Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.Es ist dieser Trieb einer der wichtigsten und der Wenn sie aber mehrere Augen auf sich ziehn, Ruhm.
Ein Unterbedienter in einem Collegio, welcher seine Pflicht treu verwaltet, erhält Lob. Der Präsident desselben, Ruhm. Eine für die Oecono- mie ihres Hauses nützliche Einrichtung einer Haus- frau, heißt löblich: die Verfügung eines Ministers für das Beste des Staats, rühmlich. Wer seinen Freund in Schutz nimmt, erwirbt sich Lob; wer das Vaterland vertheidigt, Ruhm. 2) Lob geht mehr auf das innere, das Motiv der Handlung, Ruhm mehr auf das äußere dersel- ben; denn dieses kann auch leichter bemerkt, jenes von Vielen übersehen werden. Friedrich der Einzi- ge handelte löblich, daß er sich im bayerschen Suc- cessionskriege Sachsens und Zweybrücks annahm; er erwarb sich Ruhm durch seine Siege. Bey dem Lobe sticht das Gefühl der Liebe gegen den Handeln- den seines moralischen Werths wegen mehr hervor; beym Ruhm mehr Schätzung großer Geschicklichkei- ten. Aristides ist wegen seiner Gerechtigkeitsliebe lobenswürdig; der Herzog Ludwig von Braun- schweig wegen seines edlen Benehmens gegen die Holländer gelobt und mit Phocion verglichen wor- den; Alexander und Carl XII. haben sich Ruhm erworben, ohne deswegen gelobt zu werden. Es iſt dieſer Trieb einer der wichtigſten und der Wenn ſie aber mehrere Augen auf ſich ziehn, Ruhm.
Ein Unterbedienter in einem Collegio, welcher ſeine Pflicht treu verwaltet, erhaͤlt Lob. Der Praͤſident deſſelben, Ruhm. Eine fuͤr die Oecono- mie ihres Hauſes nuͤtzliche Einrichtung einer Haus- frau, heißt loͤblich: die Verfuͤgung eines Miniſters fuͤr das Beſte des Staats, ruͤhmlich. Wer ſeinen Freund in Schutz nimmt, erwirbt ſich Lob; wer das Vaterland vertheidigt, Ruhm. 2) Lob geht mehr auf das innere, das Motiv der Handlung, Ruhm mehr auf das aͤußere derſel- ben; denn dieſes kann auch leichter bemerkt, jenes von Vielen uͤberſehen werden. Friedrich der Einzi- ge handelte loͤblich, daß er ſich im bayerſchen Suc- ceſſionskriege Sachſens und Zweybruͤcks annahm; er erwarb ſich Ruhm durch ſeine Siege. Bey dem Lobe ſticht das Gefuͤhl der Liebe gegen den Handeln- den ſeines moraliſchen Werths wegen mehr hervor; beym Ruhm mehr Schaͤtzung großer Geſchicklichkei- ten. Ariſtides iſt wegen ſeiner Gerechtigkeitsliebe lobenswuͤrdig; der Herzog Ludwig von Braun- ſchweig wegen ſeines edlen Benehmens gegen die Hollaͤnder gelobt und mit Phocion verglichen wor- den; Alexander und Carl XII. haben ſich Ruhm erworben, ohne deswegen gelobt zu werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0108" n="392"/> <p>Es iſt dieſer Trieb einer der wichtigſten und<lb/> merkwuͤrdigſten, wegen ſeiner Staͤrke, Frucht-<lb/> barkeit und Allgemeinheit. Er behaͤlt da, wo<lb/> er ſich feſtgeſetzt und einen ſtarken Einfluß erhal-<lb/> ten hat, in dem Streit der Neigungen miteinan-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_9_2" prev="#seg2pn_9_1" place="foot" n="*)"><p>Wenn ſie aber mehrere Augen auf ſich ziehn, <hi rendition="#fr">Ruhm</hi>.<lb/> Ein <hi rendition="#fr">Unterbedienter</hi> in einem Collegio, welcher<lb/> ſeine Pflicht treu verwaltet, erhaͤlt <hi rendition="#fr">Lob</hi>. Der<lb/><hi rendition="#fr">Praͤſident</hi> deſſelben, <hi rendition="#fr">Ruhm</hi>. Eine fuͤr die Oecono-<lb/> mie ihres Hauſes nuͤtzliche Einrichtung einer <hi rendition="#fr">Haus-<lb/> frau</hi>, heißt loͤblich: die Verfuͤgung eines <hi rendition="#fr">Miniſters</hi><lb/> fuͤr das Beſte des Staats, ruͤhmlich. Wer ſeinen<lb/> Freund in Schutz nimmt, erwirbt ſich <hi rendition="#fr">Lob</hi>; wer<lb/> das Vaterland vertheidigt, <hi rendition="#fr">Ruhm</hi>.</p><lb/><p>2) Lob geht mehr auf das <hi rendition="#fr">innere</hi>, das <hi rendition="#fr">Motiv</hi><lb/> der Handlung, Ruhm mehr auf das <hi rendition="#fr">aͤußere</hi> derſel-<lb/> ben; denn dieſes kann auch leichter bemerkt, jenes<lb/> von Vielen uͤberſehen werden. Friedrich der Einzi-<lb/> ge handelte loͤblich, daß er ſich im bayerſchen Suc-<lb/> ceſſionskriege Sachſens und Zweybruͤcks annahm;<lb/> er erwarb ſich Ruhm durch ſeine Siege. Bey dem<lb/> Lobe ſticht das Gefuͤhl der Liebe gegen den Handeln-<lb/> den ſeines <hi rendition="#fr">moraliſchen</hi> Werths wegen mehr hervor;<lb/> beym Ruhm mehr Schaͤtzung großer Geſchicklichkei-<lb/> ten. Ariſtides iſt wegen ſeiner Gerechtigkeitsliebe<lb/><hi rendition="#fr">lobenswuͤrdig</hi>; der Herzog Ludwig von Braun-<lb/> ſchweig wegen ſeines edlen Benehmens gegen die<lb/> Hollaͤnder gelobt und mit Phocion verglichen wor-<lb/> den; Alexander und Carl <hi rendition="#aq">XII</hi>. haben ſich Ruhm<lb/> erworben, ohne deswegen gelobt zu werden.</p></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [392/0108]
Es iſt dieſer Trieb einer der wichtigſten und
merkwuͤrdigſten, wegen ſeiner Staͤrke, Frucht-
barkeit und Allgemeinheit. Er behaͤlt da, wo
er ſich feſtgeſetzt und einen ſtarken Einfluß erhal-
ten hat, in dem Streit der Neigungen miteinan-
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*) Wenn ſie aber mehrere Augen auf ſich ziehn, Ruhm.
Ein Unterbedienter in einem Collegio, welcher
ſeine Pflicht treu verwaltet, erhaͤlt Lob. Der
Praͤſident deſſelben, Ruhm. Eine fuͤr die Oecono-
mie ihres Hauſes nuͤtzliche Einrichtung einer Haus-
frau, heißt loͤblich: die Verfuͤgung eines Miniſters
fuͤr das Beſte des Staats, ruͤhmlich. Wer ſeinen
Freund in Schutz nimmt, erwirbt ſich Lob; wer
das Vaterland vertheidigt, Ruhm.
2) Lob geht mehr auf das innere, das Motiv
der Handlung, Ruhm mehr auf das aͤußere derſel-
ben; denn dieſes kann auch leichter bemerkt, jenes
von Vielen uͤberſehen werden. Friedrich der Einzi-
ge handelte loͤblich, daß er ſich im bayerſchen Suc-
ceſſionskriege Sachſens und Zweybruͤcks annahm;
er erwarb ſich Ruhm durch ſeine Siege. Bey dem
Lobe ſticht das Gefuͤhl der Liebe gegen den Handeln-
den ſeines moraliſchen Werths wegen mehr hervor;
beym Ruhm mehr Schaͤtzung großer Geſchicklichkei-
ten. Ariſtides iſt wegen ſeiner Gerechtigkeitsliebe
lobenswuͤrdig; der Herzog Ludwig von Braun-
ſchweig wegen ſeines edlen Benehmens gegen die
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