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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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Die Einbildungskraft kann für den
Menschen eine Quelle der Freuden oder der
Leiden werden.

Sie kann die Freundin der Tugend seyn;
aber auch die Kuplerin des Lasters.

Sie kann dem Verstande leuchten; aber
auch denselben verblenden.

So wählt denn, Jünglinge und Mädchen,
die Jhr es noch ganz in Eurer Gewalt habt, die-
se gelenksame Kraft Eurer Seele zu leiten, wo-
hin Jhr wollt; wählt, welches das Ziel Eurer
Arbeit werden soll! Jhr bestimmt Euch gewiß
alle dies herrliche Geschenk der Gottheit, von dem
höchsten Verstande erfunden, und der väterlich-
sten Güte verliehn, zu den guten Zwecken, die
dasselbe befördern kann, zu gebrauchen, und ich
kann daher auf Eure Zufriedenheit rechnen,
wenn ich versuche, in den folgenden Blättern,
eine kurze Anweisung zu geben, was man zu thun
hat, wenn die Absicht, die Phantasie zur Be-
förderung der Glückseligkeit und Vollkommenheit
zu nutzen, erreicht werden soll.

I.
Bilde die Einbildungskraft so, daß sie für
dich eine Quelle der Freude wird.

O sie kann auch eine Quelle der Leiden wer-
den! denn sie findet Stoff genug im Reich der

Mög-
R 5

Die Einbildungskraft kann fuͤr den
Menſchen eine Quelle der Freuden oder der
Leiden werden.

Sie kann die Freundin der Tugend ſeyn;
aber auch die Kuplerin des Laſters.

Sie kann dem Verſtande leuchten; aber
auch denſelben verblenden.

So waͤhlt denn, Juͤnglinge und Maͤdchen,
die Jhr es noch ganz in Eurer Gewalt habt, die-
ſe gelenkſame Kraft Eurer Seele zu leiten, wo-
hin Jhr wollt; waͤhlt, welches das Ziel Eurer
Arbeit werden ſoll! Jhr beſtimmt Euch gewiß
alle dies herrliche Geſchenk der Gottheit, von dem
hoͤchſten Verſtande erfunden, und der vaͤterlich-
ſten Guͤte verliehn, zu den guten Zwecken, die
daſſelbe befoͤrdern kann, zu gebrauchen, und ich
kann daher auf Eure Zufriedenheit rechnen,
wenn ich verſuche, in den folgenden Blaͤttern,
eine kurze Anweiſung zu geben, was man zu thun
hat, wenn die Abſicht, die Phantaſie zur Be-
foͤrderung der Gluͤckſeligkeit und Vollkommenheit
zu nutzen, erreicht werden ſoll.

I.
Bilde die Einbildungskraft ſo, daß ſie fuͤr
dich eine Quelle der Freude wird.

O ſie kann auch eine Quelle der Leiden wer-
den! denn ſie findet Stoff genug im Reich der

Moͤg-
R 5
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[265/0289] Die Einbildungskraft kann fuͤr den Menſchen eine Quelle der Freuden oder der Leiden werden. Sie kann die Freundin der Tugend ſeyn; aber auch die Kuplerin des Laſters. Sie kann dem Verſtande leuchten; aber auch denſelben verblenden. So waͤhlt denn, Juͤnglinge und Maͤdchen, die Jhr es noch ganz in Eurer Gewalt habt, die- ſe gelenkſame Kraft Eurer Seele zu leiten, wo- hin Jhr wollt; waͤhlt, welches das Ziel Eurer Arbeit werden ſoll! Jhr beſtimmt Euch gewiß alle dies herrliche Geſchenk der Gottheit, von dem hoͤchſten Verſtande erfunden, und der vaͤterlich- ſten Guͤte verliehn, zu den guten Zwecken, die daſſelbe befoͤrdern kann, zu gebrauchen, und ich kann daher auf Eure Zufriedenheit rechnen, wenn ich verſuche, in den folgenden Blaͤttern, eine kurze Anweiſung zu geben, was man zu thun hat, wenn die Abſicht, die Phantaſie zur Be- foͤrderung der Gluͤckſeligkeit und Vollkommenheit zu nutzen, erreicht werden ſoll. I. Bilde die Einbildungskraft ſo, daß ſie fuͤr dich eine Quelle der Freude wird. O ſie kann auch eine Quelle der Leiden wer- den! denn ſie findet Stoff genug im Reich der Moͤg- R 5

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/289>, abgerufen am 21.11.2024.