große Cäsar auf seiner Reise nach Gallien in ei- ner kleinen Stadt, hier der Erste, als der Zweyte in Rom seyn:" und Cato nimmt sich das Leben, um Cäsars Gnade nicht zu bedürfen.
Menschen, welche sich selbst nicht kennen, für Menschenwerth kein Gefühl, und die Mey- nung haben, daß jedermann durch so kleine Trieb- federn, als sie, bestimmt werde, machen mit dem wahrhaft großen Mann gleiche Prätensionen. Ein Unglück für Andre, wenn sie mit solchen in einem Verhältnisse stehen, welches sie nöthigt, um die Gunst derselben zu werben: denn sie sind nicht klug genug, Andre nach ihrem Willen durch Vorstellungen zu leiten; drum despotisiren sie; sie sind nicht fein genug, ihrem Herrschtriebe Ge- nüge zu thun, ohne Andrer Ehrliebe zu kränken; drum muß der, welcher ihrer bedarf, unter ihren groben Befehlen seufzen.
So wie die Ehrliebe auch aus dem Verlan- gen nach andern Vortheilen, zu deren Besitz die Ehre verhilft, entspringen kann; so auch die Be- gierde zu herrschen. Wer, in größern oder klei- nern Kreisen, der Erste ist, kann darauf rech- nen, daß Andre, um sich seine Gunst zu verschaf- fen, gegen ihn gefällig sind, seine Neigungen zu befriedigen suchen, und seinen Wünschen zuvor- kommen. Er erhält mit der Herrschaft zugleich
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große Caͤſar auf ſeiner Reiſe nach Gallien in ei- ner kleinen Stadt, hier der Erſte, als der Zweyte in Rom ſeyn:„ und Cato nimmt ſich das Leben, um Caͤſars Gnade nicht zu beduͤrfen.
Menſchen, welche ſich ſelbſt nicht kennen, fuͤr Menſchenwerth kein Gefuͤhl, und die Mey- nung haben, daß jedermann durch ſo kleine Trieb- federn, als ſie, beſtimmt werde, machen mit dem wahrhaft großen Mann gleiche Praͤtenſionen. Ein Ungluͤck fuͤr Andre, wenn ſie mit ſolchen in einem Verhaͤltniſſe ſtehen, welches ſie noͤthigt, um die Gunſt derſelben zu werben: denn ſie ſind nicht klug genug, Andre nach ihrem Willen durch Vorſtellungen zu leiten; drum deſpotiſiren ſie; ſie ſind nicht fein genug, ihrem Herrſchtriebe Ge- nuͤge zu thun, ohne Andrer Ehrliebe zu kraͤnken; drum muß der, welcher ihrer bedarf, unter ihren groben Befehlen ſeufzen.
So wie die Ehrliebe auch aus dem Verlan- gen nach andern Vortheilen, zu deren Beſitz die Ehre verhilft, entſpringen kann; ſo auch die Be- gierde zu herrſchen. Wer, in groͤßern oder klei- nern Kreiſen, der Erſte iſt, kann darauf rech- nen, daß Andre, um ſich ſeine Gunſt zu verſchaf- fen, gegen ihn gefaͤllig ſind, ſeine Neigungen zu befriedigen ſuchen, und ſeinen Wuͤnſchen zuvor- kommen. Er erhaͤlt mit der Herrſchaft zugleich
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große Caͤſar auf ſeiner Reiſe nach Gallien in ei-
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Zweyte in Rom ſeyn:„ und Cato nimmt ſich
das Leben, um Caͤſars Gnade nicht zu beduͤrfen.
Menſchen, welche ſich ſelbſt nicht kennen,
fuͤr Menſchenwerth kein Gefuͤhl, und die Mey-
nung haben, daß jedermann durch ſo kleine Trieb-
federn, als ſie, beſtimmt werde, machen mit
dem wahrhaft großen Mann gleiche Praͤtenſionen.
Ein Ungluͤck fuͤr Andre, wenn ſie mit ſolchen in
einem Verhaͤltniſſe ſtehen, welches ſie noͤthigt, um
die Gunſt derſelben zu werben: denn ſie ſind nicht
klug genug, Andre nach ihrem Willen durch
Vorſtellungen zu leiten; drum deſpotiſiren ſie;
ſie ſind nicht fein genug, ihrem Herrſchtriebe Ge-
nuͤge zu thun, ohne Andrer Ehrliebe zu kraͤnken;
drum muß der, welcher ihrer bedarf, unter ihren
groben Befehlen ſeufzen.
So wie die Ehrliebe auch aus dem Verlan-
gen nach andern Vortheilen, zu deren Beſitz die
Ehre verhilft, entſpringen kann; ſo auch die Be-
gierde zu herrſchen. Wer, in groͤßern oder klei-
nern Kreiſen, der Erſte iſt, kann darauf rech-
nen, daß Andre, um ſich ſeine Gunſt zu verſchaf-
fen, gegen ihn gefaͤllig ſind, ſeine Neigungen zu
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/181>, abgerufen am 24.11.2024.
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