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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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die himmlischste Gefangennehmung der Geliebten von dem Redlichliebenden. Dieses Alles aber kam noch zu dem Haß und der Furcht Düvecke's, welche sie schon bei Nennung des Namens des Herzogs empfand. Christian bedeutete ihr keinen Herzog, keinen Christen, noch Menschen. Ihr wäre schon Jemand fast unentbehrlich gewesen, dem sie nur ihre Angst mittheilen dürfen; aber Jemand, der sie aus derselben erlösen wollte, war ihr mehr; und Alles war ihr der Geliebte durch seinen entschiedenen Willen, seine fast unabweisliche Kraft der Liebe, seine kaum anblickbare Schönheit.

Sigbrittens Stillschweigen zur Anknüpfung dieses Verhältnisses, das ihren schlauen Voraussetzungen, die nur der Erfahrene macht, nicht entgehen konnte, hätte der armen Düvecke, als der vorigen Willensmeinung ihrer Mutter durchaus widersprechend, bedenklich erscheinen müssen -- wenn sie nicht geliebt hätte. Und die Mutter schien oft zürnend und argwöhnisch sie zu beobachten. Argwöhnisch sein will Argwohn unterdrücken. Auch in dem Wesen ihres Hans Faaburg würde ihr etwas Schadenfrohes, Hinterlistiges, Verstecktes aufgefallen sein, wenn sie nicht geliebt hätte. Ja, selbst eher ergeben hätte sie sich dem kühnen Manne, dessen Blicke sie schon beherrschten -- wenn sie nicht geliebt hätte; denn es giebt keine zuverlässigere Freundin der Tugend, als die wahre Liebe, weil sie sich und den Geliebten ans ewig verloren glaubt und mit Recht glauben muß,

die himmlischste Gefangennehmung der Geliebten von dem Redlichliebenden. Dieses Alles aber kam noch zu dem Haß und der Furcht Düvecke's, welche sie schon bei Nennung des Namens des Herzogs empfand. Christian bedeutete ihr keinen Herzog, keinen Christen, noch Menschen. Ihr wäre schon Jemand fast unentbehrlich gewesen, dem sie nur ihre Angst mittheilen dürfen; aber Jemand, der sie aus derselben erlösen wollte, war ihr mehr; und Alles war ihr der Geliebte durch seinen entschiedenen Willen, seine fast unabweisliche Kraft der Liebe, seine kaum anblickbare Schönheit.

Sigbrittens Stillschweigen zur Anknüpfung dieses Verhältnisses, das ihren schlauen Voraussetzungen, die nur der Erfahrene macht, nicht entgehen konnte, hätte der armen Düvecke, als der vorigen Willensmeinung ihrer Mutter durchaus widersprechend, bedenklich erscheinen müssen — wenn sie nicht geliebt hätte. Und die Mutter schien oft zürnend und argwöhnisch sie zu beobachten. Argwöhnisch sein will Argwohn unterdrücken. Auch in dem Wesen ihres Hans Faaburg würde ihr etwas Schadenfrohes, Hinterlistiges, Verstecktes aufgefallen sein, wenn sie nicht geliebt hätte. Ja, selbst eher ergeben hätte sie sich dem kühnen Manne, dessen Blicke sie schon beherrschten — wenn sie nicht geliebt hätte; denn es giebt keine zuverlässigere Freundin der Tugend, als die wahre Liebe, weil sie sich und den Geliebten ans ewig verloren glaubt und mit Recht glauben muß,

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/30>, abgerufen am 28.04.2024.