Diejenigen endlich, welche ihr Geld oder Körperkraft stolz macht, sind übermüthig und bauernstolz.
Vierzehnte Unterhaltung. Ueber die Herrschbegierde.
Sehr nahe ist mit dem eben betrachteten Triebe nach Ehre der Herrschtrieb verwandt; indem er aus denselben Quellen entspringt, welchen jener seinen Ursprung verdankt. Jeder glaubt von sich das Beste, und wünscht auch Andre zu seinem Glauben zu bewegen, und Beweise zu erhalten, daß sie desselben Glaubens sind. Der beste Be- weis hievon ist, wenn sie ihren Willen dem sei- nigen unterordnen, sich nach ihm richten, ihm unterthan sind: was ist also natürlicher, als der Wunsch, diesen Beweis zu erhalten? --
Dem Manne, dem wahre Vollkommenheit ein edles Selbstgefühl giebt, und der die Freude kennt, aus eigner Kraft und Einsicht zu handeln, ist es drückend, und, wenn er nicht viel Selbst- überwindung hat, unmöglich, sich der Willkühr Andrer zu unterwerfen. Er fühlt sich berufen, anzuordnen; drum wünscht er diesen Beruf er- füllen zu können. "Jch will lieber, sagt der
große
Diejenigen endlich, welche ihr Geld oder Koͤrperkraft ſtolz macht, ſind uͤbermuͤthig und bauernſtolz.
Vierzehnte Unterhaltung. Ueber die Herrſchbegierde.
Sehr nahe iſt mit dem eben betrachteten Triebe nach Ehre der Herrſchtrieb verwandt; indem er aus denſelben Quellen entſpringt, welchen jener ſeinen Urſprung verdankt. Jeder glaubt von ſich das Beſte, und wuͤnſcht auch Andre zu ſeinem Glauben zu bewegen, und Beweiſe zu erhalten, daß ſie deſſelben Glaubens ſind. Der beſte Be- weis hievon iſt, wenn ſie ihren Willen dem ſei- nigen unterordnen, ſich nach ihm richten, ihm unterthan ſind: was iſt alſo natuͤrlicher, als der Wunſch, dieſen Beweis zu erhalten? —
Dem Manne, dem wahre Vollkommenheit ein edles Selbſtgefuͤhl giebt, und der die Freude kennt, aus eigner Kraft und Einſicht zu handeln, iſt es druͤckend, und, wenn er nicht viel Selbſt- uͤberwindung hat, unmoͤglich, ſich der Willkuͤhr Andrer zu unterwerfen. Er fuͤhlt ſich berufen, anzuordnen; drum wuͤnſcht er dieſen Beruf er- fuͤllen zu koͤnnen. „Jch will lieber, ſagt der
große
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Diejenigen endlich, welche ihr Geld oder
Koͤrperkraft ſtolz macht, ſind uͤbermuͤthig und
bauernſtolz.
Vierzehnte Unterhaltung.
Ueber die
Herrſchbegierde.
Sehr nahe iſt mit dem eben betrachteten Triebe
nach Ehre der Herrſchtrieb verwandt; indem er
aus denſelben Quellen entſpringt, welchen jener
ſeinen Urſprung verdankt. Jeder glaubt von ſich
das Beſte, und wuͤnſcht auch Andre zu ſeinem
Glauben zu bewegen, und Beweiſe zu erhalten,
daß ſie deſſelben Glaubens ſind. Der beſte Be-
weis hievon iſt, wenn ſie ihren Willen dem ſei-
nigen unterordnen, ſich nach ihm richten, ihm
unterthan ſind: was iſt alſo natuͤrlicher, als der
Wunſch, dieſen Beweis zu erhalten? —
Dem Manne, dem wahre Vollkommenheit
ein edles Selbſtgefuͤhl giebt, und der die Freude
kennt, aus eigner Kraft und Einſicht zu handeln,
iſt es druͤckend, und, wenn er nicht viel Selbſt-
uͤberwindung hat, unmoͤglich, ſich der Willkuͤhr
Andrer zu unterwerfen. Er fuͤhlt ſich berufen,
anzuordnen; drum wuͤnſcht er dieſen Beruf er-
fuͤllen zu koͤnnen. „Jch will lieber, ſagt der
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/180>, abgerufen am 16.02.2025.
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