Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.Aufwand, um für das Nöthige sorgen zu kön- Wo sich übertriebene Werthschätzung und Geizige dieser Art kennen keinen wichtigern nen *) Jch sah einmal einen angesehenen Mann in der
größten Hitze gegen einen seiner Bedienten, der nichts versehen hatte. Jch gab einem in der Ge- sell- Aufwand, um fuͤr das Noͤthige ſorgen zu koͤn- Wo ſich uͤbertriebene Werthſchaͤtzung und Geizige dieſer Art kennen keinen wichtigern nen *) Jch ſah einmal einen angeſehenen Mann in der
groͤßten Hitze gegen einen ſeiner Bedienten, der nichts verſehen hatte. Jch gab einem in der Ge- ſell- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0193" n="477"/> Aufwand, um fuͤr das Noͤthige ſorgen zu koͤn-<lb/> nen. Aber nie ſchont er ſein Geld auf Koſten<lb/> der Pflichten gegen ſich ſelbſt und Andre. Er<lb/> goͤnnt ſich Vergnuͤgungen und Erholungen; zieht<lb/> ſeine Ehre dem Gelde vor, und theilt von dem<lb/> Seinigen dem duͤrftigen Bruder gern ſo viel mit,<lb/> als er kann. —</p><lb/> <p>Wo ſich <hi rendition="#b">uͤbertriebene</hi> Werthſchaͤtzung und<lb/> Liebe des Eigenthums bemerken laͤßt, da, ſagen<lb/> wir, iſt <hi rendition="#b">Geiz</hi>. Die Arten deſſelben ſind ſehr<lb/> verſchieden. Zeigt er ſich vorzuͤglich in einer<lb/> aͤngſtlichen Bewahrung des Eigenthums und dem<lb/> Mangel der Mittheilung, ſo heißt er <hi rendition="#b">Geiz</hi> im<lb/> engſten Sinne (<hi rendition="#aq">tenacitas</hi>).</p><lb/> <p>Geizige dieſer Art kennen keinen wichtigern<lb/> Gegenſtand, Tugend und Ehre ausgenommen,<lb/> welche bey dieſer Art des Geizes doch noch geach-<lb/> tet werden koͤnnen, als das Geld, und was Gel-<lb/> des Werth hat. Sind ſie allein, ſo zaͤhlen und<lb/> rechnen und revidiren ſie; ſind ſie in der Geſell-<lb/> ſchaft Andrer, ſo lenken ſie, wo moͤglich die Un-<lb/> terhaltung hierauf. Nichts iſt ihnen empfindli-<lb/> cher, als der Verluſt eines Kapitals oder die Be-<lb/> ſchaͤdigung eines Kleidungsſtuͤckes<note xml:id="seg2pn_16_1" next="#seg2pn_16_2" place="foot" n="*)">Jch ſah einmal einen angeſehenen Mann in der<lb/> groͤßten Hitze gegen einen ſeiner Bedienten, der<lb/> nichts verſehen hatte. Jch gab einem in der Ge-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſell-</fw></note>: nichts ih-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [477/0193]
Aufwand, um fuͤr das Noͤthige ſorgen zu koͤn-
nen. Aber nie ſchont er ſein Geld auf Koſten
der Pflichten gegen ſich ſelbſt und Andre. Er
goͤnnt ſich Vergnuͤgungen und Erholungen; zieht
ſeine Ehre dem Gelde vor, und theilt von dem
Seinigen dem duͤrftigen Bruder gern ſo viel mit,
als er kann. —
Wo ſich uͤbertriebene Werthſchaͤtzung und
Liebe des Eigenthums bemerken laͤßt, da, ſagen
wir, iſt Geiz. Die Arten deſſelben ſind ſehr
verſchieden. Zeigt er ſich vorzuͤglich in einer
aͤngſtlichen Bewahrung des Eigenthums und dem
Mangel der Mittheilung, ſo heißt er Geiz im
engſten Sinne (tenacitas).
Geizige dieſer Art kennen keinen wichtigern
Gegenſtand, Tugend und Ehre ausgenommen,
welche bey dieſer Art des Geizes doch noch geach-
tet werden koͤnnen, als das Geld, und was Gel-
des Werth hat. Sind ſie allein, ſo zaͤhlen und
rechnen und revidiren ſie; ſind ſie in der Geſell-
ſchaft Andrer, ſo lenken ſie, wo moͤglich die Un-
terhaltung hierauf. Nichts iſt ihnen empfindli-
cher, als der Verluſt eines Kapitals oder die Be-
ſchaͤdigung eines Kleidungsſtuͤckes *): nichts ih-
nen
*) Jch ſah einmal einen angeſehenen Mann in der
groͤßten Hitze gegen einen ſeiner Bedienten, der
nichts verſehen hatte. Jch gab einem in der Ge-
ſell-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |