brennt es beim Nachbar Ucalegon! So muß auch ich mein Haus be- stellen. Heraus itzt, alte Cambutta!!179)
Die Cambutta war keine dienende Magd, sondern ein nach irischer Weise zugeschnittener Keulenstock, Moengals liebstes Handgewaffen.
Er verpackte Meßkelch und Ciborium in die rehfellene Jagdtasche; weiter war an Gold und Geld nichts vorräthig. Dann versammelte er seine Jagdhunde, den zur Reiherbeize geübten Habicht und die zwei Falken; was seine Vorrathkammer an Fleisch und Fischen bot, warf er ihnen vor: Freßt euch satt, Kinder! daß nichts für die gottver- fluchten Landplagen übrig bleibt!
Das Faß im Keller schlug er entzwei, daß der funkelnde Wein herausströmte: nicht einen Tropfen Seeweins sollen die Teufel in Moengal's Pfarrhaus zu schlucken bekommen! Nur den Essig im Krug ließ er unversehrt stehen.
Ueber die krystallhelle Butter in der Holztonne schüttete er eine Schicht Asche. Angelhacken und Jagdgeräth vergrub er, dann schlug er die Fenster ein und streute die spitzen Glasscherben sorglich durch die Gemächer, andere steckte er zwischen die Spalten der Dielen, -- die Spitze nach oben -- Alles den Hunnen zu Ehren. Habicht und Falken ließ er hinausfliegen: Lebt wohl, rief er, und haltet euch gut in der Nähe, bald gibt's todte Heiden zu benagen!
So war das Haus bestellt. Die Tasche umgeworfen, eine lederne hibernische Feldflasche drüber, zwei Spieße in der Faust, die Keule Cambutta auf den Rücken geschnallt: so schritt Moengal der Alte aus seinem langjährigen Pfarrsitz, ein rechtschaffener Streiter des Herrn.
Ein Stück Weges hatte er zurückgelegt: der Himmel war verdüstert von Brand und Rauch. Halt an! sprach er, ich hab' Etwas vergessen!
Er ging wieder zurück: Einen Gruß zum Empfang ist das gelb- gesichtige Gesindel doch werth! Ein Stück Röthel zog er aus seiner Tasche und schrieb damit in irischer Schrift ein paar Worte auf die graue Sandsteinplatte über dem Portal des Pfarrhofs. Gewitterregen hat sie später verwaschen und Niemand hat sie entziffert, aber sicher war's ein inhaltschwerer Spruch, den Moengal der Alte in irischen Runen zurückließ. -- Er schlug einen scharfen Schritt an und wandte sich dem hohen Twiel zu.
brennt es beim Nachbar Ucalegon! So muß auch ich mein Haus be- ſtellen. Heraus itzt, alte Cambutta!!179)
Die Cambutta war keine dienende Magd, ſondern ein nach iriſcher Weiſe zugeſchnittener Keulenſtock, Moengals liebſtes Handgewaffen.
Er verpackte Meßkelch und Ciborium in die rehfellene Jagdtaſche; weiter war an Gold und Geld nichts vorräthig. Dann verſammelte er ſeine Jagdhunde, den zur Reiherbeize geübten Habicht und die zwei Falken; was ſeine Vorrathkammer an Fleiſch und Fiſchen bot, warf er ihnen vor: Freßt euch ſatt, Kinder! daß nichts für die gottver- fluchten Landplagen übrig bleibt!
Das Faß im Keller ſchlug er entzwei, daß der funkelnde Wein herausſtrömte: nicht einen Tropfen Seeweins ſollen die Teufel in Moengal's Pfarrhaus zu ſchlucken bekommen! Nur den Eſſig im Krug ließ er unverſehrt ſtehen.
Ueber die kryſtallhelle Butter in der Holztonne ſchüttete er eine Schicht Aſche. Angelhacken und Jagdgeräth vergrub er, dann ſchlug er die Fenſter ein und ſtreute die ſpitzen Glasſcherben ſorglich durch die Gemächer, andere ſteckte er zwiſchen die Spalten der Dielen, — die Spitze nach oben — Alles den Hunnen zu Ehren. Habicht und Falken ließ er hinausfliegen: Lebt wohl, rief er, und haltet euch gut in der Nähe, bald gibt's todte Heiden zu benagen!
So war das Haus beſtellt. Die Taſche umgeworfen, eine lederne hiberniſche Feldflaſche drüber, zwei Spieße in der Fauſt, die Keule Cambutta auf den Rücken geſchnallt: ſo ſchritt Moengal der Alte aus ſeinem langjährigen Pfarrſitz, ein rechtſchaffener Streiter des Herrn.
Ein Stück Weges hatte er zurückgelegt: der Himmel war verdüſtert von Brand und Rauch. Halt an! ſprach er, ich hab' Etwas vergeſſen!
Er ging wieder zurück: Einen Gruß zum Empfang iſt das gelb- geſichtige Geſindel doch werth! Ein Stück Röthel zog er aus ſeiner Taſche und ſchrieb damit in iriſcher Schrift ein paar Worte auf die graue Sandſteinplatte über dem Portal des Pfarrhofs. Gewitterregen hat ſie ſpäter verwaſchen und Niemand hat ſie entziffert, aber ſicher war's ein inhaltſchwerer Spruch, den Moengal der Alte in iriſchen Runen zurückließ. — Er ſchlug einen ſcharfen Schritt an und wandte ſich dem hohen Twiel zu.
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brennt es beim Nachbar Ucalegon! So muß auch ich mein Haus be-
ſtellen. Heraus itzt, alte Cambutta!!
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Die Cambutta war keine dienende Magd, ſondern ein nach
iriſcher Weiſe zugeſchnittener Keulenſtock, Moengals liebſtes
Handgewaffen.
Er verpackte Meßkelch und Ciborium in die rehfellene Jagdtaſche;
weiter war an Gold und Geld nichts vorräthig. Dann verſammelte
er ſeine Jagdhunde, den zur Reiherbeize geübten Habicht und die zwei
Falken; was ſeine Vorrathkammer an Fleiſch und Fiſchen bot, warf
er ihnen vor: Freßt euch ſatt, Kinder! daß nichts für die gottver-
fluchten Landplagen übrig bleibt!
Das Faß im Keller ſchlug er entzwei, daß der funkelnde Wein
herausſtrömte: nicht einen Tropfen Seeweins ſollen die Teufel in
Moengal's Pfarrhaus zu ſchlucken bekommen! Nur den Eſſig im
Krug ließ er unverſehrt ſtehen.
Ueber die kryſtallhelle Butter in der Holztonne ſchüttete er eine
Schicht Aſche. Angelhacken und Jagdgeräth vergrub er, dann ſchlug
er die Fenſter ein und ſtreute die ſpitzen Glasſcherben ſorglich durch
die Gemächer, andere ſteckte er zwiſchen die Spalten der Dielen, —
die Spitze nach oben — Alles den Hunnen zu Ehren. Habicht und
Falken ließ er hinausfliegen: Lebt wohl, rief er, und haltet euch gut
in der Nähe, bald gibt's todte Heiden zu benagen!
So war das Haus beſtellt. Die Taſche umgeworfen, eine lederne
hiberniſche Feldflaſche drüber, zwei Spieße in der Fauſt, die Keule
Cambutta auf den Rücken geſchnallt: ſo ſchritt Moengal der Alte
aus ſeinem langjährigen Pfarrſitz, ein rechtſchaffener Streiter des Herrn.
Ein Stück Weges hatte er zurückgelegt: der Himmel war verdüſtert
von Brand und Rauch. Halt an! ſprach er, ich hab' Etwas vergeſſen!
Er ging wieder zurück: Einen Gruß zum Empfang iſt das gelb-
geſichtige Geſindel doch werth! Ein Stück Röthel zog er aus ſeiner
Taſche und ſchrieb damit in iriſcher Schrift ein paar Worte auf die
graue Sandſteinplatte über dem Portal des Pfarrhofs. Gewitterregen
hat ſie ſpäter verwaſchen und Niemand hat ſie entziffert, aber ſicher
war's ein inhaltſchwerer Spruch, den Moengal der Alte in iriſchen
Runen zurückließ. — Er ſchlug einen ſcharfen Schritt an und wandte
ſich dem hohen Twiel zu.
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/200>, abgerufen am 21.11.2024.
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