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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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Ort ist eine Stelle im Raum. Es kann
mithin nur solchen Dingen ein Ort gegeben wer-
den, welche sich im Raum befinden, körperlich,
materiell sind. Da wir nun dies von der Seele
nicht behaupten können, im Gegentheil mehr
Gründe zu der Vermuthung haben, daß sie von
dem, was Körper heißt, verschieden sey; so ist
schon hieraus klar, daß wir im eigentlichen Sinne
nicht von einem Ort der Seele reden können.
Fragen wir indeß darnach, so kann die Frage

nichts
der Seele machte, theils davon, welchen Theil des Kör-
pers man für den zum Leben und Empfinden noth-
wendigsten hielt. Mehrere Philosophen z. B. Py-
thagoras und Plato unterschieden in der Seele meh-
rere Theile z. B. den vernünftigen und thierischen
Theil, von welchen sie jenen in den Kopf, diesen
in das Herz oder andre Theile setzten. -- Strato
von Lampsakus gab ihr die Erhabenheit zwischen den
Augenbraunen zum Thron, damit sie von dort aus
den Menschen und seine Handlungen beobachten kön-
ne. -- Andre setzten sie ins Zwergfell, andre in
die Fingerspitzen. -- Cartesius schränkte sie aufs
Gehirn ein, und zwar in demselben auf die Zirbel-
drüse (glandula pinea). Andre setzen sie mit Bon-
net in die Hirnschwüle, oder das corpus callosum,
und thun wohl, wenn sie noch körperlicher denken,
hinzu, daß sie aus der Hirnschwüle zuweilen in die
unter derselben liegende Schleimdrüse spatziere, um
sich da ihres Unraths zu entledigen.
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Ort iſt eine Stelle im Raum. Es kann
mithin nur ſolchen Dingen ein Ort gegeben wer-
den, welche ſich im Raum befinden, koͤrperlich,
materiell ſind. Da wir nun dies von der Seele
nicht behaupten koͤnnen, im Gegentheil mehr
Gruͤnde zu der Vermuthung haben, daß ſie von
dem, was Koͤrper heißt, verſchieden ſey; ſo iſt
ſchon hieraus klar, daß wir im eigentlichen Sinne
nicht von einem Ort der Seele reden koͤnnen.
Fragen wir indeß darnach, ſo kann die Frage

nichts
der Seele machte, theils davon, welchen Theil des Koͤr-
pers man fuͤr den zum Leben und Empfinden noth-
wendigſten hielt. Mehrere Philoſophen z. B. Py-
thagoras und Plato unterſchieden in der Seele meh-
rere Theile z. B. den vernuͤnftigen und thieriſchen
Theil, von welchen ſie jenen in den Kopf, dieſen
in das Herz oder andre Theile ſetzten. — Strato
von Lampſakus gab ihr die Erhabenheit zwiſchen den
Augenbraunen zum Thron, damit ſie von dort aus
den Menſchen und ſeine Handlungen beobachten koͤn-
ne. — Andre ſetzten ſie ins Zwergfell, andre in
die Fingerſpitzen. — Carteſius ſchraͤnkte ſie aufs
Gehirn ein, und zwar in demſelben auf die Zirbel-
druͤſe (glandula pinea). Andre ſetzen ſie mit Bon-
net in die Hirnſchwuͤle, oder das corpus calloſum,
und thun wohl, wenn ſie noch koͤrperlicher denken,
hinzu, daß ſie aus der Hirnſchwuͤle zuweilen in die
unter derſelben liegende Schleimdruͤſe ſpatziere, um
ſich da ihres Unraths zu entledigen.
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[7/0031] Ort iſt eine Stelle im Raum. Es kann mithin nur ſolchen Dingen ein Ort gegeben wer- den, welche ſich im Raum befinden, koͤrperlich, materiell ſind. Da wir nun dies von der Seele nicht behaupten koͤnnen, im Gegentheil mehr Gruͤnde zu der Vermuthung haben, daß ſie von dem, was Koͤrper heißt, verſchieden ſey; ſo iſt ſchon hieraus klar, daß wir im eigentlichen Sinne nicht von einem Ort der Seele reden koͤnnen. Fragen wir indeß darnach, ſo kann die Frage nichts *) *) der Seele machte, theils davon, welchen Theil des Koͤr- pers man fuͤr den zum Leben und Empfinden noth- wendigſten hielt. Mehrere Philoſophen z. B. Py- thagoras und Plato unterſchieden in der Seele meh- rere Theile z. B. den vernuͤnftigen und thieriſchen Theil, von welchen ſie jenen in den Kopf, dieſen in das Herz oder andre Theile ſetzten. — Strato von Lampſakus gab ihr die Erhabenheit zwiſchen den Augenbraunen zum Thron, damit ſie von dort aus den Menſchen und ſeine Handlungen beobachten koͤn- ne. — Andre ſetzten ſie ins Zwergfell, andre in die Fingerſpitzen. — Carteſius ſchraͤnkte ſie aufs Gehirn ein, und zwar in demſelben auf die Zirbel- druͤſe (glandula pinea). Andre ſetzen ſie mit Bon- net in die Hirnſchwuͤle, oder das corpus calloſum, und thun wohl, wenn ſie noch koͤrperlicher denken, hinzu, daß ſie aus der Hirnſchwuͤle zuweilen in die unter derſelben liegende Schleimdruͤſe ſpatziere, um ſich da ihres Unraths zu entledigen. A 4

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/31>, abgerufen am 23.11.2024.