phratrieen auch ihre gewerblichen Interessen versehen und wahren, weshalb man den Gewerbsgenossenschaften auch bei der politischen Eintheilung schon dadurch möglichst Rechnung getragen hatte, dass man einen Gewerbsverein in die neue politische Eintheilung einfügte und einpasste, wo dieses nur immer anging. Daher würde es sich dann einfach erklären, dass die politischen Phratrieen und Geschlechter gewerbliche Namen tragen, Hatte Attika in der ältesten Zeit erbliche Kasten, war die bewusste Aufgabe und Absicht der Gesetzgebung des Theseus, die Auflösung der alten Zustände und die Umschmelzung derselben in einen einheitlichen Staat. Die Mitglieder in den einzelnen Geschlechtern und Phratrieen konnten blos politisch verbunden sein, waren aber vielfach zugleich durch Verwandtschaft und das gleiche Gewerbe verbunden; theilten sich also in Vollgenossen und blos politische Genossen. Die Eintheilung in Geschlechter und Phratrieen scheint aber vorzüglich der religiösen oder kirchlichen Verfassung, dem Kirchen- und Schulwesen zur Unterlage gedient zu haben und behielt diese Bedeutung auch dann unverändert bei, als durch Klisthenes um das Jahr 509 vor Chr. 1) eine neue politische Volkseintheilung in 100 Demen mit 10 Phylen von je 10 Demen aufkam, 2) Mit der Demenverfassung 3) des Klisthenes wurde in Attika gewissermassen das Politische und Bürgerliche von dem Religiösen und Kirchlichen getrennt, indem das Erstere auf den neuen Demen, das Letztere auf den alten Geschlechtern und Phratrieen beruhte. Die Phratrieen oder 1) Peter, Zeittafeln, S. 37. 2) Schoemann, I. S. 367. 3) Ueber den Namen der Demen vgl. meine Symbolik. II. S. 690.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/102
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/102>, abgerufen am 24.11.2024.