Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.welche sich zum Lebens- und Schöpfungsbilde verschlingt, - vereinigend lebt und lebend vereinigt. Allein es ist kaum glaublich, dass diese Sculpturen bei den Alemannen selbstständig sich ausgebildet haben, und sie sind ihnen gewiss gleich der Architektur und Technik überhaupt von Gallien, aus Nordfrankreich besonders zugebracht worden und hängen wohl mit der zu jener Zeit in denselben Gegenden aufgekommenen Thierfabel zusammen, wie sich ja daraus auch Darstellungen im Dome zu Strassburg finden.1) In der Mitte des 11ten Jahrh. scheinen im Elsass sich noch nicht hinreichend Bauleute zu den beginnenden zahlreicheren Kirchenbauten vorgefunden zu haben und wurden deshalb aus der Normandie berufen, wie z. B. auch Graf Roger, als er im J. 1082 den Grundstein zur Kathedrale von Traina auf Sicilien legte, Bauleute von allen Seiten (undecunque) herbeirufen musste.2) Abt Wilhelm von St. Benigne in Dijon, ein Lombarde und nach den Berichten selbst ein geschickter Baumeister, hatte seit dem J. 990 zu Ausführung seiner Bauten italienische Bauleute kommen lassen.3) Richard II., Herzog der Normandie, berief diesen Abt Wilhelm seiner Baukenntnisse wegen in seine Lande und er soll hier in 20jähriger Wirksamkeit 40 Klöster erbaut und hergestellt haben,4) was er nur mit Hülfe der von ihm gebildeten Bauleute aus dem Mönchs- und Laienstande vollbringen konnte. Selbst die Mächtigsten und Vornehmsten der Normannen sollen bei der Erbauung von Kirchen und Klöstern Hand angelegt und die niedrigsten Dienste geleistet haben. Mit dem Abte Wilhelm von St. Benigne beginnt die alte norminnische Bauschule, der altnormannische Baustyl, welcher für das gesammte nördliche Frankreich massgebend wurde.5) Seit dem J. 1066 oder seit der Eroberung Englands durch die Normannen unter ihrem Herzoge Wilhelm trat die normannische Baukunst zugleich mit der 1) Vergl. Schnaase, IV. 1. S. 372 ff. 2) Schnaase, IV. 2. S. 231, Anm. ***. 3) Schnaase, IV. 2. S. 284 ff. 4) Schnaase, IV. 2. S. 345 ff. 5) Vergl. auch Lübke, Gesch. der Architektur, S. 367 ff.
welche sich zum Lebens- und Schöpfungsbilde verschlingt, – vereinigend lebt und lebend vereinigt. Allein es ist kaum glaublich, dass diese Sculpturen bei den Alemannen selbstständig sich ausgebildet haben, und sie sind ihnen gewiss gleich der Architektur und Technik überhaupt von Gallien, aus Nordfrankreich besonders zugebracht worden und hängen wohl mit der zu jener Zeit in denselben Gegenden aufgekommenen Thierfabel zusammen, wie sich ja daraus auch Darstellungen im Dome zu Strassburg finden.1) In der Mitte des 11ten Jahrh. scheinen im Elsass sich noch nicht hinreichend Bauleute zu den beginnenden zahlreicheren Kirchenbauten vorgefunden zu haben und wurden deshalb aus der Normandie berufen, wie z. B. auch Graf Roger, als er im J. 1082 den Grundstein zur Kathedrale von Traina auf Sicilien legte, Bauleute von allen Seiten (undecunque) herbeirufen musste.2) Abt Wilhelm von St. Benigne in Dijon, ein Lombarde und nach den Berichten selbst ein geschickter Baumeister, hatte seit dem J. 990 zu Ausführung seiner Bauten italienische Bauleute kommen lassen.3) Richard II., Herzog der Normandie, berief diesen Abt Wilhelm seiner Baukenntnisse wegen in seine Lande und er soll hier in 20jähriger Wirksamkeit 40 Klöster erbaut und hergestellt haben,4) was er nur mit Hülfe der von ihm gebildeten Bauleute aus dem Mönchs- und Laienstande vollbringen konnte. Selbst die Mächtigsten und Vornehmsten der Normannen sollen bei der Erbauung von Kirchen und Klöstern Hand angelegt und die niedrigsten Dienste geleistet haben. Mit dem Abte Wilhelm von St. Benigne beginnt die alte norminnische Bauschule, der altnormannische Baustyl, welcher für das gesammte nördliche Frankreich massgebend wurde.5) Seit dem J. 1066 oder seit der Eroberung Englands durch die Normannen unter ihrem Herzoge Wilhelm trat die normannische Baukunst zugleich mit der 1) Vergl. Schnaase, IV. 1. S. 372 ff. 2) Schnaase, IV. 2. S. 231, Anm. ***. 3) Schnaase, IV. 2. S. 284 ff. 4) Schnaase, IV. 2. S. 345 ff. 5) Vergl. auch Lübke, Gesch. der Architektur, S. 367 ff.
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welche sich zum Lebens- und Schöpfungsbilde verschlingt, – vereinigend lebt und lebend vereinigt. Allein es ist kaum glaublich, dass diese Sculpturen bei den Alemannen selbstständig sich ausgebildet haben, und sie sind ihnen gewiss gleich der Architektur und Technik überhaupt von Gallien, aus Nordfrankreich besonders zugebracht worden und hängen wohl mit der zu jener Zeit in denselben Gegenden aufgekommenen Thierfabel zusammen, wie sich ja daraus auch Darstellungen im Dome zu Strassburg finden. 1) In der Mitte des 11ten Jahrh. scheinen im Elsass sich noch nicht hinreichend Bauleute zu den beginnenden zahlreicheren Kirchenbauten vorgefunden zu haben und wurden deshalb aus der Normandie berufen, wie z. B. auch Graf Roger, als er im J. 1082 den Grundstein zur Kathedrale von Traina auf Sicilien legte, Bauleute von allen Seiten (undecunque) herbeirufen musste. 2) Abt Wilhelm von St. Benigne in Dijon, ein Lombarde und nach den Berichten selbst ein geschickter Baumeister, hatte seit dem J. 990 zu Ausführung seiner Bauten italienische Bauleute kommen lassen. 3) Richard II., Herzog der Normandie, berief diesen Abt Wilhelm seiner Baukenntnisse wegen in seine Lande und er soll hier in 20jähriger Wirksamkeit 40 Klöster erbaut und hergestellt haben, 4) was er nur mit Hülfe der von ihm gebildeten Bauleute aus dem Mönchs- und Laienstande vollbringen konnte. Selbst die Mächtigsten und Vornehmsten der Normannen sollen bei der Erbauung von Kirchen und Klöstern Hand angelegt und die niedrigsten Dienste geleistet haben. Mit dem Abte Wilhelm von St. Benigne beginnt die alte norminnische Bauschule, der altnormannische Baustyl, welcher für das gesammte nördliche Frankreich massgebend wurde. 5) Seit dem J. 1066 oder seit der Eroberung Englands durch die Normannen unter ihrem Herzoge Wilhelm trat die normannische Baukunst zugleich mit der
1) Vergl. Schnaase, IV. 1. S. 372 ff.
2) Schnaase, IV. 2. S. 231, Anm. ***.
3) Schnaase, IV. 2. S. 284 ff.
4) Schnaase, IV. 2. S. 345 ff.
5) Vergl. auch Lübke, Gesch. der Architektur, S. 367 ff.
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