die Hirtin gesagt, und ich muß ihr den Goldthaler zurückgeben ich hab' den Audifax umsonst bekommen, werd' ich ihr sagen.
Nein, hatte Audifax erwiedert, wir legen vom Hunnengold noch die zwei größten Münzen darauf und bringen ihr die dar: sie möcht' uns gnädig bleiben wie bisher, das sei unser Dank und die Buße in Herzogsschatz, daß ich die Waldfrau erschlagen.
Sie hatten das Gold schon gerüstet.
Jetzt sahen sie die Herzogin bei Ekkehard unter der Tanne stehen. Der tobende Lärm der Mannen unterbrach das landwirthschaftliche Gespräch der Beiden. Praxedis kam gesprungen und kündete die wunderbare Mähr. Jetzt kamen die jungen Flüchtlinge selber, sie führten sich. Vor Frau Hadwig knieten sie nieder. Hadumoth hielt ihren Thaler empor, Audifax zwei große güldene Schaumünzen; er wollte sprechen, die Worte blieben aus ... Da wandte sich Frau Hadwig mit stolzer Anmuth zu den Umstehenden:
Die Narrethei meiner zwei jungen Unterthanen schafft mir Ge- legenheit, ihnen meine Gnade zu beweisen. Seid dessen Zeugen!
Sie brach einen Haselzweig vom Strauch, that einen Schritt vor, schüttelte dem Hirtenknaben und seiner Gefährtin die Münzen aus der Hand, daß sie weit hinüberflogen ins Gras, und berührte beider Scheitel mit dem Zweig: Stehet auf, sprach sie, keine Scheere soll von heut an euer Haupthaar mehr kürzen, als der Burg Hohentwiel eigene Leute seid ihr geknieet, als freigesprochene und freie erhebt euch und behaltet einand so lieb in der Freiheit wie ehbevor!
Es waren die Formen der Freilassung nach salischem Recht.206) Schon der Kaiser Lotharius hatte seiner alten Magd Doda den gül- denen Denar aus der Hand und damit das Joch der Sclaverei vom Nacken geschüttelt. Audifax aber war fränkischer Abstammung, darum hatte sich Frau Hadwig nicht nach ihrem alemannischen Landrecht gerichtet.
Die Beiden standen auf. Sie begriffen, was vorgegangen. Dem Hirtenknaben wollte es schwarz vor den Augen werden, der Traum seiner Jugend, Freiheit, Goldschatz ... Alles Wahrheit geworden, dauernde Wahrheit für jetzt und immerwährendes Immer! ... Er sah Ekkehard's ernstes Antlitz und warf sich mit Hadumoth vor ihm nieder: Vater Ekkehard, rief er, wir danken auch Euch, daß Ihr's wohl mit uns gemeint!
die Hirtin geſagt, und ich muß ihr den Goldthaler zurückgeben ich hab' den Audifax umſonſt bekommen, werd' ich ihr ſagen.
Nein, hatte Audifax erwiedert, wir legen vom Hunnengold noch die zwei größten Münzen darauf und bringen ihr die dar: ſie möcht' uns gnädig bleiben wie bisher, das ſei unſer Dank und die Buße in Herzogsſchatz, daß ich die Waldfrau erſchlagen.
Sie hatten das Gold ſchon gerüſtet.
Jetzt ſahen ſie die Herzogin bei Ekkehard unter der Tanne ſtehen. Der tobende Lärm der Mannen unterbrach das landwirthſchaftliche Geſpräch der Beiden. Praxedis kam geſprungen und kündete die wunderbare Mähr. Jetzt kamen die jungen Flüchtlinge ſelber, ſie führten ſich. Vor Frau Hadwig knieten ſie nieder. Hadumoth hielt ihren Thaler empor, Audifax zwei große güldene Schaumünzen; er wollte ſprechen, die Worte blieben aus ... Da wandte ſich Frau Hadwig mit ſtolzer Anmuth zu den Umſtehenden:
Die Narrethei meiner zwei jungen Unterthanen ſchafft mir Ge- legenheit, ihnen meine Gnade zu beweiſen. Seid deſſen Zeugen!
Sie brach einen Haſelzweig vom Strauch, that einen Schritt vor, ſchüttelte dem Hirtenknaben und ſeiner Gefährtin die Münzen aus der Hand, daß ſie weit hinüberflogen ins Gras, und berührte beider Scheitel mit dem Zweig: Stehet auf, ſprach ſie, keine Scheere ſoll von heut an euer Haupthaar mehr kürzen, als der Burg Hohentwiel eigene Leute ſeid ihr geknieet, als freigeſprochene und freie erhebt euch und behaltet einand ſo lieb in der Freiheit wie ehbevor!
Es waren die Formen der Freilaſſung nach ſaliſchem Recht.206) Schon der Kaiſer Lotharius hatte ſeiner alten Magd Doda den gül- denen Denar aus der Hand und damit das Joch der Sclaverei vom Nacken geſchüttelt. Audifax aber war fränkiſcher Abſtammung, darum hatte ſich Frau Hadwig nicht nach ihrem alemanniſchen Landrecht gerichtet.
Die Beiden ſtanden auf. Sie begriffen, was vorgegangen. Dem Hirtenknaben wollte es ſchwarz vor den Augen werden, der Traum ſeiner Jugend, Freiheit, Goldſchatz ... Alles Wahrheit geworden, dauernde Wahrheit für jetzt und immerwährendes Immer! ... Er ſah Ekkehard's ernſtes Antlitz und warf ſich mit Hadumoth vor ihm nieder: Vater Ekkehard, rief er, wir danken auch Euch, daß Ihr's wohl mit uns gemeint!
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die Hirtin geſagt, und ich muß ihr den Goldthaler zurückgeben ich
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Nein, hatte Audifax erwiedert, wir legen vom Hunnengold noch
die zwei größten Münzen darauf und bringen ihr die dar: ſie möcht'
uns gnädig bleiben wie bisher, das ſei unſer Dank und die Buße in
Herzogsſchatz, daß ich die Waldfrau erſchlagen.
Sie hatten das Gold ſchon gerüſtet.
Jetzt ſahen ſie die Herzogin bei Ekkehard unter der Tanne ſtehen.
Der tobende Lärm der Mannen unterbrach das landwirthſchaftliche
Geſpräch der Beiden. Praxedis kam geſprungen und kündete die
wunderbare Mähr. Jetzt kamen die jungen Flüchtlinge ſelber, ſie
führten ſich. Vor Frau Hadwig knieten ſie nieder. Hadumoth hielt
ihren Thaler empor, Audifax zwei große güldene Schaumünzen; er
wollte ſprechen, die Worte blieben aus ... Da wandte ſich Frau
Hadwig mit ſtolzer Anmuth zu den Umſtehenden:
Die Narrethei meiner zwei jungen Unterthanen ſchafft mir Ge-
legenheit, ihnen meine Gnade zu beweiſen. Seid deſſen Zeugen!
Sie brach einen Haſelzweig vom Strauch, that einen Schritt vor,
ſchüttelte dem Hirtenknaben und ſeiner Gefährtin die Münzen aus
der Hand, daß ſie weit hinüberflogen ins Gras, und berührte beider
Scheitel mit dem Zweig: Stehet auf, ſprach ſie, keine Scheere ſoll
von heut an euer Haupthaar mehr kürzen, als der Burg Hohentwiel
eigene Leute ſeid ihr geknieet, als freigeſprochene und freie erhebt
euch und behaltet einand ſo lieb in der Freiheit wie ehbevor!
Es waren die Formen der Freilaſſung nach ſaliſchem Recht.
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Schon der Kaiſer Lotharius hatte ſeiner alten Magd Doda den gül-
denen Denar aus der Hand und damit das Joch der Sclaverei vom
Nacken geſchüttelt. Audifax aber war fränkiſcher Abſtammung, darum
hatte ſich Frau Hadwig nicht nach ihrem alemanniſchen Landrecht gerichtet.
Die Beiden ſtanden auf. Sie begriffen, was vorgegangen. Dem
Hirtenknaben wollte es ſchwarz vor den Augen werden, der Traum
ſeiner Jugend, Freiheit, Goldſchatz ... Alles Wahrheit geworden,
dauernde Wahrheit für jetzt und immerwährendes Immer! ... Er ſah
Ekkehard's ernſtes Antlitz und warf ſich mit Hadumoth vor ihm nieder:
Vater Ekkehard, rief er, wir danken auch Euch, daß Ihr's wohl mit
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/252>, abgerufen am 05.12.2024.
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