Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.halb ausgesprochen, weil wir keine Spur haben, dass in Aegypten ein ähnlicher Styl geherrscht habe; die phantastische Miniaturzeichnerei der Iren sei vielmehr aus dem eigenthümlich phantastischen Geiste der keltischen Völker abzuleiten; das Wohlgefallen am Symmetrischen finde, sich schon in den Alliterationen und Reimen der skandinavischen Dichtung und den Triaden der keltischen Heiden. Das Aufkommen der städtischen Zünfte und Bauhütten, der bürgerlichen oder nichtklösterlichen Bauschulen ist eine grosse weltgeschichtliche und ausserordentlich bedeutsame Erscheinung und Thatsache, indem dieselbe nur eine Seite oder Wirkung des allgemeinern bürgerlichen oder volksthümlichen Zeitgeistes und Zeitrichtung ist, welcher der Geistlichkeit, den Mönchen und Geistlichen, die Handwerke, die Künste und Wissenschaften als ihren alleinigen oder doch bevorrechteten Besitz entringt und zu einem allgemeinen Volksgute macht. Im J. 1290 übernahm so die städtische Behörde zu Strassburg die Fortführung und Vollendung des bis dahin von der Geistlichkeit geleiteten Dombaues.1) Auch zu Freiburg betrieb der Rath der Stadt den Dombau auf das Eifrigste und ähnlich an andern Orten, z. B. zu Nürnberg bei der Frauenkirche, bei dem Münster zu Ulm, zu welchem laut eines darüber in dem Münster befinlichen gleichzeitigen Denkmals Namens des Rathes der Stadt Ulm am letzten Dienstag des Monats Juni2) im J. 1377 der Burgermeister Ludwig Kraft mit grosser Feierlichkeit den Grundstein legte und wobei sich, wie noch mehr bei den zahlreichen kirchlichen und weltlichen Bauten zu Nürnberg, eine lang blühende Bau- und Steinmetzhütte einheimischer oder doch der Landesgegend angehöriger Meister erhob, aus welcher im J. 1402 Ulrich Ensinger zur Uebernahme des Strassburger Münsterbaues berufen werden konnte und woran sich zugleich Schulen bildender Künstler anschlossen,3) - bei der von der Bürgerschaft im Jahr 1) Schnaase, VI. S. 264. 2) Vergl. auch Otte, Gesch., S. 121 ff. 3) Schnaase, VI. S. 295 ff.; Mauch, im deutschen Kunstblatte 1855, S. 425 ff., 1856, S. 167 ff. und 1857, S. 131 ff. und S. 306 ff. Auf einem, die Weihe des Münsters ausdrückenden zwei-
halb ausgesprochen, weil wir keine Spur haben, dass in Aegypten ein ähnlicher Styl geherrscht habe; die phantastische Miniaturzeichnerei der Iren sei vielmehr aus dem eigenthümlich phantastischen Geiste der keltischen Völker abzuleiten; das Wohlgefallen am Symmetrischen finde, sich schon in den Alliterationen und Reimen der skandinavischen Dichtung und den Triaden der keltischen Heiden. Das Aufkommen der städtischen Zünfte und Bauhütten, der bürgerlichen oder nichtklösterlichen Bauschulen ist eine grosse weltgeschichtliche und ausserordentlich bedeutsame Erscheinung und Thatsache, indem dieselbe nur eine Seite oder Wirkung des allgemeinern bürgerlichen oder volksthümlichen Zeitgeistes und Zeitrichtung ist, welcher der Geistlichkeit, den Mönchen und Geistlichen, die Handwerke, die Künste und Wissenschaften als ihren alleinigen oder doch bevorrechteten Besitz entringt und zu einem allgemeinen Volksgute macht. Im J. 1290 übernahm so die städtische Behörde zu Strassburg die Fortführung und Vollendung des bis dahin von der Geistlichkeit geleiteten Dombaues.1) Auch zu Freiburg betrieb der Rath der Stadt den Dombau auf das Eifrigste und ähnlich an andern Orten, z. B. zu Nürnberg bei der Frauenkirche, bei dem Münster zu Ulm, zu welchem laut eines darüber in dem Münster befinlichen gleichzeitigen Denkmals Namens des Rathes der Stadt Ulm am letzten Dienstag des Monats Juni2) im J. 1377 der Burgermeister Ludwig Kraft mit grosser Feierlichkeit den Grundstein legte und wobei sich, wie noch mehr bei den zahlreichen kirchlichen und weltlichen Bauten zu Nürnberg, eine lang blühende Bau- und Steinmetzhütte einheimischer oder doch der Landesgegend angehöriger Meister erhob, aus welcher im J. 1402 Ulrich Ensinger zur Uebernahme des Strassburger Münsterbaues berufen werden konnte und woran sich zugleich Schulen bildender Künstler anschlossen,3) – bei der von der Bürgerschaft im Jahr 1) Schnaase, VI. S. 264. 2) Vergl. auch Otte, Gesch., S. 121 ff. 3) Schnaase, VI. S. 295 ff.; Mauch, im deutschen Kunstblatte 1855, S. 425 ff., 1856, S. 167 ff. und 1857, S. 131 ff. und S. 306 ff. Auf einem, die Weihe des Münsters ausdrückenden zwei-
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halb ausgesprochen, weil wir keine Spur haben, dass in Aegypten ein ähnlicher Styl geherrscht habe; die phantastische Miniaturzeichnerei der Iren sei vielmehr aus dem eigenthümlich phantastischen Geiste der keltischen Völker abzuleiten; das Wohlgefallen am Symmetrischen finde, sich schon in den Alliterationen und Reimen der skandinavischen Dichtung und den Triaden der keltischen Heiden.
Das Aufkommen der städtischen Zünfte und Bauhütten, der bürgerlichen oder nichtklösterlichen Bauschulen ist eine grosse weltgeschichtliche und ausserordentlich bedeutsame Erscheinung und Thatsache, indem dieselbe nur eine Seite oder Wirkung des allgemeinern bürgerlichen oder volksthümlichen Zeitgeistes und Zeitrichtung ist, welcher der Geistlichkeit, den Mönchen und Geistlichen, die Handwerke, die Künste und Wissenschaften als ihren alleinigen oder doch bevorrechteten Besitz entringt und zu einem allgemeinen Volksgute macht. Im J. 1290 übernahm so die städtische Behörde zu Strassburg die Fortführung und Vollendung des bis dahin von der Geistlichkeit geleiteten Dombaues. 1) Auch zu Freiburg betrieb der Rath der Stadt den Dombau auf das Eifrigste und ähnlich an andern Orten, z. B. zu Nürnberg bei der Frauenkirche, bei dem Münster zu Ulm, zu welchem laut eines darüber in dem Münster befinlichen gleichzeitigen Denkmals Namens des Rathes der Stadt Ulm am letzten Dienstag des Monats Juni 2) im J. 1377 der Burgermeister Ludwig Kraft mit grosser Feierlichkeit den Grundstein legte und wobei sich, wie noch mehr bei den zahlreichen kirchlichen und weltlichen Bauten zu Nürnberg, eine lang blühende Bau- und Steinmetzhütte einheimischer oder doch der Landesgegend angehöriger Meister erhob, aus welcher im J. 1402 Ulrich Ensinger zur Uebernahme des Strassburger Münsterbaues berufen werden konnte und woran sich zugleich Schulen bildender Künstler anschlossen, 3) – bei der von der Bürgerschaft im Jahr
1) Schnaase, VI. S. 264.
2) Vergl. auch Otte, Gesch., S. 121 ff.
3) Schnaase, VI. S. 295 ff.; Mauch, im deutschen Kunstblatte 1855, S. 425 ff., 1856, S. 167 ff. und 1857, S. 131 ff. und S. 306 ff. Auf einem, die Weihe des Münsters ausdrückenden zwei-
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