Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.
Wie oft hat die Vernunft das Unrecht abzu- So oft macht uns die Phantasie den Schein Und wir sollten uns auf Kosten unsrer Ruhe Die Einbildungskraft wirkt auf das Herz "Bemühe dich daher zu Vertrauten dei- Und solltest du hiezu nicht Stoff genug chen-
Wie oft hat die Vernunft das Unrecht abzu- So oft macht uns die Phantaſie den Schein Und wir ſollten uns auf Koſten unſrer Ruhe Die Einbildungskraft wirkt auf das Herz „Bemuͤhe dich daher zu Vertrauten dei- Und ſollteſt du hiezu nicht Stoff genug chen-
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Liebe aus ihrem Bilde wegwiſcht, und nichts, als
Haͤrte, Grauſamkeit und Ungerechtigkeit in ihr
wahrnimmt.
Wie oft hat die Vernunft das Unrecht abzu-
bitten, was die Phantaſie an dem Freund that.
Ein ſchwacher, ſchwacher Schein von unfreund-
licher Geſinnung, wie oft macht er das Auge
blind gegen eine große Menge wahrhafter Wohl-
thaten der Freundſchaft!
So oft macht uns die Phantaſie den Schein
zur Wahrheit, und die Wahrheit zum Schein!
Und wir ſollten uns auf Koſten unſrer Ruhe
ſo oft von ihr bethoͤren laſſen? — Nein —
erhebe dich Vernunft und ſinne auf Mittel dieſe
Betruͤgereyen der Phantaſie zu zernichten.
Die Einbildungskraft wirkt auf das Herz
durch die Vorſtellungen, welche ſie am haͤufigſten
und lebhafteſten unterhaͤlt, und mit andern ver-
knuͤpfet. Sind dieſe Vorſtellungen nun von an-
genehmen Jnhalt, ſo werden ſie das Herz erfreuen;
von unangenehmen, betruͤben.
„Bemuͤhe dich daher zu Vertrauten dei-
ner Phantaſie ſolche Vorſtellungen zu ma-
chen, in welchen du dich als ein gluͤckſeliges
Weſen und alles um dich her als eine Quelle
deiner Gluͤckſeligkeit erblickſt.„
Und ſollteſt du hiezu nicht Stoff genug
finden? Schau um dich her mit Wahrheit ſu-
chen-
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