Erste Unterhaltung. Allgemeine Bemerkungen über das menschliche Herz.
Wenn irgend ein Gegenstand das Nachdenken erregen und die Aufmerksamkeit festhalten kann; so ist es gewiß der, welchen jeder Mensch in seinem Busen fühlt, das Herz, aus welchem Ruhe, Zufriedenheit, Glückseligkeit quillen, aber auch Unruhe, Unzufriedenheit und Unglückselig- keit hervorstürmen.
Das Herz ist der Punkt, in welchem die fei- nen Fäden aller Neigungen und Gefühle des Menschen ineinander geknüpft sind. Kein Mensch mag es sich anmaßen, dies zarte und ineinander fließende Gewebe ganz auseinander zu legen. -- Dies kann nur der Finger der Gottheit, dem nichts zu fein und verflößt ist. Aber auch dem Men- schen bietet es eine Fülle der fruchtbarsten Erkennt- niß dar; denn, wenn sich gleich die feinsten Fä- den seinem Auge verbergen, so nimmt er doch die stärkern wahr, in welche sich jene verlieren, und fühlt die Schwingungen, welche sie bis zum Herzen fortpflanzen.
Das
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Erſte Unterhaltung. Allgemeine Bemerkungen uͤber das menſchliche Herz.
Wenn irgend ein Gegenſtand das Nachdenken erregen und die Aufmerkſamkeit feſthalten kann; ſo iſt es gewiß der, welchen jeder Menſch in ſeinem Buſen fuͤhlt, das Herz, aus welchem Ruhe, Zufriedenheit, Gluͤckſeligkeit quillen, aber auch Unruhe, Unzufriedenheit und Ungluͤckſelig- keit hervorſtuͤrmen.
Das Herz iſt der Punkt, in welchem die fei- nen Faͤden aller Neigungen und Gefuͤhle des Menſchen ineinander geknuͤpft ſind. Kein Menſch mag es ſich anmaßen, dies zarte und ineinander fließende Gewebe ganz auseinander zu legen. — Dies kann nur der Finger der Gottheit, dem nichts zu fein und verfloͤßt iſt. Aber auch dem Men- ſchen bietet es eine Fuͤlle der fruchtbarſten Erkennt- niß dar; denn, wenn ſich gleich die feinſten Faͤ- den ſeinem Auge verbergen, ſo nimmt er doch die ſtaͤrkern wahr, in welche ſich jene verlieren, und fuͤhlt die Schwingungen, welche ſie bis zum Herzen fortpflanzen.
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[0013]
Erſte Unterhaltung.
Allgemeine Bemerkungen
uͤber
das menſchliche Herz.
Wenn irgend ein Gegenſtand das Nachdenken
erregen und die Aufmerkſamkeit feſthalten
kann; ſo iſt es gewiß der, welchen jeder Menſch
in ſeinem Buſen fuͤhlt, das Herz, aus welchem
Ruhe, Zufriedenheit, Gluͤckſeligkeit quillen, aber
auch Unruhe, Unzufriedenheit und Ungluͤckſelig-
keit hervorſtuͤrmen.
Das Herz iſt der Punkt, in welchem die fei-
nen Faͤden aller Neigungen und Gefuͤhle des
Menſchen ineinander geknuͤpft ſind. Kein Menſch
mag es ſich anmaßen, dies zarte und ineinander
fließende Gewebe ganz auseinander zu legen. —
Dies kann nur der Finger der Gottheit, dem nichts
zu fein und verfloͤßt iſt. Aber auch dem Men-
ſchen bietet es eine Fuͤlle der fruchtbarſten Erkennt-
niß dar; denn, wenn ſich gleich die feinſten Faͤ-
den ſeinem Auge verbergen, ſo nimmt er doch die
ſtaͤrkern wahr, in welche ſich jene verlieren, und
fuͤhlt die Schwingungen, welche ſie bis zum
Herzen fortpflanzen.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/13>, abgerufen am 24.11.2024.
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