Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.herrlichkeit und dein Wohlgefallen, weil du der Gott bist, der ganz Wahrheit, Leben und Gerechtigkeit ist;" und bei der vierten Niederwerfung: "Ich preise und falle nieder vor den Göttern allen, den leuchtenden Engeln allen, vor allen Lichtern und allen Heerschaaren, welche von dem grossen Gott sind;" bei der fünften: "Ich falle nieder und preise die grossen Heerschaaren und die leuchtenden Götter, die mit ihrer Weisheit auf die Finsterniss eindringen, sie austreiben und bewältigen." - Bei der zweiten Niederwerfung soll Manei, die Wurzel der Erleuchtung, der grosse Baum angerufen werden, der ganz Heilmittel sei; also auch der Baumcultus, der Baum als Symbol ihres Stifters Mäni war den Manichäern nicht fremd. Im Gebet und Fasten bestand wesentlich die Gottesverehrung, der Gottesdienst der Manichäer, weshalb sie keine Tempel, keine Altäre oder Bilder hatten und auch keine Opfer und Räucherungen darbrachten. Bei Augustin wird als Grund hiefür die Ansicht der Manichäer angeführt, dass der zu Gott betende würdige Mensch selbst ein geistiger oder mit Vernunft begabter Tempel Gottes (rationabile dei templum) sei, gleich Christus, dem lebendigen Bilde der lebendigen Majestät (vivum vivae majestatis similacrum) seines göttlichen Vaters.1) Im Evangelium Johannis 2, 19 - 22 fordert Jesus die Juden auf, den Tempel (seines Leibes) zu zerbrechen, er werde ihn in 3 Tagen wieder aufbauen. Es möchte daher Manei jenes Bild, jene Ansicht aus dem Christenthum, aus der alexandrinisch-christlichen Lehre2) entlehnt haben zur Rechtfertigung des alten parsischen Gebrauchs, keine Tempel und keine Götterbilder zu haben. Bei Wolf, Zeitschrift zur deutschen Mythologie, I. S. 150 ff., hat Rochholz auch mehrere deutsche Sprüche, besonders Räthsel mitgetheilt, in welchen der menschliche Körper als das Haus der Seele aufgefasst wird. - Noch im 11ten und 12ten Jahrh. hatten die damaligen Manichäer, die Katharer, keine eigentlichen gottesdienstlichen Gebäude, keine Tempel oder Kirchen, 1) Flügel, S. 324, Anm. 265; Symbolik, I. S. 144 und II. S. 178. 2) Vergl. darüber auch Pfeiffer, Germania, IV. S. 170 ff.
herrlichkeit und dein Wohlgefallen, weil du der Gott bist, der ganz Wahrheit, Leben und Gerechtigkeit ist;“ und bei der vierten Niederwerfung: „Ich preise und falle nieder vor den Göttern allen, den leuchtenden Engeln allen, vor allen Lichtern und allen Heerschaaren, welche von dem grossen Gott sind;“ bei der fünften: „Ich falle nieder und preise die grossen Heerschaaren und die leuchtenden Götter, die mit ihrer Weisheit auf die Finsterniss eindringen, sie austreiben und bewältigen.“ – Bei der zweiten Niederwerfung soll Mânî, die Wurzel der Erleuchtung, der grosse Baum angerufen werden, der ganz Heilmittel sei; also auch der Baumcultus, der Baum als Symbol ihres Stifters Mäni war den Manichäern nicht fremd. Im Gebet und Fasten bestand wesentlich die Gottesverehrung, der Gottesdienst der Manichäer, weshalb sie keine Tempel, keine Altäre oder Bilder hatten und auch keine Opfer und Räucherungen darbrachten. Bei Augustin wird als Grund hiefür die Ansicht der Manichäer angeführt, dass der zu Gott betende würdige Mensch selbst ein geistiger oder mit Vernunft begabter Tempel Gottes (rationabile dei templum) sei, gleich Christus, dem lebendigen Bilde der lebendigen Majestät (vivum vivae majestatis similacrum) seines göttlichen Vaters.1) Im Evangelium Johannis 2, 19 – 22 fordert Jesus die Juden auf, den Tempel (seines Leibes) zu zerbrechen, er werde ihn in 3 Tagen wieder aufbauen. Es möchte daher Mânî jenes Bild, jene Ansicht aus dem Christenthum, aus der alexandrinisch-christlichen Lehre2) entlehnt haben zur Rechtfertigung des alten parsischen Gebrauchs, keine Tempel und keine Götterbilder zu haben. Bei Wolf, Zeitschrift zur deutschen Mythologie, I. S. 150 ff., hat Rochholz auch mehrere deutsche Sprüche, besonders Räthsel mitgetheilt, in welchen der menschliche Körper als das Haus der Seele aufgefasst wird. – Noch im 11ten und 12ten Jahrh. hatten die damaligen Manichäer, die Katharer, keine eigentlichen gottesdienstlichen Gebäude, keine Tempel oder Kirchen, 1) Flügel, S. 324, Anm. 265; Symbolik, I. S. 144 und II. S. 178. 2) Vergl. darüber auch Pfeiffer, Germania, IV. S. 170 ff.
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herrlichkeit und dein Wohlgefallen, weil du der Gott bist, der ganz Wahrheit, Leben und Gerechtigkeit ist;“ und bei der vierten Niederwerfung: „Ich preise und falle nieder vor den Göttern allen, den leuchtenden Engeln allen, vor allen Lichtern und allen Heerschaaren, welche von dem grossen Gott sind;“ bei der fünften: „Ich falle nieder und preise die grossen Heerschaaren und die leuchtenden Götter, die mit ihrer Weisheit auf die Finsterniss eindringen, sie austreiben und bewältigen.“ – Bei der zweiten Niederwerfung soll Mânî, die Wurzel der Erleuchtung, der grosse Baum angerufen werden, der ganz Heilmittel sei; also auch der Baumcultus, der Baum als Symbol ihres Stifters Mäni war den Manichäern nicht fremd. Im Gebet und Fasten bestand wesentlich die Gottesverehrung, der Gottesdienst der Manichäer, weshalb sie keine Tempel, keine Altäre oder Bilder hatten und auch keine Opfer und Räucherungen darbrachten. Bei Augustin wird als Grund hiefür die Ansicht der Manichäer angeführt, dass der zu Gott betende würdige Mensch selbst ein geistiger oder mit Vernunft begabter Tempel Gottes (rationabile dei templum) sei, gleich Christus, dem lebendigen Bilde der lebendigen Majestät (vivum vivae majestatis similacrum) seines göttlichen Vaters. 1) Im Evangelium Johannis 2, 19 – 22 fordert Jesus die Juden auf, den Tempel (seines Leibes) zu zerbrechen, er werde ihn in 3 Tagen wieder aufbauen. Es möchte daher Mânî jenes Bild, jene Ansicht aus dem Christenthum, aus der alexandrinisch-christlichen Lehre 2) entlehnt haben zur Rechtfertigung des alten parsischen Gebrauchs, keine Tempel und keine Götterbilder zu haben. Bei Wolf, Zeitschrift zur deutschen Mythologie, I. S. 150 ff., hat Rochholz auch mehrere deutsche Sprüche, besonders Räthsel mitgetheilt, in welchen der menschliche Körper als das Haus der Seele aufgefasst wird. – Noch im 11ten und 12ten Jahrh. hatten die damaligen Manichäer, die Katharer, keine eigentlichen gottesdienstlichen Gebäude, keine Tempel oder Kirchen,
1) Flügel, S. 324, Anm. 265; Symbolik, I. S. 144 und II. S. 178.
2) Vergl. darüber auch Pfeiffer, Germania, IV. S. 170 ff.
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