Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
niß, das du mit dem verworfnen Elenden vor-
giebst, der mit lauter Almosen groß gemacht, und
mit kalten Schüsseln und Brosamen des Hofes
gefüttert wurde, ist gar kein Bündniß; gar keins.
Und wenn es gleich bey geringern Partheyen er-
laubt wird -- und wer ist geringer, als er? --
ihre Seelen, von denen man doch nichts weiter
erwarten kann, als Lumpen und Bettelkinder,
durch ein selbstgewähltes Band zu verknüpfen, so
wirst du doch von solch einer freyen Wahl durch
die Wichtigkeit der Krone abgehalten, und darfst
ihre kostbare Zierde nicht durch einen niedrigen
Sclaven entehren, einen Livreybedienten, den Lakey
eines Dorfjunkers, einen Tafeldecker; und nicht
einmal so viel."
*)

Ganz im Geschmack des Hochmüthigen äu-
ßert er im ersten Auftritt des zweyten Acts seinen
kindischen Unwillen über sein Unglück im Spiel
und seine Erbitterung über die Freymüthigkeit ei-
nes Mannes, der ihm die Flüche, welche er aus-
gestoßen, verwiesen hatte. Wenn ein ehrlicher
Mann, so sagt er, Lust hat zu fluchen, so schickt
sich's doch nicht für die, die um ihn sind, seinen
Flüchen den Schwanz abzuschneiden. -- Der
Schurke, der! fährt er fort, ich sollte ihm Ge-
nugthuung geben? -- wär' er doch nur von
gleichem Range mit mir gewesen. -- -- Mich

ver-
*) 2. Aufz. 3. Auftr.
Ff 3
niß, das du mit dem verworfnen Elenden vor-
giebſt, der mit lauter Almoſen groß gemacht, und
mit kalten Schuͤſſeln und Broſamen des Hofes
gefuͤttert wurde, iſt gar kein Buͤndniß; gar keins.
Und wenn es gleich bey geringern Partheyen er-
laubt wird — und wer iſt geringer, als er? —
ihre Seelen, von denen man doch nichts weiter
erwarten kann, als Lumpen und Bettelkinder,
durch ein ſelbſtgewaͤhltes Band zu verknuͤpfen, ſo
wirſt du doch von ſolch einer freyen Wahl durch
die Wichtigkeit der Krone abgehalten, und darfſt
ihre koſtbare Zierde nicht durch einen niedrigen
Sclaven entehren, einen Livreybedienten, den Lakey
eines Dorfjunkers, einen Tafeldecker; und nicht
einmal ſo viel.„
*)

Ganz im Geſchmack des Hochmuͤthigen aͤu-
ßert er im erſten Auftritt des zweyten Acts ſeinen
kindiſchen Unwillen uͤber ſein Ungluͤck im Spiel
und ſeine Erbitterung uͤber die Freymuͤthigkeit ei-
nes Mannes, der ihm die Fluͤche, welche er aus-
geſtoßen, verwieſen hatte. Wenn ein ehrlicher
Mann, ſo ſagt er, Luſt hat zu fluchen, ſo ſchickt
ſich's doch nicht fuͤr die, die um ihn ſind, ſeinen
Fluͤchen den Schwanz abzuſchneiden. — Der
Schurke, der! faͤhrt er fort, ich ſollte ihm Ge-
nugthuung geben? — waͤr' er doch nur von
gleichem Range mit mir geweſen. — — Mich

ver-
*) 2. Aufz. 3. Auftr.
Ff 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <cit>
          <quote><pb facs="#f0169" n="453"/>
niß, das du mit dem verworfnen Elenden vor-<lb/>
gieb&#x017F;t, der mit lauter Almo&#x017F;en groß gemacht, und<lb/>
mit kalten Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln und Bro&#x017F;amen des Hofes<lb/>
gefu&#x0364;ttert wurde, i&#x017F;t gar kein Bu&#x0364;ndniß; gar keins.<lb/>
Und wenn es gleich bey geringern Partheyen er-<lb/>
laubt wird &#x2014; und wer i&#x017F;t geringer, als er? &#x2014;<lb/>
ihre Seelen, von denen man doch nichts weiter<lb/>
erwarten kann, als Lumpen und Bettelkinder,<lb/>
durch ein &#x017F;elb&#x017F;tgewa&#x0364;hltes Band zu verknu&#x0364;pfen, &#x017F;o<lb/>
wir&#x017F;t du doch von &#x017F;olch einer freyen Wahl durch<lb/>
die Wichtigkeit der Krone abgehalten, und darf&#x017F;t<lb/>
ihre ko&#x017F;tbare Zierde nicht durch einen niedrigen<lb/>
Sclaven entehren, einen Livreybedienten, den Lakey<lb/>
eines Dorfjunkers, einen Tafeldecker; und nicht<lb/>
einmal &#x017F;o viel.&#x201E;</quote>
        </cit>
        <note place="foot" n="*)">2. Aufz. 3. Auftr.</note><lb/>
        <p>Ganz im Ge&#x017F;chmack des Hochmu&#x0364;thigen a&#x0364;u-<lb/>
ßert er im er&#x017F;ten Auftritt des zweyten Acts &#x017F;einen<lb/>
kindi&#x017F;chen Unwillen u&#x0364;ber &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck im Spiel<lb/>
und &#x017F;eine Erbitterung u&#x0364;ber die Freymu&#x0364;thigkeit ei-<lb/>
nes Mannes, der ihm die Flu&#x0364;che, welche er aus-<lb/>
ge&#x017F;toßen, verwie&#x017F;en hatte. Wenn ein ehrlicher<lb/>
Mann, &#x017F;o &#x017F;agt er, Lu&#x017F;t hat zu fluchen, &#x017F;o &#x017F;chickt<lb/>
&#x017F;ich's doch nicht fu&#x0364;r die, die um ihn &#x017F;ind, &#x017F;einen<lb/>
Flu&#x0364;chen den Schwanz abzu&#x017F;chneiden. &#x2014; Der<lb/>
Schurke, der! fa&#x0364;hrt er fort, ich &#x017F;ollte ihm Ge-<lb/>
nugthuung geben? &#x2014; wa&#x0364;r' er doch nur von<lb/>
gleichem Range mit mir gewe&#x017F;en. &#x2014; &#x2014; Mich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ff 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0169] niß, das du mit dem verworfnen Elenden vor- giebſt, der mit lauter Almoſen groß gemacht, und mit kalten Schuͤſſeln und Broſamen des Hofes gefuͤttert wurde, iſt gar kein Buͤndniß; gar keins. Und wenn es gleich bey geringern Partheyen er- laubt wird — und wer iſt geringer, als er? — ihre Seelen, von denen man doch nichts weiter erwarten kann, als Lumpen und Bettelkinder, durch ein ſelbſtgewaͤhltes Band zu verknuͤpfen, ſo wirſt du doch von ſolch einer freyen Wahl durch die Wichtigkeit der Krone abgehalten, und darfſt ihre koſtbare Zierde nicht durch einen niedrigen Sclaven entehren, einen Livreybedienten, den Lakey eines Dorfjunkers, einen Tafeldecker; und nicht einmal ſo viel.„ *) Ganz im Geſchmack des Hochmuͤthigen aͤu- ßert er im erſten Auftritt des zweyten Acts ſeinen kindiſchen Unwillen uͤber ſein Ungluͤck im Spiel und ſeine Erbitterung uͤber die Freymuͤthigkeit ei- nes Mannes, der ihm die Fluͤche, welche er aus- geſtoßen, verwieſen hatte. Wenn ein ehrlicher Mann, ſo ſagt er, Luſt hat zu fluchen, ſo ſchickt ſich's doch nicht fuͤr die, die um ihn ſind, ſeinen Fluͤchen den Schwanz abzuſchneiden. — Der Schurke, der! faͤhrt er fort, ich ſollte ihm Ge- nugthuung geben? — waͤr' er doch nur von gleichem Range mit mir geweſen. — — Mich ver- *) 2. Aufz. 3. Auftr. Ff 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/169
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/169>, abgerufen am 21.11.2024.