Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.ste, und erreicht seine schändliche Absicht am er- birgt. das in dem wahren Wohl seiner Bürger besteht,
sehr gefährlich sind. -- Das solchen Häusern er- theilte Privilegium, privilegirt in der Meynung des größten Haufens, das Laster, dem sie zur Woh- nung dienen. -- So lange etwas noch heimlich geschehen muß, erinnert sich der Mensch noch sinn- licher daran, daß es etwas Böses, Unerlaubtes sey: aber wenn etwas unter den Augen der Obrig- keit geschieht, öffentlich gar privilegirt ist, da denkt man nicht mehr daran, daß es doch wohl böse und unerlaubt seyn könne, und daß selbst kaiserliche Pri- vilegien doch das innere Gesetz der Tugend nicht aufheben können. -- Zur Vertheidigung jener Häuser pflegt man gemeinhin anzuführen, daß sie wenigstens ein Gegenmittel gegen die körperliche Vergiftung wären, da in den privilegirten Häusern doch dahin gesehn würde, daß die Dienerinnen der Wollust körperlich gesund wären. Jch selbst habe bisher aus diesem Grunde die öffentlichen Sitze der Wollust für ein nothwendiges Uebel gehalten; bin indeß durch ferneres Nachdenken und genauere Erkundigung eines Bessern belehrt worden. Zuerst verhüten diese privilegirten Häuser die körperliche Vergiftung nicht ganz; denn aus dem berühmtesten derselben in einer berühmten Stadt Deutschlands sind, nach ganz sichern Nachrichten, mehrere, die sich gelüsten ließen hineinzugehen, angesteckt wieder herausgegangen. -- Zwey- ſte, und erreicht ſeine ſchaͤndliche Abſicht am er- birgt. das in dem wahren Wohl ſeiner Buͤrger beſteht,
ſehr gefaͤhrlich ſind. — Das ſolchen Haͤuſern er- theilte Privilegium, privilegirt in der Meynung des groͤßten Haufens, das Laſter, dem ſie zur Woh- nung dienen. — So lange etwas noch heimlich geſchehen muß, erinnert ſich der Menſch noch ſinn- licher daran, daß es etwas Boͤſes, Unerlaubtes ſey: aber wenn etwas unter den Augen der Obrig- keit geſchieht, oͤffentlich gar privilegirt iſt, da denkt man nicht mehr daran, daß es doch wohl boͤſe und unerlaubt ſeyn koͤnne, und daß ſelbſt kaiſerliche Pri- vilegien doch das innere Geſetz der Tugend nicht aufheben koͤnnen. — Zur Vertheidigung jener Haͤuſer pflegt man gemeinhin anzufuͤhren, daß ſie wenigſtens ein Gegenmittel gegen die koͤrperliche Vergiftung waͤren, da in den privilegirten Haͤuſern doch dahin geſehn wuͤrde, daß die Dienerinnen der Wolluſt koͤrperlich geſund waͤren. Jch ſelbſt habe bisher aus dieſem Grunde die oͤffentlichen Sitze der Wolluſt fuͤr ein nothwendiges Uebel gehalten; bin indeß durch ferneres Nachdenken und genauere Erkundigung eines Beſſern belehrt worden. Zuerſt verhuͤten dieſe privilegirten Haͤuſer die koͤrperliche Vergiftung nicht ganz; denn aus dem beruͤhmteſten derſelben in einer beruͤhmten Stadt Deutſchlands ſind, nach ganz ſichern Nachrichten, mehrere, die ſich geluͤſten ließen hineinzugehen, angeſteckt wieder herausgegangen. — Zwey- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0306" n="282"/> ſte, und erreicht ſeine ſchaͤndliche Abſicht am er-<lb/> ſten, welcher ſich hinter der Larve der Tugend ver-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">birgt.</fw><lb/><note next="#seg2pn_9_3" xml:id="seg2pn_9_2" prev="#seg2pn_9_1" place="foot" n="*)">das in dem wahren Wohl ſeiner Buͤrger beſteht,<lb/> ſehr gefaͤhrlich ſind. — Das ſolchen Haͤuſern er-<lb/> theilte Privilegium, privilegirt in der Meynung<lb/> des groͤßten Haufens, das Laſter, dem ſie zur Woh-<lb/> nung dienen. — So lange etwas noch <hi rendition="#fr">heimlich</hi><lb/> geſchehen muß, erinnert ſich der Menſch noch ſinn-<lb/> licher daran, daß es etwas <hi rendition="#fr">Boͤſes, Unerlaubtes</hi><lb/> ſey: aber wenn etwas unter den Augen der <hi rendition="#fr">Obrig-<lb/> keit</hi> geſchieht, oͤffentlich gar <hi rendition="#fr">privilegirt</hi> iſt, da denkt<lb/> man nicht mehr daran, daß es doch wohl boͤſe und<lb/> unerlaubt ſeyn koͤnne, und daß ſelbſt kaiſerliche Pri-<lb/> vilegien doch das innere Geſetz der Tugend nicht<lb/> aufheben koͤnnen. — Zur Vertheidigung jener<lb/> Haͤuſer pflegt man gemeinhin anzufuͤhren, daß ſie<lb/> wenigſtens ein Gegenmittel gegen die <hi rendition="#fr">koͤrperliche</hi><lb/> Vergiftung waͤren, da in den privilegirten Haͤuſern<lb/> doch dahin geſehn wuͤrde, daß die Dienerinnen der<lb/> Wolluſt <hi rendition="#fr">koͤrperlich</hi> geſund waͤren. Jch ſelbſt habe<lb/> bisher aus dieſem Grunde die oͤffentlichen Sitze der<lb/> Wolluſt fuͤr ein <hi rendition="#fr">nothwendiges</hi> Uebel gehalten;<lb/> bin indeß durch ferneres Nachdenken und genauere<lb/> Erkundigung eines Beſſern belehrt worden. Zuerſt<lb/> verhuͤten dieſe privilegirten Haͤuſer die koͤrperliche<lb/> Vergiftung nicht ganz; denn aus dem beruͤhmteſten<lb/> derſelben in einer beruͤhmten Stadt Deutſchlands<lb/> ſind, nach ganz ſichern Nachrichten, mehrere, die<lb/> ſich geluͤſten ließen hineinzugehen, angeſteckt wieder<lb/> herausgegangen. —<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Zwey-</hi></fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0306]
ſte, und erreicht ſeine ſchaͤndliche Abſicht am er-
ſten, welcher ſich hinter der Larve der Tugend ver-
birgt.
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*) das in dem wahren Wohl ſeiner Buͤrger beſteht,
ſehr gefaͤhrlich ſind. — Das ſolchen Haͤuſern er-
theilte Privilegium, privilegirt in der Meynung
des groͤßten Haufens, das Laſter, dem ſie zur Woh-
nung dienen. — So lange etwas noch heimlich
geſchehen muß, erinnert ſich der Menſch noch ſinn-
licher daran, daß es etwas Boͤſes, Unerlaubtes
ſey: aber wenn etwas unter den Augen der Obrig-
keit geſchieht, oͤffentlich gar privilegirt iſt, da denkt
man nicht mehr daran, daß es doch wohl boͤſe und
unerlaubt ſeyn koͤnne, und daß ſelbſt kaiſerliche Pri-
vilegien doch das innere Geſetz der Tugend nicht
aufheben koͤnnen. — Zur Vertheidigung jener
Haͤuſer pflegt man gemeinhin anzufuͤhren, daß ſie
wenigſtens ein Gegenmittel gegen die koͤrperliche
Vergiftung waͤren, da in den privilegirten Haͤuſern
doch dahin geſehn wuͤrde, daß die Dienerinnen der
Wolluſt koͤrperlich geſund waͤren. Jch ſelbſt habe
bisher aus dieſem Grunde die oͤffentlichen Sitze der
Wolluſt fuͤr ein nothwendiges Uebel gehalten;
bin indeß durch ferneres Nachdenken und genauere
Erkundigung eines Beſſern belehrt worden. Zuerſt
verhuͤten dieſe privilegirten Haͤuſer die koͤrperliche
Vergiftung nicht ganz; denn aus dem beruͤhmteſten
derſelben in einer beruͤhmten Stadt Deutſchlands
ſind, nach ganz ſichern Nachrichten, mehrere, die
ſich geluͤſten ließen hineinzugehen, angeſteckt wieder
herausgegangen. —
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