Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

im J. 1285 vollendet. In die romanische Schweiz fand der gothische Baustyl noch früher als in der Provence Eingang.1) Die Kathedrale von Lausanne, vielleicht schon im 12ten Jahrh. begonnen oder Theile eines ältern Baues beibehaltend, gehört der Mitte des 13ten Jahrh. an; das Portal ihres südlichen Seitenschiffes hat zwischen Ringsäulen 6 Statuen, worunter Johannes der Täufer auf der einen Seite und Johannes der Evangelist auf der andern, in dem strengen byzantinisirenden Style, der in Frankreich im 12ten Jahrh. herrschte. Die Kathedrale von Genf ist in das 12te und 13te Jahrh. zu setzen; an den Capitälen ihrer Säulen finden sich phantastische Bildwerke, wie sie eigentlich mehr dem spätromanischen Style zukommen. Die Libertates Franchesie, Immunitates Usus et Consuetudines Civitatis Gebennensisi abgedruckt in den Memoires et Documents, publies par la Societe d'Histoire et d'Archeologie de Geneve, II. (Geneve 1843) S. 312 ff., mussten noch im J. 1387 die auffallende Bestimmung über die in der Stadt aufzuführenden Privatbauten treffen: "Quod quicunque domum edificaverit infra civitatem, non edificet de paleis, de folliis, nec de sepe, nisi de darbeto. Et qui contra fecerit, cives et burgenses2) impune possint diruere." In der alten französischen Uebersetzung lautet das Verbot: "Item que quiconque edifiera dedens la cite de geneue aulcune maison: quil ne la edifie point de paille, de feuilles, ne de boys." Bauzünfte, und überhaupt die Zunftverfassung werden in dem Statute nicht berührt. - Nach Lothringen wurde der frühgothische Styl schon um die Mitte des 12ten Jahrh. durch die Templer gebracht, indem diese um diese Zeit zu Metz eine Kapelle, ein Achteck mit kleiner Vorlage und Nische, erbauen liessen, welche den Uebergangsstyl zeigt, wie überhaupt die geistlichen Orden, besonders die Cistercienser und Templer, sehr viel für die Ausbreitung und Anwendung des französisch-gothischen Styls gewirkt haben.3) Mehr schon macht sich dann der gothische Styl geltend an der wohl in den Anfang des

1) Schnaase, V. S. 182 ff.
2) Die Bürger werden wegen des abzulegenden Bürgereides auch jurati genannt.
3) Schnaase, V. S. 205 ff.

im J. 1285 vollendet. In die romanische Schweiz fand der gothische Baustyl noch früher als in der Provence Eingang.1) Die Kathedrale von Lausanne, vielleicht schon im 12ten Jahrh. begonnen oder Theile eines ältern Baues beibehaltend, gehört der Mitte des 13ten Jahrh. an; das Portal ihres südlichen Seitenschiffes hat zwischen Ringsäulen 6 Statuen, worunter Johannes der Täufer auf der einen Seite und Johannes der Evangelist auf der andern, in dem strengen byzantinisirenden Style, der in Frankreich im 12ten Jahrh. herrschte. Die Kathedrale von Genf ist in das 12te und 13te Jahrh. zu setzen; an den Capitälen ihrer Säulen finden sich phantastische Bildwerke, wie sie eigentlich mehr dem spätromanischen Style zukommen. Die Libertates Franchesie, Immunitates Usus et Consuetudines Civitatis Gebennensisi abgedruckt in den Mémoires et Documents, publiés par la Société d’Histoire et d’Archéologie de Genève, II. (Genève 1843) S. 312 ff., mussten noch im J. 1387 die auffallende Bestimmung über die in der Stadt aufzuführenden Privatbauten treffen: „Quod quicunque domum edificaverit infra civitatem, non edificet de paleis, de folliis, nec de sepe, nisi de darbeto. Et qui contra fecerit, cives et burgenses2) impune possint diruere.“ In der alten französischen Uebersetzung lautet das Verbot: „Item que quiconque edifiera dedens la cite de geneue aulcune maison: quil ne la edifie point de paille, de feuilles, ne de boys.“ Bauzünfte, und überhaupt die Zunftverfassung werden in dem Statute nicht berührt. – Nach Lothringen wurde der frühgothische Styl schon um die Mitte des 12ten Jahrh. durch die Templer gebracht, indem diese um diese Zeit zu Metz eine Kapelle, ein Achteck mit kleiner Vorlage und Nische, erbauen liessen, welche den Uebergangsstyl zeigt, wie überhaupt die geistlichen Orden, besonders die Cistercienser und Templer, sehr viel für die Ausbreitung und Anwendung des französisch-gothischen Styls gewirkt haben.3) Mehr schon macht sich dann der gothische Styl geltend an der wohl in den Anfang des

1) Schnaase, V. S. 182 ff.
2) Die Bürger werden wegen des abzulegenden Bürgereides auch jurati genannt.
3) Schnaase, V. S. 205 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0637" n="617"/>
im J. 1285 vollendet. In die romanische Schweiz fand der gothische Baustyl noch früher als in der Provence Eingang.<note place="foot" n="1)">Schnaase, V. S. 182 ff.<lb/></note> Die Kathedrale von Lausanne, vielleicht schon im 12ten Jahrh. begonnen oder Theile eines ältern Baues beibehaltend, gehört der Mitte des 13ten Jahrh. an; das Portal ihres südlichen Seitenschiffes hat zwischen Ringsäulen 6 Statuen, worunter Johannes der Täufer auf der einen Seite und Johannes der Evangelist auf der andern, in dem strengen byzantinisirenden Style, der in Frankreich im 12ten Jahrh. herrschte. Die Kathedrale von Genf ist in das 12te und 13te Jahrh. zu setzen; an den Capitälen ihrer Säulen finden sich phantastische Bildwerke, wie sie eigentlich mehr dem spätromanischen Style zukommen. Die Libertates Franchesie, Immunitates Usus et Consuetudines Civitatis Gebennensisi abgedruckt in den Mémoires et Documents, publiés par la Société d&#x2019;Histoire et d&#x2019;Archéologie de Genève, II. (Genève 1843) S. 312 ff., mussten noch im J. 1387 die auffallende Bestimmung über die in der Stadt aufzuführenden Privatbauten treffen: &#x201E;Quod quicunque domum edificaverit infra civitatem, non edificet de paleis, de folliis, nec de sepe, nisi de darbeto. Et qui contra fecerit, cives et burgenses<note place="foot" n="2)">Die Bürger werden wegen des abzulegenden Bürgereides auch jurati genannt.<lb/></note> impune possint diruere.&#x201C; In der alten französischen Uebersetzung lautet das Verbot: &#x201E;Item que quiconque edifiera dedens la cite de geneue aulcune maison: quil ne la edifie point de paille, de feuilles, ne de boys.&#x201C; Bauzünfte, und überhaupt die Zunftverfassung werden in dem Statute nicht berührt. &#x2013; Nach Lothringen wurde der frühgothische Styl schon um die Mitte des 12ten Jahrh. durch die Templer gebracht, indem diese um diese Zeit zu Metz eine Kapelle, ein Achteck mit kleiner Vorlage und Nische, erbauen liessen, welche den Uebergangsstyl zeigt, wie überhaupt die geistlichen Orden, besonders die Cistercienser und Templer, sehr viel für die Ausbreitung und Anwendung des französisch-gothischen Styls gewirkt haben.<note place="foot" n="3)">Schnaase, V. S. 205 ff.</note> Mehr schon macht sich dann der gothische Styl geltend an der wohl in den Anfang des
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[617/0637] im J. 1285 vollendet. In die romanische Schweiz fand der gothische Baustyl noch früher als in der Provence Eingang. 1) Die Kathedrale von Lausanne, vielleicht schon im 12ten Jahrh. begonnen oder Theile eines ältern Baues beibehaltend, gehört der Mitte des 13ten Jahrh. an; das Portal ihres südlichen Seitenschiffes hat zwischen Ringsäulen 6 Statuen, worunter Johannes der Täufer auf der einen Seite und Johannes der Evangelist auf der andern, in dem strengen byzantinisirenden Style, der in Frankreich im 12ten Jahrh. herrschte. Die Kathedrale von Genf ist in das 12te und 13te Jahrh. zu setzen; an den Capitälen ihrer Säulen finden sich phantastische Bildwerke, wie sie eigentlich mehr dem spätromanischen Style zukommen. Die Libertates Franchesie, Immunitates Usus et Consuetudines Civitatis Gebennensisi abgedruckt in den Mémoires et Documents, publiés par la Société d’Histoire et d’Archéologie de Genève, II. (Genève 1843) S. 312 ff., mussten noch im J. 1387 die auffallende Bestimmung über die in der Stadt aufzuführenden Privatbauten treffen: „Quod quicunque domum edificaverit infra civitatem, non edificet de paleis, de folliis, nec de sepe, nisi de darbeto. Et qui contra fecerit, cives et burgenses 2) impune possint diruere.“ In der alten französischen Uebersetzung lautet das Verbot: „Item que quiconque edifiera dedens la cite de geneue aulcune maison: quil ne la edifie point de paille, de feuilles, ne de boys.“ Bauzünfte, und überhaupt die Zunftverfassung werden in dem Statute nicht berührt. – Nach Lothringen wurde der frühgothische Styl schon um die Mitte des 12ten Jahrh. durch die Templer gebracht, indem diese um diese Zeit zu Metz eine Kapelle, ein Achteck mit kleiner Vorlage und Nische, erbauen liessen, welche den Uebergangsstyl zeigt, wie überhaupt die geistlichen Orden, besonders die Cistercienser und Templer, sehr viel für die Ausbreitung und Anwendung des französisch-gothischen Styls gewirkt haben. 3) Mehr schon macht sich dann der gothische Styl geltend an der wohl in den Anfang des 1) Schnaase, V. S. 182 ff. 2) Die Bürger werden wegen des abzulegenden Bürgereides auch jurati genannt. 3) Schnaase, V. S. 205 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/637
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/637>, abgerufen am 22.11.2024.