Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Aber wenn es denn unausgemacht ist und Unsterblichkeit der Seele bedarf zur Stütze ihm und Verfalls der Wissenschaften in Griechenland
und Rom, Lemgo 1781. 1ster Band, S. 145. ff. und in der Geschichte jedes einzelnen Volks und Mannes. Der in der Natur des menschlichen Ver- standes liegende Grund davon ist dieser: Je weni- ger man noch das ganze Feld und den eigentlichen Zweck der Erkenntniß übersieht und versteht, desto leichter gleitet das Auge über das, was am nächsten liegt, weg; weil man dies genau genug zu kennen glaubt, und jenseits der in die Sinne fallenden Na- tur, die Phantasie, die sich am frühsten wirksam zeigt, einen freiern Spielraum hat, da hingegen diesseits ihr durch die Erfahrung öfters widerspro- chen wird, welche Widersprüche der Verstand zu lösen, noch zu ungeübt ist. -- Aber wenn es denn unausgemacht iſt und Unſterblichkeit der Seele bedarf zur Stuͤtze ihm und Verfalls der Wiſſenſchaften in Griechenland
und Rom, Lemgo 1781. 1ſter Band, S. 145. ff. und in der Geſchichte jedes einzelnen Volks und Mannes. Der in der Natur des menſchlichen Ver- ſtandes liegende Grund davon iſt dieſer: Je weni- ger man noch das ganze Feld und den eigentlichen Zweck der Erkenntniß uͤberſieht und verſteht, deſto leichter gleitet das Auge uͤber das, was am naͤchſten liegt, weg; weil man dies genau genug zu kennen glaubt, und jenſeits der in die Sinne fallenden Na- tur, die Phantaſie, die ſich am fruͤhſten wirkſam zeigt, einen freiern Spielraum hat, da hingegen dieſſeits ihr durch die Erfahrung oͤfters widerſpro- chen wird, welche Widerſpruͤche der Verſtand zu loͤſen, noch zu ungeuͤbt iſt. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0028" n="4"/> <p>Aber wenn es denn unausgemacht iſt und<lb/> bleiben muß, ob die Seele einfach und nicht ma-<lb/> teriell iſt, wo bleiben denn die Beweiſe fuͤr die<lb/> Unſterblichkeit der Seele? — die dem Menſchen<lb/> ſo noͤthig, ſo wichtig ſind.</p><lb/> <p>Unſterblichkeit der Seele bedarf zur Stuͤtze<lb/> der Beweiſe dieſer metaphyſiſchen Dogmen nicht;<lb/> ſie gruͤndet ſich auf feſtre Fundamente. Kein<lb/> Menſch, in dem die Vernunft ſich nur etwas mehr<lb/> als in dem <hi rendition="#b">Jchtyophagen</hi> gebildet hat, kann ſich<lb/> von der Verpflichtung zur Tugend, welche ihm<lb/> die Vernunft durch das nothwendigſte Geſetz auf-<lb/> legt, losſagen. Uebt er gleich das nicht, was<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ihm</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="*)">und Verfalls der Wiſſenſchaften in Griechenland<lb/> und Rom, Lemgo 1781. 1ſter Band, S. 145. ff.<lb/> und in der Geſchichte jedes einzelnen Volks und<lb/> Mannes. Der in der Natur des menſchlichen Ver-<lb/> ſtandes liegende Grund davon iſt dieſer: Je weni-<lb/> ger man noch das ganze Feld und den eigentlichen<lb/> Zweck der Erkenntniß uͤberſieht und verſteht, deſto<lb/> leichter gleitet das Auge uͤber das, was am naͤchſten<lb/> liegt, weg; weil man dies genau genug zu kennen<lb/> glaubt, und jenſeits der in die Sinne fallenden Na-<lb/> tur, die Phantaſie, die ſich am fruͤhſten wirkſam<lb/> zeigt, einen freiern Spielraum hat, da hingegen<lb/> dieſſeits ihr durch die Erfahrung oͤfters widerſpro-<lb/> chen wird, welche Widerſpruͤche der Verſtand zu<lb/> loͤſen, noch zu ungeuͤbt iſt. —</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0028]
Aber wenn es denn unausgemacht iſt und
bleiben muß, ob die Seele einfach und nicht ma-
teriell iſt, wo bleiben denn die Beweiſe fuͤr die
Unſterblichkeit der Seele? — die dem Menſchen
ſo noͤthig, ſo wichtig ſind.
Unſterblichkeit der Seele bedarf zur Stuͤtze
der Beweiſe dieſer metaphyſiſchen Dogmen nicht;
ſie gruͤndet ſich auf feſtre Fundamente. Kein
Menſch, in dem die Vernunft ſich nur etwas mehr
als in dem Jchtyophagen gebildet hat, kann ſich
von der Verpflichtung zur Tugend, welche ihm
die Vernunft durch das nothwendigſte Geſetz auf-
legt, losſagen. Uebt er gleich das nicht, was
ihm
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*) und Verfalls der Wiſſenſchaften in Griechenland
und Rom, Lemgo 1781. 1ſter Band, S. 145. ff.
und in der Geſchichte jedes einzelnen Volks und
Mannes. Der in der Natur des menſchlichen Ver-
ſtandes liegende Grund davon iſt dieſer: Je weni-
ger man noch das ganze Feld und den eigentlichen
Zweck der Erkenntniß uͤberſieht und verſteht, deſto
leichter gleitet das Auge uͤber das, was am naͤchſten
liegt, weg; weil man dies genau genug zu kennen
glaubt, und jenſeits der in die Sinne fallenden Na-
tur, die Phantaſie, die ſich am fruͤhſten wirkſam
zeigt, einen freiern Spielraum hat, da hingegen
dieſſeits ihr durch die Erfahrung oͤfters widerſpro-
chen wird, welche Widerſpruͤche der Verſtand zu
loͤſen, noch zu ungeuͤbt iſt. —
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