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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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als Beute vorgeworfen wird, hier zerrt Einer am haltenden Strick,
dort bellt ein Anderer laut vor Ungeduld: so standen sie vor dem
Kloster. Jetzt gab Ellak das Zeichen, daß die Plünderung beginnen
möge. In wildem Ungestüm stürmten sie durcheinand, die Gänge
entlang, die Stufen hinauf, in die Kirche hinein. Verworren Geschrei
erscholl von vermeintlichem Fund und getäuschter Hoffnung; die Zellen
der Brüder wurden durchsucht, nur spärlicher Haushalt war drinnen.

Zeig' uns die Schatzkammer! sprachen sie zu Heribald. Der that's
gern, er wußte, daß das Kostbarste geflüchtet war. Nur versilberte
Leuchter und der große Smaragd von Glasfluß waren noch vorhanden.
Schlecht Kloster! rief Einer, Bettelvolk! und trat mit gewappnetem
Fuß auf den unechten Edelstein, daß ein mächtiger Sprung hinein-
klirrte. Den Heribald lohnten sie mit Faustschlägen, daß er betrübt
hinweg schlich.

Im Kreuzgang kam ihm der Hunne Snewelin entgegen: Lands-
mann, rief er, ich bin ein alter Weinfuhrmann, sagt an, wo ist Euer
Keller? Heribald führte ihn hinab, vergnüglich lachte er, da er den
Haupteingang vermauert sah, und nickte dem frisch aufgetragenen Kalk
vertraulich zu, als wisse er sein Geheimniß. Der Mann von Ellwan-
gen prüfte nicht lang, er schnitt die Siegel von dem einen Faß, stach
den Hahnen drein und schöpfte seinen Helm voll. Es war ein langer, langer
Zug, den er that. O Hahnenkamm und Heidenheim! sprach er, sich
schüttelnd wie ein Fieberkranker, von wegen dem Getränk hätt' ich
nicht unter die Hunnen zu gehen brauchen! -- Er hieß die Gefährten
die Fässer hinaufschleppen, aber besorgt trat Heribald vor und zupfte
einen der Plünderer am Gewand: Erlaube, guter Mann, sprach er
mit wehmüthigem Ausdruck, was soll ich denn trinken, wenn Ihr wie-
der abgezogen seid?!175)

Lachend erklärte Snewelin des Mönchs Besorgniß den Andern.
Der Narr muß auch was haben! sprachen sie und legten ihm das
kleinste von den drei Fässern unangetastet zurück; er aber ward ge-
rührt ob solcher Rücksicht und schüttelte ihnen die Hände.

Droben im Hofe hub sich ein wilder Lärm; etliche hatten die Kirche
durchsucht, auch eine Grabplatte aufgehoben, da schaute ein verwitterter
Schädel aus dunkler Kutte zu ihnen empor: das schreckte selbst die
Hunnen zurück. Zwei von den Gesellen stiegen auf den Kirchthurm,

als Beute vorgeworfen wird, hier zerrt Einer am haltenden Strick,
dort bellt ein Anderer laut vor Ungeduld: ſo ſtanden ſie vor dem
Kloſter. Jetzt gab Ellak das Zeichen, daß die Plünderung beginnen
möge. In wildem Ungeſtüm ſtürmten ſie durcheinand, die Gänge
entlang, die Stufen hinauf, in die Kirche hinein. Verworren Geſchrei
erſcholl von vermeintlichem Fund und getäuſchter Hoffnung; die Zellen
der Brüder wurden durchſucht, nur ſpärlicher Haushalt war drinnen.

Zeig' uns die Schatzkammer! ſprachen ſie zu Heribald. Der that's
gern, er wußte, daß das Koſtbarſte geflüchtet war. Nur verſilberte
Leuchter und der große Smaragd von Glasfluß waren noch vorhanden.
Schlecht Kloſter! rief Einer, Bettelvolk! und trat mit gewappnetem
Fuß auf den unechten Edelſtein, daß ein mächtiger Sprung hinein-
klirrte. Den Heribald lohnten ſie mit Fauſtſchlägen, daß er betrübt
hinweg ſchlich.

Im Kreuzgang kam ihm der Hunne Snewelin entgegen: Lands-
mann, rief er, ich bin ein alter Weinfuhrmann, ſagt an, wo iſt Euer
Keller? Heribald führte ihn hinab, vergnüglich lachte er, da er den
Haupteingang vermauert ſah, und nickte dem friſch aufgetragenen Kalk
vertraulich zu, als wiſſe er ſein Geheimniß. Der Mann von Ellwan-
gen prüfte nicht lang, er ſchnitt die Siegel von dem einen Faß, ſtach
den Hahnen drein und ſchöpfte ſeinen Helm voll. Es war ein langer, langer
Zug, den er that. O Hahnenkamm und Heidenheim! ſprach er, ſich
ſchüttelnd wie ein Fieberkranker, von wegen dem Getränk hätt' ich
nicht unter die Hunnen zu gehen brauchen! — Er hieß die Gefährten
die Fäſſer hinaufſchleppen, aber beſorgt trat Heribald vor und zupfte
einen der Plünderer am Gewand: Erlaube, guter Mann, ſprach er
mit wehmüthigem Ausdruck, was ſoll ich denn trinken, wenn Ihr wie-
der abgezogen ſeid?!175)

Lachend erklärte Snewelin des Mönchs Beſorgniß den Andern.
Der Narr muß auch was haben! ſprachen ſie und legten ihm das
kleinſte von den drei Fäſſern unangetaſtet zurück; er aber ward ge-
rührt ob ſolcher Rückſicht und ſchüttelte ihnen die Hände.

Droben im Hofe hub ſich ein wilder Lärm; etliche hatten die Kirche
durchſucht, auch eine Grabplatte aufgehoben, da ſchaute ein verwitterter
Schädel aus dunkler Kutte zu ihnen empor: das ſchreckte ſelbſt die
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[173/0195] als Beute vorgeworfen wird, hier zerrt Einer am haltenden Strick, dort bellt ein Anderer laut vor Ungeduld: ſo ſtanden ſie vor dem Kloſter. Jetzt gab Ellak das Zeichen, daß die Plünderung beginnen möge. In wildem Ungeſtüm ſtürmten ſie durcheinand, die Gänge entlang, die Stufen hinauf, in die Kirche hinein. Verworren Geſchrei erſcholl von vermeintlichem Fund und getäuſchter Hoffnung; die Zellen der Brüder wurden durchſucht, nur ſpärlicher Haushalt war drinnen. Zeig' uns die Schatzkammer! ſprachen ſie zu Heribald. Der that's gern, er wußte, daß das Koſtbarſte geflüchtet war. Nur verſilberte Leuchter und der große Smaragd von Glasfluß waren noch vorhanden. Schlecht Kloſter! rief Einer, Bettelvolk! und trat mit gewappnetem Fuß auf den unechten Edelſtein, daß ein mächtiger Sprung hinein- klirrte. Den Heribald lohnten ſie mit Fauſtſchlägen, daß er betrübt hinweg ſchlich. Im Kreuzgang kam ihm der Hunne Snewelin entgegen: Lands- mann, rief er, ich bin ein alter Weinfuhrmann, ſagt an, wo iſt Euer Keller? Heribald führte ihn hinab, vergnüglich lachte er, da er den Haupteingang vermauert ſah, und nickte dem friſch aufgetragenen Kalk vertraulich zu, als wiſſe er ſein Geheimniß. Der Mann von Ellwan- gen prüfte nicht lang, er ſchnitt die Siegel von dem einen Faß, ſtach den Hahnen drein und ſchöpfte ſeinen Helm voll. Es war ein langer, langer Zug, den er that. O Hahnenkamm und Heidenheim! ſprach er, ſich ſchüttelnd wie ein Fieberkranker, von wegen dem Getränk hätt' ich nicht unter die Hunnen zu gehen brauchen! — Er hieß die Gefährten die Fäſſer hinaufſchleppen, aber beſorgt trat Heribald vor und zupfte einen der Plünderer am Gewand: Erlaube, guter Mann, ſprach er mit wehmüthigem Ausdruck, was ſoll ich denn trinken, wenn Ihr wie- der abgezogen ſeid?! ¹⁷⁵⁾ Lachend erklärte Snewelin des Mönchs Beſorgniß den Andern. Der Narr muß auch was haben! ſprachen ſie und legten ihm das kleinſte von den drei Fäſſern unangetaſtet zurück; er aber ward ge- rührt ob ſolcher Rückſicht und ſchüttelte ihnen die Hände. Droben im Hofe hub ſich ein wilder Lärm; etliche hatten die Kirche durchſucht, auch eine Grabplatte aufgehoben, da ſchaute ein verwitterter Schädel aus dunkler Kutte zu ihnen empor: das ſchreckte ſelbſt die Hunnen zurück. Zwei von den Geſellen ſtiegen auf den Kirchthurm,

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/195>, abgerufen am 21.11.2024.