Welch eine Geißel er für die, die das Schick- sal ihm unterwarf, ist, lehrt die Geschichte an den Beyspielen eines Gregorius, Alba, und so manches andern kleinen und großen Tyrannen der ältern und neuern Zeit. Weil der Herrschsüchti- ge dieser Art in sich selbst nicht Kraft und Würde genug hat, über Andre sich zu erheben, so erbauet er seinen Thron auf den Ruinen fremder Macht. Zerstörung ist sein Genuß, seine Freude, seine Loosung; und Andern zu nehmen, was er selbst sich nicht geben kann, das Ziel seiner Bestrebun- gen. Kein Mittel ist so verabscheuungswürdig, daß er es nicht wählen: kein Gegenstand so heilig, daß seine Herrschsucht ihn nicht entweihen sollte. Er schont seines Vaters und seiner Mutter, sei- ner Kinder und seines Weibes nicht, wenn die nie zu sättigende Herrschsucht sie zum Opfer be- gehrt.
Funfzehnte Unterhaltung. Ueber den Nachruhm.
Der Wunsch, von Andern mit Achtung ge- nannt zu werden, schränkt sich nicht blos auf das gegenwärtige Leben ein; man wünscht, auch nach dem Tode noch sein Andenken geehrt zu sehen.
Der
Gg 3
Welch eine Geißel er fuͤr die, die das Schick- ſal ihm unterwarf, iſt, lehrt die Geſchichte an den Beyſpielen eines Gregorius, Alba, und ſo manches andern kleinen und großen Tyrannen der aͤltern und neuern Zeit. Weil der Herrſchſuͤchti- ge dieſer Art in ſich ſelbſt nicht Kraft und Wuͤrde genug hat, uͤber Andre ſich zu erheben, ſo erbauet er ſeinen Thron auf den Ruinen fremder Macht. Zerſtoͤrung iſt ſein Genuß, ſeine Freude, ſeine Looſung; und Andern zu nehmen, was er ſelbſt ſich nicht geben kann, das Ziel ſeiner Beſtrebun- gen. Kein Mittel iſt ſo verabſcheuungswuͤrdig, daß er es nicht waͤhlen: kein Gegenſtand ſo heilig, daß ſeine Herrſchſucht ihn nicht entweihen ſollte. Er ſchont ſeines Vaters und ſeiner Mutter, ſei- ner Kinder und ſeines Weibes nicht, wenn die nie zu ſaͤttigende Herrſchſucht ſie zum Opfer be- gehrt.
Funfzehnte Unterhaltung. Ueber den Nachruhm.
Der Wunſch, von Andern mit Achtung ge- nannt zu werden, ſchraͤnkt ſich nicht blos auf das gegenwaͤrtige Leben ein; man wuͤnſcht, auch nach dem Tode noch ſein Andenken geehrt zu ſehen.
Der
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Welch eine Geißel er fuͤr die, die das Schick-
ſal ihm unterwarf, iſt, lehrt die Geſchichte an den
Beyſpielen eines Gregorius, Alba, und ſo
manches andern kleinen und großen Tyrannen der
aͤltern und neuern Zeit. Weil der Herrſchſuͤchti-
ge dieſer Art in ſich ſelbſt nicht Kraft und Wuͤrde
genug hat, uͤber Andre ſich zu erheben, ſo erbauet
er ſeinen Thron auf den Ruinen fremder Macht.
Zerſtoͤrung iſt ſein Genuß, ſeine Freude, ſeine
Looſung; und Andern zu nehmen, was er ſelbſt
ſich nicht geben kann, das Ziel ſeiner Beſtrebun-
gen. Kein Mittel iſt ſo verabſcheuungswuͤrdig,
daß er es nicht waͤhlen: kein Gegenſtand ſo heilig,
daß ſeine Herrſchſucht ihn nicht entweihen ſollte.
Er ſchont ſeines Vaters und ſeiner Mutter, ſei-
ner Kinder und ſeines Weibes nicht, wenn die
nie zu ſaͤttigende Herrſchſucht ſie zum Opfer be-
gehrt.
Funfzehnte Unterhaltung.
Ueber den
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Der Wunſch, von Andern mit Achtung ge-
nannt zu werden, ſchraͤnkt ſich nicht blos auf das
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/185>, abgerufen am 24.11.2024.
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