Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.3. Regel der Klarheit des Bewußtseyns des vorgestellten Gegenstandes. Das Bewußtseyn des vorgestellten Ge- Denn, wenn es um Erkenntniß zu thun ist, Darum *) Jn der Sprache des gemeinen Lebens sagt man in solchem Fall -- das ist mir zu hoch -- das kann ich nicht begreifen -- das macht mich schwindeln. -- So z. B. wenn man sich die Ewigkeit ausdenken will: man geräth an die Gränze der Endlichkeit, ver- liert alles und sich selbst, und wenn man sich be- sinnt, hat man gar keinen Gedanken gehabt. **) Bey dem Denken (Erkennen) muß man sich aus
seiner persönlichen Jndividualität heraus versetzen. Die Empfindung schließt uns in dieselbe ein. -- 3. Regel der Klarheit des Bewußtſeyns des vorgeſtellten Gegenſtandes. Das Bewußtſeyn des vorgeſtellten Ge- Denn, wenn es um Erkenntniß zu thun iſt, Darum *) Jn der Sprache des gemeinen Lebens ſagt man in ſolchem Fall — das iſt mir zu hoch — das kann ich nicht begreifen — das macht mich ſchwindeln. — So z. B. wenn man ſich die Ewigkeit ausdenken will: man geraͤth an die Graͤnze der Endlichkeit, ver- liert alles und ſich ſelbſt, und wenn man ſich be- ſinnt, hat man gar keinen Gedanken gehabt. **) Bey dem Denken (Erkennen) muß man ſich aus
ſeiner perſoͤnlichen Jndividualitaͤt heraus verſetzen. Die Empfindung ſchließt uns in dieſelbe ein. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0054" n="30"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c">3.<lb/> Regel der Klarheit des Bewußtſeyns des<lb/> vorgeſtellten Gegenſtandes.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#b">Das Bewußtſeyn des vorgeſtellten Ge-<lb/> genſtandes ſticht in verhaͤltnißmaͤßigen Gra-<lb/> den hervor, wenn die in der Seele lebenden<lb/> Vorſtellungen ſich auf Erkenntniß des Sub-<lb/> jekts beziehen, den Fall abgerechnet, wo<lb/> der zu erkennende Gegenſtand fuͤr die Er-<lb/> kenntnißfaͤhigkeit zu groß iſt.</hi> <note place="foot" n="*)">Jn der Sprache des gemeinen Lebens ſagt man<lb/> in ſolchem Fall — das iſt mir zu hoch — das kann<lb/> ich nicht begreifen — das macht mich ſchwindeln. —<lb/> So z. B. wenn man ſich die Ewigkeit ausdenken<lb/> will: man geraͤth an die Graͤnze der Endlichkeit, ver-<lb/> liert alles und ſich ſelbſt, und wenn man ſich be-<lb/> ſinnt, hat man gar keinen Gedanken gehabt.</note> </p><lb/> <p>Denn, wenn es um Erkenntniß zu thun iſt,<lb/> verlangt man nicht ſeine Perſon, ſeinen actuellen<lb/> Zuſtand, ſondern den Gegenſtand der Erkenntniß<lb/> mit ſeiner Vorſtellung zu vergleichen: umfaßt da-<lb/> her mit dem Bewußtſeyn inniger dieſen Gegen-<lb/> ſtand, als ſich — und es iſt daher in dieſem Fall<lb/> das Bewußtſeyn des vorgeſtellten Gegenſtandes<lb/> klarer, als das, ſeiner Perſon.<note place="foot" n="**)">Bey dem <hi rendition="#fr">Denken</hi> (Erkennen) muß man ſich aus<lb/> ſeiner perſoͤnlichen Jndividualitaͤt heraus verſetzen.<lb/> Die <hi rendition="#fr">Empfindung</hi> ſchließt uns in dieſelbe ein. —</note></p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Darum</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0054]
3.
Regel der Klarheit des Bewußtſeyns des
vorgeſtellten Gegenſtandes.
Das Bewußtſeyn des vorgeſtellten Ge-
genſtandes ſticht in verhaͤltnißmaͤßigen Gra-
den hervor, wenn die in der Seele lebenden
Vorſtellungen ſich auf Erkenntniß des Sub-
jekts beziehen, den Fall abgerechnet, wo
der zu erkennende Gegenſtand fuͤr die Er-
kenntnißfaͤhigkeit zu groß iſt. *)
Denn, wenn es um Erkenntniß zu thun iſt,
verlangt man nicht ſeine Perſon, ſeinen actuellen
Zuſtand, ſondern den Gegenſtand der Erkenntniß
mit ſeiner Vorſtellung zu vergleichen: umfaßt da-
her mit dem Bewußtſeyn inniger dieſen Gegen-
ſtand, als ſich — und es iſt daher in dieſem Fall
das Bewußtſeyn des vorgeſtellten Gegenſtandes
klarer, als das, ſeiner Perſon. **)
Darum
*) Jn der Sprache des gemeinen Lebens ſagt man
in ſolchem Fall — das iſt mir zu hoch — das kann
ich nicht begreifen — das macht mich ſchwindeln. —
So z. B. wenn man ſich die Ewigkeit ausdenken
will: man geraͤth an die Graͤnze der Endlichkeit, ver-
liert alles und ſich ſelbſt, und wenn man ſich be-
ſinnt, hat man gar keinen Gedanken gehabt.
**) Bey dem Denken (Erkennen) muß man ſich aus
ſeiner perſoͤnlichen Jndividualitaͤt heraus verſetzen.
Die Empfindung ſchließt uns in dieſelbe ein. —
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Zitationshilfe: | Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/54>, abgerufen am 16.02.2025. |