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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Haltet ein, sprach Frau Hadwig. Das ist wieder recht schwach
ausgesonnen.

Schwach? frug Ekkehard.

Was braucht's den Gott Amor selber, sprach sie. Könnt' es sich
nicht ereignen, daß auch ohne Trug und List und sein Einschreiten des
ersten Gemahls Gedächtniß in einer Wittib Herzen zurückgedrängt
würde?

Wenn der Gott selber das Unheil anstiftet, sprach Ekkehard, so ist
Frau Dido entschuldigt und so zu sagen gerechtfertigt -- das hat
wohl der Dichter andeuten wollen ... Ekkehard mochte glauben,
er habe eine feine Bemerkung gemacht. Frau Hadwig aber stand
auf: Das ist etwas Anderes, sprach sie spitzig, sie bedarf also einer
Entschuldigung. An das habe ich nicht gedacht. Gut Nacht!

Stolz ging sie durch den Saal, vorwurfsvoll rauschte ihr langes
Gewand. Sonderbar, dachte Ekkehard, mit Frauen den theuern
Virgilius lesen, hat Schwierigkeit. Weiter gingen seine Gedanken
nicht ...

Andern Tages schritt er durch den Burghof, da trat Audifax der
Hirtenknabe zu ihm, hob das Ende seines Gewandes, küßte es, und
sah fragend an ihm hinauf.

Was hast du? frug Ekkehard.

Ich möcht' den Zauber haben, sprach Audifax schüchtern.

Was für einen Zauber?

Den Schatz zu heben in der Tiefe.

Den möcht' ich auch haben, sprach Ekkehard lachend.

O, Ihr habt ihn, heiliger Mann, sprach der Knabe. Habet Ihr
nicht das große Buch, aus dem Ihr unserer Herrin des Abends
vorleset?

Ekkehard schaute ihn scharf an, er ward mißtrauisch, und gedachte
der Art, wie er auf den hohen Twiel eingeführt worden. Hat dirs
Jemand eingegeben, fragte er, daß du so zu mir redest?

Ja!

Wer?

Da fing Audifax an zu zu weinen: Hadumoth! sprach er. Ekke-
hard verstand ihn nicht:

Wer ist Hadumoth?

Haltet ein, ſprach Frau Hadwig. Das iſt wieder recht ſchwach
ausgeſonnen.

Schwach? frug Ekkehard.

Was braucht's den Gott Amor ſelber, ſprach ſie. Könnt' es ſich
nicht ereignen, daß auch ohne Trug und Liſt und ſein Einſchreiten des
erſten Gemahls Gedächtniß in einer Wittib Herzen zurückgedrängt
würde?

Wenn der Gott ſelber das Unheil anſtiftet, ſprach Ekkehard, ſo iſt
Frau Dido entſchuldigt und ſo zu ſagen gerechtfertigt — das hat
wohl der Dichter andeuten wollen ... Ekkehard mochte glauben,
er habe eine feine Bemerkung gemacht. Frau Hadwig aber ſtand
auf: Das iſt etwas Anderes, ſprach ſie ſpitzig, ſie bedarf alſo einer
Entſchuldigung. An das habe ich nicht gedacht. Gut Nacht!

Stolz ging ſie durch den Saal, vorwurfsvoll rauſchte ihr langes
Gewand. Sonderbar, dachte Ekkehard, mit Frauen den theuern
Virgilius leſen, hat Schwierigkeit. Weiter gingen ſeine Gedanken
nicht ...

Andern Tages ſchritt er durch den Burghof, da trat Audifax der
Hirtenknabe zu ihm, hob das Ende ſeines Gewandes, küßte es, und
ſah fragend an ihm hinauf.

Was haſt du? frug Ekkehard.

Ich möcht' den Zauber haben, ſprach Audifax ſchüchtern.

Was für einen Zauber?

Den Schatz zu heben in der Tiefe.

Den möcht' ich auch haben, ſprach Ekkehard lachend.

O, Ihr habt ihn, heiliger Mann, ſprach der Knabe. Habet Ihr
nicht das große Buch, aus dem Ihr unſerer Herrin des Abends
vorleſet?

Ekkehard ſchaute ihn ſcharf an, er ward mißtrauiſch, und gedachte
der Art, wie er auf den hohen Twiel eingeführt worden. Hat dirs
Jemand eingegeben, fragte er, daß du ſo zu mir redeſt?

Ja!

Wer?

Da fing Audifax an zu zu weinen: Hadumoth! ſprach er. Ekke-
hard verſtand ihn nicht:

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[94/0116] Haltet ein, ſprach Frau Hadwig. Das iſt wieder recht ſchwach ausgeſonnen. Schwach? frug Ekkehard. Was braucht's den Gott Amor ſelber, ſprach ſie. Könnt' es ſich nicht ereignen, daß auch ohne Trug und Liſt und ſein Einſchreiten des erſten Gemahls Gedächtniß in einer Wittib Herzen zurückgedrängt würde? Wenn der Gott ſelber das Unheil anſtiftet, ſprach Ekkehard, ſo iſt Frau Dido entſchuldigt und ſo zu ſagen gerechtfertigt — das hat wohl der Dichter andeuten wollen ... Ekkehard mochte glauben, er habe eine feine Bemerkung gemacht. Frau Hadwig aber ſtand auf: Das iſt etwas Anderes, ſprach ſie ſpitzig, ſie bedarf alſo einer Entſchuldigung. An das habe ich nicht gedacht. Gut Nacht! Stolz ging ſie durch den Saal, vorwurfsvoll rauſchte ihr langes Gewand. Sonderbar, dachte Ekkehard, mit Frauen den theuern Virgilius leſen, hat Schwierigkeit. Weiter gingen ſeine Gedanken nicht ... Andern Tages ſchritt er durch den Burghof, da trat Audifax der Hirtenknabe zu ihm, hob das Ende ſeines Gewandes, küßte es, und ſah fragend an ihm hinauf. Was haſt du? frug Ekkehard. Ich möcht' den Zauber haben, ſprach Audifax ſchüchtern. Was für einen Zauber? Den Schatz zu heben in der Tiefe. Den möcht' ich auch haben, ſprach Ekkehard lachend. O, Ihr habt ihn, heiliger Mann, ſprach der Knabe. Habet Ihr nicht das große Buch, aus dem Ihr unſerer Herrin des Abends vorleſet? Ekkehard ſchaute ihn ſcharf an, er ward mißtrauiſch, und gedachte der Art, wie er auf den hohen Twiel eingeführt worden. Hat dirs Jemand eingegeben, fragte er, daß du ſo zu mir redeſt? Ja! Wer? Da fing Audifax an zu zu weinen: Hadumoth! ſprach er. Ekke- hard verſtand ihn nicht: Wer iſt Hadumoth?

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/116>, abgerufen am 25.11.2024.