Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.tantur."1) Die Uebung und die Sitte der Gastfreundschaft ist jedenfalls keine den Germanen eigenthümliche, sondern eine höchst alterthümliche und ächt orientalische, wie sie auch noch dermalen im Oriente, z. B. bei den Arabern, in seltenem Masse heilig gehalten wird. Daran reiht sich, dass sich noch heute die Beduinen in Aegypten z. B. gegenseitig mit "Mein Bruder!"2) begrüssen und sich nach dem Befinden der verschiedenen Familienglieder und Hausthiere erkundigen.3) Die Anrede: "Ihr Brüder!" scheint überhaupt in Aegypten die allgemein übliche zu sein4) und kam vielleicht von hier mit den Klöstern, mit dem Christenthume nach dem Abendlande, wo man aber des orientalischen Ursprungs des Brudernamens sich nicht mehr erinnern will und in germanischer Kurzsichtigkeit Alles aus dem ächt germanischen Geiste als die ratio irrationell ableiten will. - Das Ritterthum mit der ritterlichen Liebes- und Heldenpoesie, die Baukunst mit den sich daran anschliessenden Hülfskünsten der Malerei, des Erzgusses, der Bildschnitzerei u. s. w. und die mit den Universitäten wiedererwachenden Wissenschaften sind die höchsten Geistesregungen und Geistesblüthen des Mittelalters und erscheinen für dieses in einem ganz andern Verhältnisse, Werthe und Lichte als für die Neuzeit, welche andere Interessen und Geistesrichtungen in den Vordergrund gestellt hat. Der Kampf und die Baukunst, die Ritter und die Bauleute stehen Jahrhunderte an der Spitze des thätigen, ringenden und schaffenden mittelalterlichen Lebens, durch welches fast alle übrigen Lebensrichtungen ausschliesslich bestimmt werden und wohin sie als zu ihrem Mittelpunkte zurückkehren; das Mittelalter endet, indem gleichzeitig den Rittern das Schwert und den Bauleuten die Kelle und der Hammer entsanken, - indem die fromme Begeisterung erstarb, welche die ritterlichen Kämpfe gerungen und die himmelragenden Kirchen gebauet hatte. Bei diesem überwiegenden Verhältnisse 1) Mohr, I. S. 33, Nr. 220. 2) Vergl. oben S. 198 ff. 3) Brugsch, Reiseberichte aus Aegypten, S. 61. 4) Brugsch, S. 80.
tantur.“1) Die Uebung und die Sitte der Gastfreundschaft ist jedenfalls keine den Germanen eigenthümliche, sondern eine höchst alterthümliche und ächt orientalische, wie sie auch noch dermalen im Oriente, z. B. bei den Arabern, in seltenem Masse heilig gehalten wird. Daran reiht sich, dass sich noch heute die Beduinen in Aegypten z. B. gegenseitig mit „Mein Bruder!“2) begrüssen und sich nach dem Befinden der verschiedenen Familienglieder und Hausthiere erkundigen.3) Die Anrede: „Ihr Brüder!“ scheint überhaupt in Aegypten die allgemein übliche zu sein4) und kam vielleicht von hier mit den Klöstern, mit dem Christenthume nach dem Abendlande, wo man aber des orientalischen Ursprungs des Brudernamens sich nicht mehr erinnern will und in germanischer Kurzsichtigkeit Alles aus dem ächt germanischen Geiste als die ratio irrationell ableiten will. – Das Ritterthum mit der ritterlichen Liebes- und Heldenpoesie, die Baukunst mit den sich daran anschliessenden Hülfskünsten der Malerei, des Erzgusses, der Bildschnitzerei u. s. w. und die mit den Universitäten wiedererwachenden Wissenschaften sind die höchsten Geistesregungen und Geistesblüthen des Mittelalters und erscheinen für dieses in einem ganz andern Verhältnisse, Werthe und Lichte als für die Neuzeit, welche andere Interessen und Geistesrichtungen in den Vordergrund gestellt hat. Der Kampf und die Baukunst, die Ritter und die Bauleute stehen Jahrhunderte an der Spitze des thätigen, ringenden und schaffenden mittelalterlichen Lebens, durch welches fast alle übrigen Lebensrichtungen ausschliesslich bestimmt werden und wohin sie als zu ihrem Mittelpunkte zurückkehren; das Mittelalter endet, indem gleichzeitig den Rittern das Schwert und den Bauleuten die Kelle und der Hammer entsanken, – indem die fromme Begeisterung erstarb, welche die ritterlichen Kämpfe gerungen und die himmelragenden Kirchen gebauet hatte. Bei diesem überwiegenden Verhältnisse 1) Mohr, I. S. 33, Nr. 220. 2) Vergl. oben S. 198 ff. 3) Brugsch, Reiseberichte aus Aegypten, S. 61. 4) Brugsch, S. 80.
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tantur.“ 1) Die Uebung und die Sitte der Gastfreundschaft ist jedenfalls keine den Germanen eigenthümliche, sondern eine höchst alterthümliche und ächt orientalische, wie sie auch noch dermalen im Oriente, z. B. bei den Arabern, in seltenem Masse heilig gehalten wird. Daran reiht sich, dass sich noch heute die Beduinen in Aegypten z. B. gegenseitig mit „Mein Bruder!“ 2) begrüssen und sich nach dem Befinden der verschiedenen Familienglieder und Hausthiere erkundigen. 3) Die Anrede: „Ihr Brüder!“ scheint überhaupt in Aegypten die allgemein übliche zu sein 4) und kam vielleicht von hier mit den Klöstern, mit dem Christenthume nach dem Abendlande, wo man aber des orientalischen Ursprungs des Brudernamens sich nicht mehr erinnern will und in germanischer Kurzsichtigkeit Alles aus dem ächt germanischen Geiste als die ratio irrationell ableiten will. – Das Ritterthum mit der ritterlichen Liebes- und Heldenpoesie, die Baukunst mit den sich daran anschliessenden Hülfskünsten der Malerei, des Erzgusses, der Bildschnitzerei u. s. w. und die mit den Universitäten wiedererwachenden Wissenschaften sind die höchsten Geistesregungen und Geistesblüthen des Mittelalters und erscheinen für dieses in einem ganz andern Verhältnisse, Werthe und Lichte als für die Neuzeit, welche andere Interessen und Geistesrichtungen in den Vordergrund gestellt hat. Der Kampf und die Baukunst, die Ritter und die Bauleute stehen Jahrhunderte an der Spitze des thätigen, ringenden und schaffenden mittelalterlichen Lebens, durch welches fast alle übrigen Lebensrichtungen ausschliesslich bestimmt werden und wohin sie als zu ihrem Mittelpunkte zurückkehren; das Mittelalter endet, indem gleichzeitig den Rittern das Schwert und den Bauleuten die Kelle und der Hammer entsanken, – indem die fromme Begeisterung erstarb, welche die ritterlichen Kämpfe gerungen und die himmelragenden Kirchen gebauet hatte. Bei diesem überwiegenden Verhältnisse
1) Mohr, I. S. 33, Nr. 220.
2) Vergl. oben S. 198 ff.
3) Brugsch, Reiseberichte aus Aegypten, S. 61.
4) Brugsch, S. 80.
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