Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.muss heiliges und demuthsvolles Schweigen walten. - Nach dem Volksglauben in Chartres sind am Weihnachtsabend alle verborgenen Schätze geöffnet.1) Westlich von Blois bei den Ruinen einer alten Brücke (arche du roi), am äussersten Ende des Teiches von Beauregard, einst Longuenoue, langer Teich genannt, steht auf einem Hügel ein Dolmin, der Mitternachtsstein genannt, welcher in der Mitternachtsstunde der Weihnacht sich dreht, und zwar durch der Feen Zauberkraft. Der Dolmin ist 16' lang und 2' breit, und der Eingang im Osten.2) Die Seehunde haben dem isländischen Glauben nach eigentlich die Gestalt von Menschen und dürfen in der Winterjohannisnacht ihr Seehundsgewand ablegen, an das Land sich begeben und in menschlicher Gestalt mit dem Menschen sich erlustigen; nimmt man ihnen ihr Sechundsgewand (gleichsam ihr Schwanhemd), müssen sie bei den Menschen verbleiben, bis es ihnen gelingt, ihr Seehundsgewand wieder zu erhalten.3) Die Frühlingsblumen, welche der von der winterlichen Eisdecke erlösten Erde wieder entsprossen, werden durch wunderbare Kraft schon in der Christnacht blühend gedacht, und sind daher die Schlüssel, die Zauberkräfte, welche die verschlossenen Räume öffnen; werden zu förmlichen Springwurzeln.4) Näher betrachtet, sind die öffnenden Blumen und Mächte die Frühlingsblitze, welche die Winterwolken durchbrechen und den befruchtenden Regen zur Erde niedergiessen; die Blumen sind zugleich der Lösestein, Lausnarstein, der isländischen Sage.5) Auch gehört hierher der sonst als Oster- oder Frühlingsgebrauch vorkommende Gebrauch in Deutschland, dass bei der Feier des Festes der Wintersonnenwende an einzelnen Orten alle Lichter gelöscht und neue reine Feuer entzündet werden.6) In Schweden brannte man noch im vorigen Jahrh. die Jullichter.7) Noch jetzt schmücken die 1) Eckermann, III. 1. S. 62. 2) Eckermaun, III. 2. S. 35. 3) Maurer, S. 172. 4) Vergl. z. B. Grimm, I. Nr. 303. 314, 223, 9. 5) Maurer, S. 180. 6) Wolf Beiträge, I. S. 118 oben. 7) Wolf I. S. 120.
muss heiliges und demuthsvolles Schweigen walten. – Nach dem Volksglauben in Chartres sind am Weihnachtsabend alle verborgenen Schätze geöffnet.1) Westlich von Blois bei den Ruinen einer alten Brücke (arche du roi), am äussersten Ende des Teiches von Beauregard, einst Longuenoue, langer Teich genannt, steht auf einem Hügel ein Dolmin, der Mitternachtsstein genannt, welcher in der Mitternachtsstunde der Weihnacht sich dreht, und zwar durch der Feen Zauberkraft. Der Dolmin ist 16’ lang und 2’ breit, und der Eingang im Osten.2) Die Seehunde haben dem isländischen Glauben nach eigentlich die Gestalt von Menschen und dürfen in der Winterjohannisnacht ihr Seehundsgewand ablegen, an das Land sich begeben und in menschlicher Gestalt mit dem Menschen sich erlustigen; nimmt man ihnen ihr Sechundsgewand (gleichsam ihr Schwanhemd), müssen sie bei den Menschen verbleiben, bis es ihnen gelingt, ihr Seehundsgewand wieder zu erhalten.3) Die Frühlingsblumen, welche der von der winterlichen Eisdecke erlösten Erde wieder entsprossen, werden durch wunderbare Kraft schon in der Christnacht blühend gedacht, und sind daher die Schlüssel, die Zauberkräfte, welche die verschlossenen Räume öffnen; werden zu förmlichen Springwurzeln.4) Näher betrachtet, sind die öffnenden Blumen und Mächte die Frühlingsblitze, welche die Winterwolken durchbrechen und den befruchtenden Regen zur Erde niedergiessen; die Blumen sind zugleich der Lösestein, Lausnarstein, der isländischen Sage.5) Auch gehört hierher der sonst als Oster- oder Frühlingsgebrauch vorkommende Gebrauch in Deutschland, dass bei der Feier des Festes der Wintersonnenwende an einzelnen Orten alle Lichter gelöscht und neue reine Feuer entzündet werden.6) In Schweden brannte man noch im vorigen Jahrh. die Jullichter.7) Noch jetzt schmücken die 1) Eckermann, III. 1. S. 62. 2) Eckermaun, III. 2. S. 35. 3) Maurer, S. 172. 4) Vergl. z. B. Grimm, I. Nr. 303. 314, 223, 9. 5) Maurer, S. 180. 6) Wolf Beiträge, I. S. 118 oben. 7) Wolf I. S. 120.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="164"/> muss heiliges und demuthsvolles Schweigen walten. – Nach dem Volksglauben in Chartres sind am Weihnachtsabend alle verborgenen Schätze geöffnet.<note place="foot" n="1)">Eckermann, III. 1. S. 62.<lb/></note> Westlich von Blois bei den Ruinen einer alten Brücke (arche du roi), am äussersten Ende des Teiches von Beauregard, einst Longuenoue, langer Teich genannt, steht auf einem Hügel ein Dolmin, der Mitternachtsstein genannt, welcher in der Mitternachtsstunde der Weihnacht sich dreht, und zwar durch der Feen Zauberkraft. Der Dolmin ist 16’ lang und 2’ breit, und der Eingang im Osten.<note place="foot" n="2)">Eckermaun, III. 2. S. 35.<lb/></note> Die Seehunde haben dem isländischen Glauben nach eigentlich die Gestalt von Menschen und dürfen in der Winterjohannisnacht ihr Seehundsgewand ablegen, an das Land sich begeben und in menschlicher Gestalt mit dem Menschen sich erlustigen; nimmt man ihnen ihr Sechundsgewand (gleichsam ihr Schwanhemd), müssen sie bei den Menschen verbleiben, bis es ihnen gelingt, ihr Seehundsgewand wieder zu erhalten.<note place="foot" n="3)">Maurer, S. 172.<lb/></note> Die Frühlingsblumen, welche der von der winterlichen Eisdecke erlösten Erde wieder entsprossen, werden durch wunderbare Kraft schon in der Christnacht blühend gedacht, und sind daher die Schlüssel, die Zauberkräfte, welche die verschlossenen Räume öffnen; werden zu förmlichen Springwurzeln.<note place="foot" n="4)">Vergl. z. B. Grimm, I. Nr. 303. 314, 223, 9.<lb/></note> Näher betrachtet, sind die öffnenden Blumen und Mächte die Frühlingsblitze, welche die Winterwolken durchbrechen und den befruchtenden Regen zur Erde niedergiessen; die Blumen sind zugleich der <hi rendition="#g">Lösestein</hi>, Lausnarstein, der isländischen Sage.<note place="foot" n="5)">Maurer, S. 180.<lb/></note> Auch gehört hierher der sonst als Oster- oder Frühlingsgebrauch vorkommende Gebrauch in Deutschland, dass bei der Feier des Festes der Wintersonnenwende an einzelnen Orten alle Lichter gelöscht und neue reine Feuer entzündet werden.<note place="foot" n="6)">Wolf Beiträge, I. S. 118 oben.<lb/></note> In Schweden brannte man noch im vorigen Jahrh. die Jullichter.<note place="foot" n="7)">Wolf I. S. 120.</note> Noch jetzt schmücken die </p> </div> </body> </text> </TEI> [164/0184]
muss heiliges und demuthsvolles Schweigen walten. – Nach dem Volksglauben in Chartres sind am Weihnachtsabend alle verborgenen Schätze geöffnet. 1) Westlich von Blois bei den Ruinen einer alten Brücke (arche du roi), am äussersten Ende des Teiches von Beauregard, einst Longuenoue, langer Teich genannt, steht auf einem Hügel ein Dolmin, der Mitternachtsstein genannt, welcher in der Mitternachtsstunde der Weihnacht sich dreht, und zwar durch der Feen Zauberkraft. Der Dolmin ist 16’ lang und 2’ breit, und der Eingang im Osten. 2) Die Seehunde haben dem isländischen Glauben nach eigentlich die Gestalt von Menschen und dürfen in der Winterjohannisnacht ihr Seehundsgewand ablegen, an das Land sich begeben und in menschlicher Gestalt mit dem Menschen sich erlustigen; nimmt man ihnen ihr Sechundsgewand (gleichsam ihr Schwanhemd), müssen sie bei den Menschen verbleiben, bis es ihnen gelingt, ihr Seehundsgewand wieder zu erhalten. 3) Die Frühlingsblumen, welche der von der winterlichen Eisdecke erlösten Erde wieder entsprossen, werden durch wunderbare Kraft schon in der Christnacht blühend gedacht, und sind daher die Schlüssel, die Zauberkräfte, welche die verschlossenen Räume öffnen; werden zu förmlichen Springwurzeln. 4) Näher betrachtet, sind die öffnenden Blumen und Mächte die Frühlingsblitze, welche die Winterwolken durchbrechen und den befruchtenden Regen zur Erde niedergiessen; die Blumen sind zugleich der Lösestein, Lausnarstein, der isländischen Sage. 5) Auch gehört hierher der sonst als Oster- oder Frühlingsgebrauch vorkommende Gebrauch in Deutschland, dass bei der Feier des Festes der Wintersonnenwende an einzelnen Orten alle Lichter gelöscht und neue reine Feuer entzündet werden. 6) In Schweden brannte man noch im vorigen Jahrh. die Jullichter. 7) Noch jetzt schmücken die
1) Eckermann, III. 1. S. 62.
2) Eckermaun, III. 2. S. 35.
3) Maurer, S. 172.
4) Vergl. z. B. Grimm, I. Nr. 303. 314, 223, 9.
5) Maurer, S. 180.
6) Wolf Beiträge, I. S. 118 oben.
7) Wolf I. S. 120.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |