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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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weil Sie es nicht können; denn der Herzog, dem ich zwar gehören soll, aber er mir nicht -- --

Schweig! rief Frau Sigbritte. Sieh lieber, er winkt dir jetzt mit dem weißen Tuche, da er immer schräg fahrend uns jetzt gegenüber gekommen. -- Sie verneigte sich tief und sprach dann zur Tochter: Kind, welche Ehre!

O, lächelte Jungfrau Düvecke, mit angethanen Ehren meinen die vornehmen Herrn ihre Lüste gar leicht zu kaufen und schwere Dienste gar leicht und gar reichlich zu bezahlen! Aber die falsche Münze gilt bei keinem redlichen oder vernünftigen Sinne. Eine arme Tagelöhnerfrau ist reicher und ehrenwerther in ihrer Armuth und höher in ihrem niedrigen Stande, als ich -- --

Du? Nun ja, du! trotzte Frau Sigbritte. Herzogin oder Königin gar einmal wärest du Närrchen freilich lieber, und so eine Närrin wäre ich auch, wenn ich's nicht besser wüßte aus Holland und aller Welt Land her! Prinzessinnenblut und Thränen sind bloßer Staatenkitt. Zum Glück sind der Prinzessinnen nur wenige gegen die Unzahl der Mädchen auf Erden. Prinzessinnen heirathen nicht, sondern werden geheirathet. Sie glauben nichts Bestimmtes, bis sie einen Gemahl haben; dann treten sie über zu dessen Glauben, des lieben albernen Volkes wegen, das da denkt: ein Herz ist ein Handschuh oder ein Polyp, der rechts und links gewandt, noch ein Handschuh oder Polyp ist und fortlebt; und wenn er umgekehrt ist -- nicht mehr von

weil Sie es nicht können; denn der Herzog, dem ich zwar gehören soll, aber er mir nicht — —

Schweig! rief Frau Sigbritte. Sieh lieber, er winkt dir jetzt mit dem weißen Tuche, da er immer schräg fahrend uns jetzt gegenüber gekommen. — Sie verneigte sich tief und sprach dann zur Tochter: Kind, welche Ehre!

O, lächelte Jungfrau Düvecke, mit angethanen Ehren meinen die vornehmen Herrn ihre Lüste gar leicht zu kaufen und schwere Dienste gar leicht und gar reichlich zu bezahlen! Aber die falsche Münze gilt bei keinem redlichen oder vernünftigen Sinne. Eine arme Tagelöhnerfrau ist reicher und ehrenwerther in ihrer Armuth und höher in ihrem niedrigen Stande, als ich — —

Du? Nun ja, du! trotzte Frau Sigbritte. Herzogin oder Königin gar einmal wärest du Närrchen freilich lieber, und so eine Närrin wäre ich auch, wenn ich's nicht besser wüßte aus Holland und aller Welt Land her! Prinzessinnenblut und Thränen sind bloßer Staatenkitt. Zum Glück sind der Prinzessinnen nur wenige gegen die Unzahl der Mädchen auf Erden. Prinzessinnen heirathen nicht, sondern werden geheirathet. Sie glauben nichts Bestimmtes, bis sie einen Gemahl haben; dann treten sie über zu dessen Glauben, des lieben albernen Volkes wegen, das da denkt: ein Herz ist ein Handschuh oder ein Polyp, der rechts und links gewandt, noch ein Handschuh oder Polyp ist und fortlebt; und wenn er umgekehrt ist — nicht mehr von

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/13>, abgerufen am 28.04.2024.