Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

durchschimmern lassen, daß sie selbst sich nun auch zurückziehen wolle -- um sicher zu bleiben. Denn der König zählte den zwölf halbversteinerten armen Schelmen von Bauern -- die alle reiche Freibauern werden sollten -- eine Menge Thaten von Torbern vor, und sie hielten sich dadurch über den Reichsrath gesetzt und für sehr spitzfindig, als sie das Urtheil sprachen: Den Oren verdammen seine Thaten. Und dieses unbestimmte Urtheil ließ der König -- durch die schnellste Enthauptung Torbern's vollziehen -- während die Königin an der Spitze des Adels und der Reichsräthe sammt dem Legaten Archembold in corpore vor ihm auf den Knieen lagen und baten.

Ihr kommt einzige fünf Minuten zu spät! sagte er ihnen; und leider wird aus euch allen keine Düvecke -- und kein Torbern mehr! Und im Himmel freien sie nicht und lassen sich nicht freien -- nicht wahr, so heißt es irgendwo, Herr Legat? Denn ihr Päpstlichen glaubt das neue Testament nicht mehr, oder erst halb . . . um nicht ganz zu fallen.

Mit diesem Morde des Königs aus Liebe zu Einer war nur die Liebe Aller zu ihm aus. Wer und was nicht mehr in der Meinung der Menschen als geglaubt

durchschimmern lassen, daß sie selbst sich nun auch zurückziehen wolle — um sicher zu bleiben. Denn der König zählte den zwölf halbversteinerten armen Schelmen von Bauern — die alle reiche Freibauern werden sollten — eine Menge Thaten von Torbern vor, und sie hielten sich dadurch über den Reichsrath gesetzt und für sehr spitzfindig, als sie das Urtheil sprachen: Den Oren verdammen seine Thaten. Und dieses unbestimmte Urtheil ließ der König — durch die schnellste Enthauptung Torbern's vollziehen — während die Königin an der Spitze des Adels und der Reichsräthe sammt dem Legaten Archembold in corpore vor ihm auf den Knieen lagen und baten.

Ihr kommt einzige fünf Minuten zu spät! sagte er ihnen; und leider wird aus euch allen keine Düvecke — und kein Torbern mehr! Und im Himmel freien sie nicht und lassen sich nicht freien — nicht wahr, so heißt es irgendwo, Herr Legat? Denn ihr Päpstlichen glaubt das neue Testament nicht mehr, oder erst halb . . . um nicht ganz zu fallen.

Mit diesem Morde des Königs aus Liebe zu Einer war nur die Liebe Aller zu ihm aus. Wer und was nicht mehr in der Meinung der Menschen als geglaubt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="8">
        <p><pb facs="#f0111"/>
durchschimmern lassen, daß sie selbst sich nun auch zurückziehen wolle &#x2014; um sicher zu                bleiben. Denn der König zählte den zwölf halbversteinerten armen Schelmen von Bauern                &#x2014; die alle reiche Freibauern werden sollten &#x2014; eine Menge Thaten von Torbern vor, und                sie hielten sich dadurch über den Reichsrath gesetzt und für sehr spitzfindig, als                sie das Urtheil sprachen: Den Oren verdammen seine Thaten. Und dieses unbestimmte                Urtheil ließ der König &#x2014; durch die schnellste Enthauptung Torbern's vollziehen &#x2014;                während die Königin an der Spitze des Adels und der Reichsräthe sammt dem Legaten                Archembold in corpore vor ihm auf den Knieen lagen und baten.</p><lb/>
        <p>Ihr kommt einzige fünf Minuten zu spät! sagte er ihnen; und leider wird aus euch                allen keine Düvecke &#x2014; und kein Torbern mehr! Und im Himmel freien sie nicht und                lassen sich nicht freien &#x2014; nicht wahr, so heißt es irgendwo, Herr Legat? Denn ihr                Päpstlichen glaubt das neue Testament nicht mehr, oder erst halb . . . um nicht ganz                zu fallen.</p><lb/><lb/>
        <p>Mit diesem Morde des Königs aus Liebe zu Einer war nur die Liebe Aller zu ihm aus.                Wer und was nicht mehr in der Meinung der Menschen als geglaubt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0111] durchschimmern lassen, daß sie selbst sich nun auch zurückziehen wolle — um sicher zu bleiben. Denn der König zählte den zwölf halbversteinerten armen Schelmen von Bauern — die alle reiche Freibauern werden sollten — eine Menge Thaten von Torbern vor, und sie hielten sich dadurch über den Reichsrath gesetzt und für sehr spitzfindig, als sie das Urtheil sprachen: Den Oren verdammen seine Thaten. Und dieses unbestimmte Urtheil ließ der König — durch die schnellste Enthauptung Torbern's vollziehen — während die Königin an der Spitze des Adels und der Reichsräthe sammt dem Legaten Archembold in corpore vor ihm auf den Knieen lagen und baten. Ihr kommt einzige fünf Minuten zu spät! sagte er ihnen; und leider wird aus euch allen keine Düvecke — und kein Torbern mehr! Und im Himmel freien sie nicht und lassen sich nicht freien — nicht wahr, so heißt es irgendwo, Herr Legat? Denn ihr Päpstlichen glaubt das neue Testament nicht mehr, oder erst halb . . . um nicht ganz zu fallen. Mit diesem Morde des Königs aus Liebe zu Einer war nur die Liebe Aller zu ihm aus. Wer und was nicht mehr in der Meinung der Menschen als geglaubt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/111
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/111>, abgerufen am 29.11.2024.