Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Vernunft Erkenntniß suchen darf: wenn gleich Jch will hier gar nicht einmal der kindischen Shakespear zeigt in seinem vortreflichen Ham- Der König und die Königin sind äußerst un- witzes
Vernunft Erkenntniß ſuchen darf: wenn gleich Jch will hier gar nicht einmal der kindiſchen Shakeſpear zeigt in ſeinem vortreflichen Ham- Der Koͤnig und die Koͤnigin ſind aͤußerſt un- witzes
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0270" n="246"/> Vernunft Erkenntniß ſuchen darf: wenn gleich<lb/> ſelbſt dieſe Grenzbeſtimmung nicht alle philoſophi-<lb/> ſche Freygeiſter abgehalten haben wuͤrde, uͤber<lb/> die Grenze auszuſchweifen, und in erkenntnißlee-<lb/> ren Regionen zu ſchwaͤrmen.</p><lb/> <p>Jch will hier gar nicht einmal der kindiſchen<lb/> Behauptung gedenken, welche Brucker und an-<lb/> dere in ihrer Geſchichte der Philoſophie anfuͤhren,<lb/> daß Adam den Schlaf erfunden habe, Noah ein<lb/> großer Chymiſt, und die Schlange, welche Eva<lb/> verfuͤhrte, eine geſchickte Sophiſtin geweſen ſey;<lb/> Jakob Boͤhme und ſeine Genoſſen, und ſo man-<lb/> che noch itzt erſcheinende Traͤumerey aus der Me-<lb/> taphyſik, Politik u. dergl. geben Beyſpiele genug<lb/> von philoſophiſcher Schwaͤrmerey.</p><lb/> <p>Shakeſpear zeigt in ſeinem vortreflichen Ham-<lb/> let an dem Oberkaͤmmerer Polonius mit treffender<lb/> Wahrheit, wie einem ſolchen ſchwaͤrmeriſchen Pe-<lb/> danten ſeine Grillen uͤber alles gehen: und wie wenig<lb/> er ſich daraus macht, andre Menſchen dadurch<lb/> zu quaͤlen, wenn er nur fuͤr ſie Raum und Zeit<lb/> finden kann.</p><lb/> <p>Der Koͤnig und die Koͤnigin ſind aͤußerſt un-<lb/> ruhig uͤber den Wahnwitz des Prinzen Hamlet,<lb/> weil ihr ſtrafendes Gewiſſen ihnen manche Urſache<lb/> deſſelben vorruͤcken mußte. Polonius, welcher<lb/> die Liebe des Prinzen zu ſeiner Tochter Ophelia<lb/> erfahren hat, und darin die Urſache des Wahn-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">witzes</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [246/0270]
Vernunft Erkenntniß ſuchen darf: wenn gleich
ſelbſt dieſe Grenzbeſtimmung nicht alle philoſophi-
ſche Freygeiſter abgehalten haben wuͤrde, uͤber
die Grenze auszuſchweifen, und in erkenntnißlee-
ren Regionen zu ſchwaͤrmen.
Jch will hier gar nicht einmal der kindiſchen
Behauptung gedenken, welche Brucker und an-
dere in ihrer Geſchichte der Philoſophie anfuͤhren,
daß Adam den Schlaf erfunden habe, Noah ein
großer Chymiſt, und die Schlange, welche Eva
verfuͤhrte, eine geſchickte Sophiſtin geweſen ſey;
Jakob Boͤhme und ſeine Genoſſen, und ſo man-
che noch itzt erſcheinende Traͤumerey aus der Me-
taphyſik, Politik u. dergl. geben Beyſpiele genug
von philoſophiſcher Schwaͤrmerey.
Shakeſpear zeigt in ſeinem vortreflichen Ham-
let an dem Oberkaͤmmerer Polonius mit treffender
Wahrheit, wie einem ſolchen ſchwaͤrmeriſchen Pe-
danten ſeine Grillen uͤber alles gehen: und wie wenig
er ſich daraus macht, andre Menſchen dadurch
zu quaͤlen, wenn er nur fuͤr ſie Raum und Zeit
finden kann.
Der Koͤnig und die Koͤnigin ſind aͤußerſt un-
ruhig uͤber den Wahnwitz des Prinzen Hamlet,
weil ihr ſtrafendes Gewiſſen ihnen manche Urſache
deſſelben vorruͤcken mußte. Polonius, welcher
die Liebe des Prinzen zu ſeiner Tochter Ophelia
erfahren hat, und darin die Urſache des Wahn-
witzes
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