der Unterredung mit seinem Vater Philipp, aus Minen, Ton und Worten athmet.
Ohne daran zu gedenken, daß sein Vater ihn drey und zwanzig Jahre lang von seinem Herzen verstoßen, und priesterliche und hofmännische Ver- läumdung ihn, den Unschuldigen, als Verbrecher abgemahlt hatte, tritt er, frey, wie ein Gott, vor seinen königlichen Vater, fällt vor ihm nieder, und fodert ihn auf, wieder sein Vater zu seyn.
Die Jnnigkeit und Wahrheit seines Wun- sches, das Bewußtseyn seiner Unschuld und seines Verdienstes, und der darauf sich gründende, auf nichts, als seinen großen Zweck achtende Muth, spiegeln sich in allen seinen Reden.
"Sehr ernst, spricht er, Und feyerlich ist mir in dieser Stunde Zu Muthe -- Niemals oder Jetzt -- Wir sind Allein -- des Ranges Ketten abgefallen -- Der Etikette bange Scheidewand Jst zwischen Sohn und Vater eingesunken. Jetzt oder nie. Ein Sonnenstrahl der Hofnung Glänzt in mir auf, und eine süße Ahndung Fliegt durch mein Herz -- der ganze Himmel beugt Mit Schaaren froher Engel sich herunter, Voll Rührung sieht der Dreymalheilige Dem großen, schönen Auftritt zu -- Mein Vater! Versöhnung! --
Phi-
der Unterredung mit ſeinem Vater Philipp, aus Minen, Ton und Worten athmet.
Ohne daran zu gedenken, daß ſein Vater ihn drey und zwanzig Jahre lang von ſeinem Herzen verſtoßen, und prieſterliche und hofmaͤnniſche Ver- laͤumdung ihn, den Unſchuldigen, als Verbrecher abgemahlt hatte, tritt er, frey, wie ein Gott, vor ſeinen koͤniglichen Vater, faͤllt vor ihm nieder, und fodert ihn auf, wieder ſein Vater zu ſeyn.
Die Jnnigkeit und Wahrheit ſeines Wun- ſches, das Bewußtſeyn ſeiner Unſchuld und ſeines Verdienſtes, und der darauf ſich gruͤndende, auf nichts, als ſeinen großen Zweck achtende Muth, ſpiegeln ſich in allen ſeinen Reden.
„Sehr ernſt, ſpricht er, Und feyerlich iſt mir in dieſer Stunde Zu Muthe — Niemals oder Jetzt — Wir ſind Allein — des Ranges Ketten abgefallen — Der Etikette bange Scheidewand Jſt zwiſchen Sohn und Vater eingeſunken. Jetzt oder nie. Ein Sonnenſtrahl der Hofnung Glaͤnzt in mir auf, und eine ſuͤße Ahndung Fliegt durch mein Herz — der ganze Himmel beugt Mit Schaaren froher Engel ſich herunter, Voll Ruͤhrung ſieht der Dreymalheilige Dem großen, ſchoͤnen Auftritt zu — Mein Vater! Verſoͤhnung! —
Phi-
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der Unterredung mit ſeinem Vater Philipp, aus
Minen, Ton und Worten athmet.
Ohne daran zu gedenken, daß ſein Vater ihn
drey und zwanzig Jahre lang von ſeinem Herzen
verſtoßen, und prieſterliche und hofmaͤnniſche Ver-
laͤumdung ihn, den Unſchuldigen, als Verbrecher
abgemahlt hatte, tritt er, frey, wie ein Gott,
vor ſeinen koͤniglichen Vater, faͤllt vor ihm nieder,
und fodert ihn auf, wieder ſein Vater zu ſeyn.
Die Jnnigkeit und Wahrheit ſeines Wun-
ſches, das Bewußtſeyn ſeiner Unſchuld und ſeines
Verdienſtes, und der darauf ſich gruͤndende, auf
nichts, als ſeinen großen Zweck achtende Muth,
ſpiegeln ſich in allen ſeinen Reden.
„Sehr ernſt, ſpricht er,
Und feyerlich iſt mir in dieſer Stunde
Zu Muthe — Niemals oder Jetzt — Wir ſind
Allein — des Ranges Ketten abgefallen —
Der Etikette bange Scheidewand
Jſt zwiſchen Sohn und Vater eingeſunken.
Jetzt oder nie. Ein Sonnenſtrahl der Hofnung
Glaͤnzt in mir auf, und eine ſuͤße Ahndung
Fliegt durch mein Herz — der ganze Himmel
beugt
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Voll Ruͤhrung ſieht der Dreymalheilige
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/291>, abgerufen am 22.11.2024.
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