Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

folge Thiersch, S. 180 und S. 219, Rhökos den Bau des Tempels der Hera, nach Herodot des grössten Tempels in ganz Griechenland, begann und mit seinem Sohne Theodoros, dem ägyptischen Künstlerzöglinge,1) den Erzguss erfand. Noch berühmter aber, besonders auch durch Vervollkommnung des auf Samos erfundenen Erzgusses ist die äginetische Kunstschule.2) Zu den hervorragenderen Künstlern der Schule zu Aegina gehören in der ältern Zeit Kallon, dessen Alter nach den sichersten Berechnungen in Olymp. 66 hinaufrückt, sodann Synnoon, Glaukias, Simon und Anaxagoras; am Schlusse der äginetischen Kunst steht Onatas, Sohn des Mikon aus Aegina, zugleich Maler und Erzgiesser. Gemäss Thiersch, S. 251 Anm., waren wahrscheinlich von Kallon die berühmten, jetzt zu München befindlichen äginetischen Bildsäulen um 65. Olymp. verfertigt. - Auf der Insel Chios blühte nach der Meldung von Plinius eine in der eigentlichen Bildhauerei oder in der Bearbeitung des Marmors sich auszeichnende Künstlerfamilie, welche im Anfange der Olymp. von Malas gestiftet sein sollte und bis auf die 60. Olymp. herab, zuletzt in Bupalos und Athenis, den Söhnen des Anthermos, blühte.

Die bisher aufgezählten alten und ältesten Kunstwerkstätten Griechenlands und der griechischen Inseln tragen in den wesentlichsten Beziehungen einen gemeinsamen Charakter. Als ihre letzte Heimath weisen sie auf Aegypten hin durch ihre Abgeschlossenheit und durch ihre Anlehnung an die einzelnen grossen Tempel, an den Gottesund Priesterdienst, - durch die erbliche Betreibung der Künste in den ursprünglich priesterlichen und ägyptischen Geschlechtern. Die strenge ägyptische Erblichkeit, die eigentliche Kastenverfassung konnte in Griechenland keine Wurzel fassen, weil sie an schon mehr entwickelte Volkszustande von Aussen hinzutrat; für Griechenland bewährte diese Kasten- und Geschlechterverfassung der Handwerke und Künste nur ihre wohlthätigen Wirkungen, indem sie die Erhaltung der einmal erworbenen Kunstfertigkeiten

1) Symbolik II. S. 493.
2) Thiersch, S. 194 ff.

folge Thiersch, S. 180 und S. 219, Rhökos den Bau des Tempels der Hera, nach Herodot des grössten Tempels in ganz Griechenland, begann und mit seinem Sohne Theodoros, dem ägyptischen Künstlerzöglinge,1) den Erzguss erfand. Noch berühmter aber, besonders auch durch Vervollkommnung des auf Samos erfundenen Erzgusses ist die äginetische Kunstschule.2) Zu den hervorragenderen Künstlern der Schule zu Aegina gehören in der ältern Zeit Kallon, dessen Alter nach den sichersten Berechnungen in Olymp. 66 hinaufrückt, sodann Synnoon, Glaukias, Simon und Anaxagoras; am Schlusse der äginetischen Kunst steht Onatas, Sohn des Mikon aus Aegina, zugleich Maler und Erzgiesser. Gemäss Thiersch, S. 251 Anm., waren wahrscheinlich von Kallon die berühmten, jetzt zu München befindlichen äginetischen Bildsäulen um 65. Olymp. verfertigt. – Auf der Insel Chios blühte nach der Meldung von Plinius eine in der eigentlichen Bildhauerei oder in der Bearbeitung des Marmors sich auszeichnende Künstlerfamilie, welche im Anfange der Olymp. von Malas gestiftet sein sollte und bis auf die 60. Olymp. herab, zuletzt in Bupalos und Athenis, den Söhnen des Anthermos, blühte.

Die bisher aufgezählten alten und ältesten Kunstwerkstätten Griechenlands und der griechischen Inseln tragen in den wesentlichsten Beziehungen einen gemeinsamen Charakter. Als ihre letzte Heimath weisen sie auf Aegypten hin durch ihre Abgeschlossenheit und durch ihre Anlehnung an die einzelnen grossen Tempel, an den Gottesund Priesterdienst, – durch die erbliche Betreibung der Künste in den ursprünglich priesterlichen und ägyptischen Geschlechtern. Die strenge ägyptische Erblichkeit, die eigentliche Kastenverfassung konnte in Griechenland keine Wurzel fassen, weil sie an schon mehr entwickelte Volkszustande von Aussen hinzutrat; für Griechenland bewährte diese Kasten- und Geschlechterverfassung der Handwerke und Künste nur ihre wohlthätigen Wirkungen, indem sie die Erhaltung der einmal erworbenen Kunstfertigkeiten

1) Symbolik II. S. 493.
2) Thiersch, S. 194 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0120" n="100"/>
folge Thiersch</hi>, S. 180 und S. 219, Rhökos den Bau des Tempels der Hera, nach Herodot des grössten Tempels in ganz Griechenland, begann und mit seinem Sohne Theodoros, dem <hi rendition="#g">ägyptischen</hi> Künstlerzöglinge,<note place="foot" n="1)">Symbolik II. S. 493.<lb/></note> den Erzguss erfand. Noch berühmter aber, besonders auch durch Vervollkommnung des auf Samos erfundenen Erzgusses ist die äginetische Kunstschule.<note place="foot" n="2)">Thiersch, S. 194 ff.</note> Zu den hervorragenderen Künstlern der Schule zu Aegina gehören in der ältern Zeit Kallon, dessen Alter nach den sichersten Berechnungen in Olymp. 66 hinaufrückt, sodann Synnoon, Glaukias, Simon und Anaxagoras; am Schlusse der äginetischen Kunst steht Onatas, Sohn des Mikon aus Aegina, zugleich Maler und Erzgiesser. Gemäss Thiersch, S. 251 Anm., waren wahrscheinlich von Kallon die berühmten, jetzt zu München befindlichen äginetischen Bildsäulen um 65. Olymp. verfertigt. &#x2013; Auf der Insel Chios blühte nach der Meldung von Plinius eine in der eigentlichen Bildhauerei oder in der Bearbeitung des Marmors sich auszeichnende Künstlerfamilie, welche im Anfange der Olymp. von Malas gestiftet sein sollte und bis auf die 60. Olymp. herab, zuletzt in Bupalos und Athenis, den Söhnen des Anthermos, blühte.</p>
        <p>
 Die bisher aufgezählten alten und ältesten Kunstwerkstätten Griechenlands und der griechischen Inseln tragen in den wesentlichsten Beziehungen einen gemeinsamen Charakter. Als ihre letzte Heimath weisen sie auf Aegypten hin durch ihre Abgeschlossenheit und durch ihre Anlehnung an die einzelnen grossen Tempel, an den Gottesund Priesterdienst, &#x2013; durch die erbliche Betreibung der Künste in den ursprünglich priesterlichen und ägyptischen Geschlechtern. Die strenge ägyptische Erblichkeit, die eigentliche Kastenverfassung konnte in Griechenland keine Wurzel fassen, weil sie an schon mehr entwickelte Volkszustande von Aussen hinzutrat; für Griechenland bewährte diese Kasten- und Geschlechterverfassung der Handwerke und Künste nur ihre wohlthätigen Wirkungen, indem sie die Erhaltung der einmal erworbenen Kunstfertigkeiten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0120] folge Thiersch, S. 180 und S. 219, Rhökos den Bau des Tempels der Hera, nach Herodot des grössten Tempels in ganz Griechenland, begann und mit seinem Sohne Theodoros, dem ägyptischen Künstlerzöglinge, 1) den Erzguss erfand. Noch berühmter aber, besonders auch durch Vervollkommnung des auf Samos erfundenen Erzgusses ist die äginetische Kunstschule. 2) Zu den hervorragenderen Künstlern der Schule zu Aegina gehören in der ältern Zeit Kallon, dessen Alter nach den sichersten Berechnungen in Olymp. 66 hinaufrückt, sodann Synnoon, Glaukias, Simon und Anaxagoras; am Schlusse der äginetischen Kunst steht Onatas, Sohn des Mikon aus Aegina, zugleich Maler und Erzgiesser. Gemäss Thiersch, S. 251 Anm., waren wahrscheinlich von Kallon die berühmten, jetzt zu München befindlichen äginetischen Bildsäulen um 65. Olymp. verfertigt. – Auf der Insel Chios blühte nach der Meldung von Plinius eine in der eigentlichen Bildhauerei oder in der Bearbeitung des Marmors sich auszeichnende Künstlerfamilie, welche im Anfange der Olymp. von Malas gestiftet sein sollte und bis auf die 60. Olymp. herab, zuletzt in Bupalos und Athenis, den Söhnen des Anthermos, blühte. Die bisher aufgezählten alten und ältesten Kunstwerkstätten Griechenlands und der griechischen Inseln tragen in den wesentlichsten Beziehungen einen gemeinsamen Charakter. Als ihre letzte Heimath weisen sie auf Aegypten hin durch ihre Abgeschlossenheit und durch ihre Anlehnung an die einzelnen grossen Tempel, an den Gottesund Priesterdienst, – durch die erbliche Betreibung der Künste in den ursprünglich priesterlichen und ägyptischen Geschlechtern. Die strenge ägyptische Erblichkeit, die eigentliche Kastenverfassung konnte in Griechenland keine Wurzel fassen, weil sie an schon mehr entwickelte Volkszustande von Aussen hinzutrat; für Griechenland bewährte diese Kasten- und Geschlechterverfassung der Handwerke und Künste nur ihre wohlthätigen Wirkungen, indem sie die Erhaltung der einmal erworbenen Kunstfertigkeiten 1) Symbolik II. S. 493. 2) Thiersch, S. 194 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/120
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/120>, abgerufen am 21.11.2024.