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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Ich würd' Euch verachten, müßt' ich eine andere Antwort hören,
sprach die hohe Frau, -- und Ihr habt wohl vorausgesehen, daß es
nicht nothwendig, Urlaub von mir zu solchem Gang zu erbitten. Auch
an's Abschiednehmen denkt Ihr nicht? fuhr sie mit leis vorwurfs-
vollem Ton fort.

Ekkehard stand verlegen. Es ziehen fürnehmere und bessere Män-
ner heute aus Eurer Burg, sagte er; die Aebte und die Edeln wer-
den um Euch sein, wie konnt' ich an besondern Abschied denken, auch
wenn es ... seine Stimme stockte.

Die Herzogin schaute ihn an. Beide schwiegen.

Ich bring' Euch etwas, das Euch im Kampfe dienlich sein soll,
sprach sie nach einer Weile. Sie trug unter ihrem Mantel ein kost-
bar Schwert in reichem Wehrgehäng, ein milchweißer Achatstein er-
glänzte am Griff. Es ist das Schwert Herrn Burkard's, meines
seligen Gemahls. Von allen Waffenstücken hielt er das am höchsten.
Mit der Klinge lassen sich Felsen spalten, sie splittert nicht, hat er
oft gesagt. Ihr sollt ihm Ehre machen!

Sie reichte ihm die Waffe dar. Ekkehard nahm sie schweigend
hin. Schon trug er den Harnisch unter der Kutte, itzt schnallte er
das Wehrgehäng um und fuhr mit der Rechten nach dem Schwert-
griff, als stünd' ihm bereits der Feind gegenüber.

Und noch Etwas, sprach Frau Hadwig.

An seidener Schnur trug sie ein goldgefaßt Kleinod um den Hals,
das zog sie aus ihrem Busen; es war ein Krystall, der einen un-
scheinbaren Splitter barg. Wenn mein Gebet nicht ausreicht, so
mög' Euch die Reliquie Schutz verleihen. Es ist ein Splitter vom
heiligen Kreuz, das die Kaiserin Helena einst aufgefunden. Wo auch
immer dies Heiligthum sein wird, da wird Friede sich einstellen und
Mehrung des Anwesens und Gesundheit der Luft,180) so stand im
Schreiben, mit dem der griechische Patriarch die Echtheit beglaubigte.
Mög' es auch im Krieg Segen spenden!

Sie neigte sich, dem Mönch das Kleinod umzuhängen. Er beugte
sein Knie; längst hing's um seinen Hals, er kniete noch. Sie streifte
leicht mit der Hand über sein lockig Haar, ein Zug von Milde und
Wehmuth lag über ihrem strengen Antlitz -- Ekkehard hatte vor dem
Namen des heiligen Kreuzes sein Knie gebeugt, itzt war's ihm als

Ich würd' Euch verachten, müßt' ich eine andere Antwort hören,
ſprach die hohe Frau, — und Ihr habt wohl vorausgeſehen, daß es
nicht nothwendig, Urlaub von mir zu ſolchem Gang zu erbitten. Auch
an's Abſchiednehmen denkt Ihr nicht? fuhr ſie mit leis vorwurfs-
vollem Ton fort.

Ekkehard ſtand verlegen. Es ziehen fürnehmere und beſſere Män-
ner heute aus Eurer Burg, ſagte er; die Aebte und die Edeln wer-
den um Euch ſein, wie konnt' ich an beſondern Abſchied denken, auch
wenn es ... ſeine Stimme ſtockte.

Die Herzogin ſchaute ihn an. Beide ſchwiegen.

Ich bring' Euch etwas, das Euch im Kampfe dienlich ſein ſoll,
ſprach ſie nach einer Weile. Sie trug unter ihrem Mantel ein koſt-
bar Schwert in reichem Wehrgehäng, ein milchweißer Achatſtein er-
glänzte am Griff. Es iſt das Schwert Herrn Burkard's, meines
ſeligen Gemahls. Von allen Waffenſtücken hielt er das am höchſten.
Mit der Klinge laſſen ſich Felſen ſpalten, ſie ſplittert nicht, hat er
oft geſagt. Ihr ſollt ihm Ehre machen!

Sie reichte ihm die Waffe dar. Ekkehard nahm ſie ſchweigend
hin. Schon trug er den Harniſch unter der Kutte, itzt ſchnallte er
das Wehrgehäng um und fuhr mit der Rechten nach dem Schwert-
griff, als ſtünd' ihm bereits der Feind gegenüber.

Und noch Etwas, ſprach Frau Hadwig.

An ſeidener Schnur trug ſie ein goldgefaßt Kleinod um den Hals,
das zog ſie aus ihrem Buſen; es war ein Kryſtall, der einen un-
ſcheinbaren Splitter barg. Wenn mein Gebet nicht ausreicht, ſo
mög' Euch die Reliquie Schutz verleihen. Es iſt ein Splitter vom
heiligen Kreuz, das die Kaiſerin Helena einſt aufgefunden. Wo auch
immer dies Heiligthum ſein wird, da wird Friede ſich einſtellen und
Mehrung des Anweſens und Geſundheit der Luft,180) ſo ſtand im
Schreiben, mit dem der griechiſche Patriarch die Echtheit beglaubigte.
Mög' es auch im Krieg Segen ſpenden!

Sie neigte ſich, dem Mönch das Kleinod umzuhängen. Er beugte
ſein Knie; längſt hing's um ſeinen Hals, er kniete noch. Sie ſtreifte
leicht mit der Hand über ſein lockig Haar, ein Zug von Milde und
Wehmuth lag über ihrem ſtrengen Antlitz — Ekkehard hatte vor dem
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[180/0202] Ich würd' Euch verachten, müßt' ich eine andere Antwort hören, ſprach die hohe Frau, — und Ihr habt wohl vorausgeſehen, daß es nicht nothwendig, Urlaub von mir zu ſolchem Gang zu erbitten. Auch an's Abſchiednehmen denkt Ihr nicht? fuhr ſie mit leis vorwurfs- vollem Ton fort. Ekkehard ſtand verlegen. Es ziehen fürnehmere und beſſere Män- ner heute aus Eurer Burg, ſagte er; die Aebte und die Edeln wer- den um Euch ſein, wie konnt' ich an beſondern Abſchied denken, auch wenn es ... ſeine Stimme ſtockte. Die Herzogin ſchaute ihn an. Beide ſchwiegen. Ich bring' Euch etwas, das Euch im Kampfe dienlich ſein ſoll, ſprach ſie nach einer Weile. Sie trug unter ihrem Mantel ein koſt- bar Schwert in reichem Wehrgehäng, ein milchweißer Achatſtein er- glänzte am Griff. Es iſt das Schwert Herrn Burkard's, meines ſeligen Gemahls. Von allen Waffenſtücken hielt er das am höchſten. Mit der Klinge laſſen ſich Felſen ſpalten, ſie ſplittert nicht, hat er oft geſagt. Ihr ſollt ihm Ehre machen! Sie reichte ihm die Waffe dar. Ekkehard nahm ſie ſchweigend hin. Schon trug er den Harniſch unter der Kutte, itzt ſchnallte er das Wehrgehäng um und fuhr mit der Rechten nach dem Schwert- griff, als ſtünd' ihm bereits der Feind gegenüber. Und noch Etwas, ſprach Frau Hadwig. An ſeidener Schnur trug ſie ein goldgefaßt Kleinod um den Hals, das zog ſie aus ihrem Buſen; es war ein Kryſtall, der einen un- ſcheinbaren Splitter barg. Wenn mein Gebet nicht ausreicht, ſo mög' Euch die Reliquie Schutz verleihen. Es iſt ein Splitter vom heiligen Kreuz, das die Kaiſerin Helena einſt aufgefunden. Wo auch immer dies Heiligthum ſein wird, da wird Friede ſich einſtellen und Mehrung des Anweſens und Geſundheit der Luft, ¹⁸⁰⁾ ſo ſtand im Schreiben, mit dem der griechiſche Patriarch die Echtheit beglaubigte. Mög' es auch im Krieg Segen ſpenden! Sie neigte ſich, dem Mönch das Kleinod umzuhängen. Er beugte ſein Knie; längſt hing's um ſeinen Hals, er kniete noch. Sie ſtreifte leicht mit der Hand über ſein lockig Haar, ein Zug von Milde und Wehmuth lag über ihrem ſtrengen Antlitz — Ekkehard hatte vor dem Namen des heiligen Kreuzes ſein Knie gebeugt, itzt war's ihm als

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/202>, abgerufen am 22.11.2024.