Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

halb allen ihren Verbindunoen ein religiöses Gewand um geworfen ist, dieselben mit eigenen Gottheiten und Gottes diensten verknüpft waren.1) Was die Griechen vielleicht ohne klares Bewusstsein der Absicht im blossen richtigen Naturgefühle geübt haben, sollten unsere Gewerbsgesetz gebungen nunmehr mit der ernstlichsten Absicht thun und das Gewerbs- und Volksleben auf eine sinnreiche Weise mit dem Gottesdienste, mit den besonderen Jahresfesten der einzelnen Volkstheile in Zusammenhang bringen. Wenn z. B. noch heute die Akademien und Universitäten die Stiftungstage und ihre Stifter feiern, sind diese Feiern doch in der Zeit verschieden von dem Dienste der 100 Heroen der attischen Demen2) von dem Dienste der gewerblichen oder künstlerischen Schutzgottheit eines einzelnen Geschlechts oder auch eines ganzen Geschlechtervereins. Bei den Griechen standen die Gemeinds- und Gewerbsgenossen zugleich in einer wirklichen religiösen Gemeinschaft, - alle Staatsvereine, Staats- und Volksabtheilungen waren zugleich religiöse oder gottesdienstliche; auf demselben Grundsatze ruhten die Genossenschaften, die Collegien, also auch die Gewerbsgenossenschaften bei den Römern und diese Grundlage behielten auch die daraus hervorgegangenen oder doch daran sich anschliessenden germanischen mittelalterlichen Genossen schaften bei. Der Neugeborene, der Herangewachsene und sich Verehlichende wurde durch eine angemessene Feier in die bürgerlich-religiöse Verbindung des Geschlechtes, der Phratrie und des Demos eingeführt und aufgenommen, wie gewiss auch sein Unglück, seine Krankheit und sein Tod nicht theilnahmlos vorübergingen. Diese Vereine und ihre Theilnahme daran waren gesetzliche, nothwendige, öffentliche oder staatliche; daneben waren aber die freiwilligen Vereine, Hetärien, zu dem Zwecke gemeinsamer Freuden, gemeinsamer Unterstützung und Gottesverehrung, Freundschafts- und Liebesbünde, - Bruderschaften jeder Art ebenso erlaubt wie üblich.3) Thiasoi wurden

1) Schoemann, I. S. 369.
2) Schoemann, I. S. 368.
3) Symbolik, II. S. 598.

halb allen ihren Verbindunoen ein religiöses Gewand um geworfen ist, dieselben mit eigenen Gottheiten und Gottes diensten verknüpft waren.1) Was die Griechen vielleicht ohne klares Bewusstsein der Absicht im blossen richtigen Naturgefühle geübt haben, sollten unsere Gewerbsgesetz gebungen nunmehr mit der ernstlichsten Absicht thun und das Gewerbs- und Volksleben auf eine sinnreiche Weise mit dem Gottesdienste, mit den besonderen Jahresfesten der einzelnen Volkstheile in Zusammenhang bringen. Wenn z. B. noch heute die Akademien und Universitäten die Stiftungstage und ihre Stifter feiern, sind diese Feiern doch in der Zeit verschieden von dem Dienste der 100 Heroen der attischen Demen2) von dem Dienste der gewerblichen oder künstlerischen Schutzgottheit eines einzelnen Geschlechts oder auch eines ganzen Geschlechtervereins. Bei den Griechen standen die Gemeinds- und Gewerbsgenossen zugleich in einer wirklichen religiösen Gemeinschaft, – alle Staatsvereine, Staats- und Volksabtheilungen waren zugleich religiöse oder gottesdienstliche; auf demselben Grundsatze ruhten die Genossenschaften, die Collegien, also auch die Gewerbsgenossenschaften bei den Römern und diese Grundlage behielten auch die daraus hervorgegangenen oder doch daran sich anschliessenden germanischen mittelalterlichen Genossen schaften bei. Der Neugeborene, der Herangewachsene und sich Verehlichende wurde durch eine angemessene Feier in die bürgerlich-religiöse Verbindung des Geschlechtes, der Phratrie und des Demos eingeführt und aufgenommen, wie gewiss auch sein Unglück, seine Krankheit und sein Tod nicht theilnahmlos vorübergingen. Diese Vereine und ihre Theilnahme daran waren gesetzliche, nothwendige, öffentliche oder staatliche; daneben waren aber die freiwilligen Vereine, Hetärien, zu dem Zwecke gemeinsamer Freuden, gemeinsamer Unterstützung und Gottesverehrung, Freundschafts- und Liebesbünde, – Bruderschaften jeder Art ebenso erlaubt wie üblich.3) Thiasoi wurden

1) Schoemann, I. S. 369.
2) Schoemann, I. S. 368.
3) Symbolik, II. S. 598.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0105" n="85"/>
halb allen ihren Verbindunoen ein religiöses Gewand um geworfen ist, dieselben mit eigenen Gottheiten und Gottes diensten verknüpft waren.<note place="foot" n="1)">Schoemann, I. S. 369.<lb/></note> Was die Griechen vielleicht ohne klares Bewusstsein der Absicht im blossen richtigen Naturgefühle geübt haben, sollten unsere Gewerbsgesetz gebungen nunmehr mit der ernstlichsten Absicht thun und das Gewerbs- und Volksleben auf eine sinnreiche Weise mit dem Gottesdienste, mit den besonderen Jahresfesten der einzelnen Volkstheile in Zusammenhang bringen. Wenn z. B. noch heute die Akademien und Universitäten die Stiftungstage und ihre Stifter feiern, sind diese Feiern doch in der Zeit verschieden von dem Dienste der 100 Heroen der attischen Demen<note place="foot" n="2)">Schoemann, I. S. 368.<lb/></note> von dem Dienste der gewerblichen oder künstlerischen Schutzgottheit eines einzelnen Geschlechts oder auch eines ganzen Geschlechtervereins. Bei den Griechen standen die Gemeinds- und Gewerbsgenossen zugleich in einer wirklichen religiösen Gemeinschaft, &#x2013; alle Staatsvereine, Staats- und Volksabtheilungen waren zugleich religiöse oder gottesdienstliche; auf demselben Grundsatze ruhten die Genossenschaften, die Collegien, also auch die Gewerbsgenossenschaften bei den Römern und diese Grundlage behielten auch die daraus hervorgegangenen oder doch daran sich anschliessenden germanischen mittelalterlichen Genossen schaften bei. Der Neugeborene, der Herangewachsene und sich Verehlichende wurde durch eine angemessene Feier in die bürgerlich-religiöse Verbindung des Geschlechtes, der Phratrie und des Demos eingeführt und aufgenommen, wie gewiss auch sein Unglück, seine Krankheit und sein Tod nicht theilnahmlos vorübergingen. Diese Vereine und ihre Theilnahme daran waren gesetzliche, nothwendige, öffentliche oder staatliche; daneben waren aber die freiwilligen Vereine, Hetärien, zu dem Zwecke gemeinsamer Freuden, gemeinsamer Unterstützung und Gottesverehrung, Freundschafts- und Liebesbünde, &#x2013; <hi rendition="#g">Bruderschaften</hi> jeder Art ebenso erlaubt wie üblich.<note place="foot" n="3)">Symbolik, II. S. 598.</note> Thiasoi wurden
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0105] halb allen ihren Verbindunoen ein religiöses Gewand um geworfen ist, dieselben mit eigenen Gottheiten und Gottes diensten verknüpft waren. 1) Was die Griechen vielleicht ohne klares Bewusstsein der Absicht im blossen richtigen Naturgefühle geübt haben, sollten unsere Gewerbsgesetz gebungen nunmehr mit der ernstlichsten Absicht thun und das Gewerbs- und Volksleben auf eine sinnreiche Weise mit dem Gottesdienste, mit den besonderen Jahresfesten der einzelnen Volkstheile in Zusammenhang bringen. Wenn z. B. noch heute die Akademien und Universitäten die Stiftungstage und ihre Stifter feiern, sind diese Feiern doch in der Zeit verschieden von dem Dienste der 100 Heroen der attischen Demen 2) von dem Dienste der gewerblichen oder künstlerischen Schutzgottheit eines einzelnen Geschlechts oder auch eines ganzen Geschlechtervereins. Bei den Griechen standen die Gemeinds- und Gewerbsgenossen zugleich in einer wirklichen religiösen Gemeinschaft, – alle Staatsvereine, Staats- und Volksabtheilungen waren zugleich religiöse oder gottesdienstliche; auf demselben Grundsatze ruhten die Genossenschaften, die Collegien, also auch die Gewerbsgenossenschaften bei den Römern und diese Grundlage behielten auch die daraus hervorgegangenen oder doch daran sich anschliessenden germanischen mittelalterlichen Genossen schaften bei. Der Neugeborene, der Herangewachsene und sich Verehlichende wurde durch eine angemessene Feier in die bürgerlich-religiöse Verbindung des Geschlechtes, der Phratrie und des Demos eingeführt und aufgenommen, wie gewiss auch sein Unglück, seine Krankheit und sein Tod nicht theilnahmlos vorübergingen. Diese Vereine und ihre Theilnahme daran waren gesetzliche, nothwendige, öffentliche oder staatliche; daneben waren aber die freiwilligen Vereine, Hetärien, zu dem Zwecke gemeinsamer Freuden, gemeinsamer Unterstützung und Gottesverehrung, Freundschafts- und Liebesbünde, – Bruderschaften jeder Art ebenso erlaubt wie üblich. 3) Thiasoi wurden 1) Schoemann, I. S. 369. 2) Schoemann, I. S. 368. 3) Symbolik, II. S. 598.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/105
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/105>, abgerufen am 21.11.2024.