Angst des Herzens verwirrt den Geist, und be- wölkt die Heiterkeit desselben: so wird man von einer Arbeit zur andern gejagt, man hoft immer bey der, die man vornehmen will, glücklicher zu seyn, und sieht, wenn man sie wirklich vorgenom- men hat, seine Hofnung getäuscht.
So wie nun der Trieb nach Veränderung und Abwechselung bey Beschäftigungen wirkt; so wirkt er auch bey Spielen. Manche ermüden so gut, wie Beschäftigungen den Geist oder Kör- per, und fordern deswegen zur Veränderung auf; manche gefallen blos, weil sie etwas anders, als das Gewöhnliche und Alte sind, und hören daher auf angenehm zu seyn, wenn sie nicht mehr den Reiz der Neuheit haben. Ueberdem können hun- dert zufällige Ursachen dem Spiel das Anziehende rauben, und die Wünsche auf andre Gegenstän- de leiten.
Genuß ermüdet endlich so gut wie Thätigkeit, weil er die Organe des Empfindens, oder der Einbildungskraft anstrengt, und die Aufmerksam- keit anzieht.
Außer den angeführten Ursachen haben noch andre einen Einfluß in den betrachteten Trieb. Der Wille hängt überhaupt von den Vorstellun- gen ab, und wird also auch mit diesen verändert. Worin man heute blos etwas Angenehmes ent- deckt, und daher dasselbe begehrt, da sieht man
morgen
Angſt des Herzens verwirrt den Geiſt, und be- woͤlkt die Heiterkeit deſſelben: ſo wird man von einer Arbeit zur andern gejagt, man hoft immer bey der, die man vornehmen will, gluͤcklicher zu ſeyn, und ſieht, wenn man ſie wirklich vorgenom- men hat, ſeine Hofnung getaͤuſcht.
So wie nun der Trieb nach Veraͤnderung und Abwechſelung bey Beſchaͤftigungen wirkt; ſo wirkt er auch bey Spielen. Manche ermuͤden ſo gut, wie Beſchaͤftigungen den Geiſt oder Koͤr- per, und fordern deswegen zur Veraͤnderung auf; manche gefallen blos, weil ſie etwas anders, als das Gewoͤhnliche und Alte ſind, und hoͤren daher auf angenehm zu ſeyn, wenn ſie nicht mehr den Reiz der Neuheit haben. Ueberdem koͤnnen hun- dert zufaͤllige Urſachen dem Spiel das Anziehende rauben, und die Wuͤnſche auf andre Gegenſtaͤn- de leiten.
Genuß ermuͤdet endlich ſo gut wie Thaͤtigkeit, weil er die Organe des Empfindens, oder der Einbildungskraft anſtrengt, und die Aufmerkſam- keit anzieht.
Außer den angefuͤhrten Urſachen haben noch andre einen Einfluß in den betrachteten Trieb. Der Wille haͤngt uͤberhaupt von den Vorſtellun- gen ab, und wird alſo auch mit dieſen veraͤndert. Worin man heute blos etwas Angenehmes ent- deckt, und daher daſſelbe begehrt, da ſieht man
morgen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0058"n="342"/>
Angſt des Herzens verwirrt den Geiſt, und be-<lb/>
woͤlkt die Heiterkeit deſſelben: ſo wird man von<lb/>
einer Arbeit zur andern gejagt, man hoft immer<lb/>
bey der, die man vornehmen will, gluͤcklicher zu<lb/>ſeyn, und ſieht, wenn man ſie wirklich vorgenom-<lb/>
men hat, ſeine Hofnung getaͤuſcht.</p><lb/><p>So wie nun der Trieb nach Veraͤnderung<lb/>
und Abwechſelung bey Beſchaͤftigungen wirkt; ſo<lb/>
wirkt er auch bey Spielen. Manche ermuͤden<lb/>ſo gut, wie Beſchaͤftigungen den Geiſt oder Koͤr-<lb/>
per, und fordern deswegen zur Veraͤnderung auf;<lb/>
manche gefallen blos, weil ſie etwas anders, als<lb/>
das Gewoͤhnliche und Alte ſind, und hoͤren daher<lb/>
auf angenehm zu ſeyn, wenn ſie nicht mehr den<lb/>
Reiz der Neuheit haben. Ueberdem koͤnnen hun-<lb/>
dert zufaͤllige Urſachen dem Spiel das Anziehende<lb/>
rauben, und die Wuͤnſche auf andre Gegenſtaͤn-<lb/>
de leiten.</p><lb/><p>Genuß ermuͤdet endlich ſo gut wie Thaͤtigkeit,<lb/>
weil er die Organe des Empfindens, oder der<lb/>
Einbildungskraft anſtrengt, und die Aufmerkſam-<lb/>
keit anzieht.</p><lb/><p>Außer den angefuͤhrten Urſachen haben noch<lb/>
andre einen Einfluß in den betrachteten Trieb.<lb/>
Der Wille haͤngt uͤberhaupt von den Vorſtellun-<lb/>
gen ab, und wird alſo auch mit dieſen veraͤndert.<lb/>
Worin man heute blos etwas Angenehmes ent-<lb/>
deckt, und daher daſſelbe begehrt, da ſieht man<lb/><fwplace="bottom"type="catch">morgen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[342/0058]
Angſt des Herzens verwirrt den Geiſt, und be-
woͤlkt die Heiterkeit deſſelben: ſo wird man von
einer Arbeit zur andern gejagt, man hoft immer
bey der, die man vornehmen will, gluͤcklicher zu
ſeyn, und ſieht, wenn man ſie wirklich vorgenom-
men hat, ſeine Hofnung getaͤuſcht.
So wie nun der Trieb nach Veraͤnderung
und Abwechſelung bey Beſchaͤftigungen wirkt; ſo
wirkt er auch bey Spielen. Manche ermuͤden
ſo gut, wie Beſchaͤftigungen den Geiſt oder Koͤr-
per, und fordern deswegen zur Veraͤnderung auf;
manche gefallen blos, weil ſie etwas anders, als
das Gewoͤhnliche und Alte ſind, und hoͤren daher
auf angenehm zu ſeyn, wenn ſie nicht mehr den
Reiz der Neuheit haben. Ueberdem koͤnnen hun-
dert zufaͤllige Urſachen dem Spiel das Anziehende
rauben, und die Wuͤnſche auf andre Gegenſtaͤn-
de leiten.
Genuß ermuͤdet endlich ſo gut wie Thaͤtigkeit,
weil er die Organe des Empfindens, oder der
Einbildungskraft anſtrengt, und die Aufmerkſam-
keit anzieht.
Außer den angefuͤhrten Urſachen haben noch
andre einen Einfluß in den betrachteten Trieb.
Der Wille haͤngt uͤberhaupt von den Vorſtellun-
gen ab, und wird alſo auch mit dieſen veraͤndert.
Worin man heute blos etwas Angenehmes ent-
deckt, und daher daſſelbe begehrt, da ſieht man
morgen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/58>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.