Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Unter dem ganzen Haufen derer, die am -- Wohin sie fliehn, ist die Hölle, Die ganze Schöpfung scheint den Unglückli- diesem
Unter dem ganzen Haufen derer, die am — Wohin ſie fliehn, iſt die Hoͤlle, Die ganze Schoͤpfung ſcheint den Ungluͤckli- dieſem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0194" n="170"/> <p>Unter dem ganzen Haufen derer, die am<lb/> Wahnſinn erkrankt ſind, erfuͤllen keine ſo ſehr<lb/> das Herz mit den Gefuͤhlen der Wehmuth, als<lb/> die von niederſchlagenden Einbildungen zu Boden<lb/> gedruͤckten und unaufhoͤrlich ſich quaͤlenden — kei-<lb/> ne mehr, als die <hi rendition="#b">Melancholiſchen</hi>. Alles Ge-<lb/> fuͤhles von Werth und Kraft beraubt, waͤhnen<lb/> ſie die veraͤchtlichſten und kleinſten Geſchoͤpfe der<lb/> Erde zu ſeyn, fliehn aus der Menſchen Geſellſchaft<lb/> in oͤde Einſamkeit, und haͤngen daſelbſt ihren<lb/> ſchwarzen Einbildungen nach. Keine Troͤſtung<lb/> kann ſie erquicken; ſie glauben derſelben unwuͤr-<lb/> dig zu ſeyn, und nicht genug Foltern zu ihrer<lb/> Selbſtpeinigung erfinden zu koͤnnen. Sie glau-<lb/> ben in den Augen der Gottheit nie zu begnadigen-<lb/> de Verbrecher zu ſeyn, und, daß ich zur Zeich-<lb/> nung ihres fuͤrchterlichen Zuſtandes die Farben<lb/> aus Miltons verlornem Paradieſe nehme.</p><lb/> <cit> <quote>— Wohin ſie fliehn, iſt die Hoͤlle,<lb/> Sie ſind ſich ſelbſt die Hoͤlle! und in der tiefeſten<lb/><hi rendition="#et">Tiefe</hi><lb/> Finden ſie eine noch tiefere Tiefe, die, ſie zu ver-<lb/><hi rendition="#et">ſchlingen</hi><lb/> Jhren drohenden Schlund aufthut. —</quote> </cit><lb/> <p>Die ganze Schoͤpfung ſcheint den Ungluͤckli-<lb/> chen ein duͤſtres Gemaͤhlde zu ſeyn, und die rei-<lb/> zendſte Schoͤnheit ein Ekel, wie bey Shakeſpear,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dieſem</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0194]
Unter dem ganzen Haufen derer, die am
Wahnſinn erkrankt ſind, erfuͤllen keine ſo ſehr
das Herz mit den Gefuͤhlen der Wehmuth, als
die von niederſchlagenden Einbildungen zu Boden
gedruͤckten und unaufhoͤrlich ſich quaͤlenden — kei-
ne mehr, als die Melancholiſchen. Alles Ge-
fuͤhles von Werth und Kraft beraubt, waͤhnen
ſie die veraͤchtlichſten und kleinſten Geſchoͤpfe der
Erde zu ſeyn, fliehn aus der Menſchen Geſellſchaft
in oͤde Einſamkeit, und haͤngen daſelbſt ihren
ſchwarzen Einbildungen nach. Keine Troͤſtung
kann ſie erquicken; ſie glauben derſelben unwuͤr-
dig zu ſeyn, und nicht genug Foltern zu ihrer
Selbſtpeinigung erfinden zu koͤnnen. Sie glau-
ben in den Augen der Gottheit nie zu begnadigen-
de Verbrecher zu ſeyn, und, daß ich zur Zeich-
nung ihres fuͤrchterlichen Zuſtandes die Farben
aus Miltons verlornem Paradieſe nehme.
— Wohin ſie fliehn, iſt die Hoͤlle,
Sie ſind ſich ſelbſt die Hoͤlle! und in der tiefeſten
Tiefe
Finden ſie eine noch tiefere Tiefe, die, ſie zu ver-
ſchlingen
Jhren drohenden Schlund aufthut. —
Die ganze Schoͤpfung ſcheint den Ungluͤckli-
chen ein duͤſtres Gemaͤhlde zu ſeyn, und die rei-
zendſte Schoͤnheit ein Ekel, wie bey Shakeſpear,
dieſem
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