viel Rührendes gedacht vom Augenblick des Wiedersehens; das Alles schwand -- die größte Freude jubelt schweigend ihr Lied himmelan. Gib mir eine Schüssel von deiner Suppe, Audifax, sprach sie, mich hungert!
Die Waldfrau ließ es geschehen, daß er ihr eine hölzerne Schüssel aus dem Feldkessel füllte. Das hungrige Kind stärkte sich dran und ward guten Muthes und erschrack nicht über die wilden Gesichter der hunnischen Reiter, die da kamen ihre Abendsuppe zu schöpfen. Nach- her setzte sie sich dicht zu Audifax hin. Er war stumm und zurück- haltend, erst wie es dunkel ward und seine Dräuerin von dannen ging, lösten sich die Fesseln seiner Zunge. O, ich weiß viel, Hadu- moth! sagte er leise, und sah sich scheu um -- ich weiß den Hunnen- schatz! Die Waldfrau hat ihn in Verwahrung, zwei Truhen stehen unter ihrem Lager im Zweighaus; ich hab' selber hineingeschaut, es glänzt drin von Spangen und Vorhängkleinodien und güldenem Ge- schirr. Auch ein silbern Huhn mit Küchlein und Eiern ist dabei, das hat Einer im Lombardenland mitgenommen, und viel Prächtiges sonst ... ich hab's theuer gebüßt, den Schatz zu sehen ...
Er lüftete seinen ledernen Schlapphut. Sein rechtes Ohr war halb abgeschnitten.
... Die Waldfrau kam heim eh' ich die Truhe zuschlagen konnte. Das sei dein Lohn, sprach sie, und zuckte die Scheere wider mein Ohr. 's hat weh gethan, Hadumoth. Aber ich zahl's ihr heim!
Ich helf' dir! sprach die Gefährtin.
Lange noch plauderten die Beiden; der Schlummer floh die Augen der Glücklichen. Der Lärm des Lagers schwieg. Dämmernde Schat- ten waren über das Thal gebreitet. Da sprach Hadumoth: Ich muß immer und immer denken, es sei jene Nacht, wo die Sterne fielen.
Audifax seufzte. Ich gewinn' meinen Schatz doch noch, sprach er; ich weiß es.
Und wieder saßen sie eine Weile, da schreckte Audifax zusammen, Hadumoth spürte das Zittern seiner Hand. -- Ueber dem Rheine, auf dunkelm Berggipfel flammte ein Feuerzeichen auf, es war wie eine Fackel, die ein Mann in kreisendem Bogen schwingt und in die Lüfte hinausschleudert.
Jetzt ist's erloschen! sprach Audifax leis.
D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 14
viel Rührendes gedacht vom Augenblick des Wiederſehens; das Alles ſchwand — die größte Freude jubelt ſchweigend ihr Lied himmelan. Gib mir eine Schüſſel von deiner Suppe, Audifax, ſprach ſie, mich hungert!
Die Waldfrau ließ es geſchehen, daß er ihr eine hölzerne Schüſſel aus dem Feldkeſſel füllte. Das hungrige Kind ſtärkte ſich dran und ward guten Muthes und erſchrack nicht über die wilden Geſichter der hunniſchen Reiter, die da kamen ihre Abendſuppe zu ſchöpfen. Nach- her ſetzte ſie ſich dicht zu Audifax hin. Er war ſtumm und zurück- haltend, erſt wie es dunkel ward und ſeine Dräuerin von dannen ging, lösten ſich die Feſſeln ſeiner Zunge. O, ich weiß viel, Hadu- moth! ſagte er leiſe, und ſah ſich ſcheu um — ich weiß den Hunnen- ſchatz! Die Waldfrau hat ihn in Verwahrung, zwei Truhen ſtehen unter ihrem Lager im Zweighaus; ich hab' ſelber hineingeſchaut, es glänzt drin von Spangen und Vorhängkleinodien und güldenem Ge- ſchirr. Auch ein ſilbern Huhn mit Küchlein und Eiern iſt dabei, das hat Einer im Lombardenland mitgenommen, und viel Prächtiges ſonſt ... ich hab's theuer gebüßt, den Schatz zu ſehen ...
Er lüftete ſeinen ledernen Schlapphut. Sein rechtes Ohr war halb abgeſchnitten.
... Die Waldfrau kam heim eh' ich die Truhe zuſchlagen konnte. Das ſei dein Lohn, ſprach ſie, und zuckte die Scheere wider mein Ohr. 's hat weh gethan, Hadumoth. Aber ich zahl's ihr heim!
Ich helf' dir! ſprach die Gefährtin.
Lange noch plauderten die Beiden; der Schlummer floh die Augen der Glücklichen. Der Lärm des Lagers ſchwieg. Dämmernde Schat- ten waren über das Thal gebreitet. Da ſprach Hadumoth: Ich muß immer und immer denken, es ſei jene Nacht, wo die Sterne fielen.
Audifax ſeufzte. Ich gewinn' meinen Schatz doch noch, ſprach er; ich weiß es.
Und wieder ſaßen ſie eine Weile, da ſchreckte Audifax zuſammen, Hadumoth ſpürte das Zittern ſeiner Hand. — Ueber dem Rheine, auf dunkelm Berggipfel flammte ein Feuerzeichen auf, es war wie eine Fackel, die ein Mann in kreiſendem Bogen ſchwingt und in die Lüfte hinausſchleudert.
Jetzt iſt's erloſchen! ſprach Audifax leis.
D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 14
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ſchwand — die größte Freude jubelt ſchweigend ihr Lied himmelan.
Gib mir eine Schüſſel von deiner Suppe, Audifax, ſprach ſie, mich
hungert!
Die Waldfrau ließ es geſchehen, daß er ihr eine hölzerne Schüſſel
aus dem Feldkeſſel füllte. Das hungrige Kind ſtärkte ſich dran und
ward guten Muthes und erſchrack nicht über die wilden Geſichter der
hunniſchen Reiter, die da kamen ihre Abendſuppe zu ſchöpfen. Nach-
her ſetzte ſie ſich dicht zu Audifax hin. Er war ſtumm und zurück-
haltend, erſt wie es dunkel ward und ſeine Dräuerin von dannen
ging, lösten ſich die Feſſeln ſeiner Zunge. O, ich weiß viel, Hadu-
moth! ſagte er leiſe, und ſah ſich ſcheu um — ich weiß den Hunnen-
ſchatz! Die Waldfrau hat ihn in Verwahrung, zwei Truhen ſtehen
unter ihrem Lager im Zweighaus; ich hab' ſelber hineingeſchaut, es
glänzt drin von Spangen und Vorhängkleinodien und güldenem Ge-
ſchirr. Auch ein ſilbern Huhn mit Küchlein und Eiern iſt dabei, das
hat Einer im Lombardenland mitgenommen, und viel Prächtiges ſonſt ...
ich hab's theuer gebüßt, den Schatz zu ſehen ...
Er lüftete ſeinen ledernen Schlapphut. Sein rechtes Ohr war
halb abgeſchnitten.
... Die Waldfrau kam heim eh' ich die Truhe zuſchlagen konnte.
Das ſei dein Lohn, ſprach ſie, und zuckte die Scheere wider mein Ohr.
's hat weh gethan, Hadumoth. Aber ich zahl's ihr heim!
Ich helf' dir! ſprach die Gefährtin.
Lange noch plauderten die Beiden; der Schlummer floh die Augen
der Glücklichen. Der Lärm des Lagers ſchwieg. Dämmernde Schat-
ten waren über das Thal gebreitet. Da ſprach Hadumoth: Ich muß
immer und immer denken, es ſei jene Nacht, wo die Sterne fielen.
Audifax ſeufzte. Ich gewinn' meinen Schatz doch noch, ſprach er;
ich weiß es.
Und wieder ſaßen ſie eine Weile, da ſchreckte Audifax zuſammen,
Hadumoth ſpürte das Zittern ſeiner Hand. — Ueber dem Rheine, auf
dunkelm Berggipfel flammte ein Feuerzeichen auf, es war wie eine
Fackel, die ein Mann in kreiſendem Bogen ſchwingt und in die Lüfte
hinausſchleudert.
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/231>, abgerufen am 21.05.2024.
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