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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Wird's bald? rief einer der Berittenen draußen. Da gebot er
dem Wächter, daß er die Angekommenen nach ihrem Begehr frage.
Romeias that's.

Jetzt ward draußen in's Horn gestoßen, der Kämmerer Spazzo ritt
als Herold an's Thor und rief mit tiefer Stimme:

Die Herzogin und Verweserin des Reichs in Schwabenland entbeut
dem heiligen Gallus ihren Gruß. Schaffet Einlaß!

Der Abt seufzte leise auf. Er stieg auf Romeias Warte; an
seinen Stab gelehnt gab er denen vor dem Thor den Segen und
sprach:

Im Namen des heiligen Gallus dankt der Unwürdigste seiner
Jünger für den erlauchten Gruß. Aber sein Kloster ist keine Arche,
drin jegliche Gattung von Lebendigem, Reines und Unreines, Männ-
lein und Weiblein Eingang findet. Darum -- ob auch das Herz von
Betrübniß erfüllt wird, ist Einlaß schaffen ein unmöglich Ding. Der
Abt muß am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen über die seiner
Hut vertrauten Seelen. Die Nähe einer Frau, und wär' sie auch die
erlauchteste im Lande, und der hinfällige Scherz der Kinder dieser
Welt wär' allzu große Versuchung für die, so zuerst nach dem Reich
Gottes und seiner Gerechtigkeit trachten müssen. Beschweret das Ge-
wissen des Hirten nicht, der um seine Lämmer Sorge trägt. Cano-
nische Satzung sperrt das Thor.

Die gnädige Herzogin wird in Trogen oder Rorschach des Klosters
Villa zu ihrer Verfügung finden ...

Frau Hadwig saß schon lange ungeduldig im Sattel; jetzt schlug
sie mit der Reitgerte ihren weißen Zelter, daß er sich mäßig bäumte,
und rief lachenden Mundes:

Spart die Umschweife, Vetter Cralo, ich will das Kloster sehen!

Wehmüthig hub der Abt an: Wehe dem, durch welchen Aergerniß
in die Welt kommt. Ihm wäre heilsamer, daß an seinem Hals ein
Mühlstein ...

Aber seine Warnung kam nicht zu Ende. Frau Hadwig änderte
den Ton ihrer Stimme: Herr Abt, die Herzogin in Schwaben muß
das Kloster sehen! sprach sie scharf.

Da ward es dem Schwergeprüften klar, daß weiterer Widerspruch
kaum möglich ohne große Gefahr für des Gotteshauses Zukunft.

Wird's bald? rief einer der Berittenen draußen. Da gebot er
dem Wächter, daß er die Angekommenen nach ihrem Begehr frage.
Romeias that's.

Jetzt ward draußen in's Horn geſtoßen, der Kämmerer Spazzo ritt
als Herold an's Thor und rief mit tiefer Stimme:

Die Herzogin und Verweſerin des Reichs in Schwabenland entbeut
dem heiligen Gallus ihren Gruß. Schaffet Einlaß!

Der Abt ſeufzte leiſe auf. Er ſtieg auf Romeias Warte; an
ſeinen Stab gelehnt gab er denen vor dem Thor den Segen und
ſprach:

Im Namen des heiligen Gallus dankt der Unwürdigſte ſeiner
Jünger für den erlauchten Gruß. Aber ſein Kloſter iſt keine Arche,
drin jegliche Gattung von Lebendigem, Reines und Unreines, Männ-
lein und Weiblein Eingang findet. Darum — ob auch das Herz von
Betrübniß erfüllt wird, iſt Einlaß ſchaffen ein unmöglich Ding. Der
Abt muß am Tag des Gerichts Rechenſchaft ablegen über die ſeiner
Hut vertrauten Seelen. Die Nähe einer Frau, und wär' ſie auch die
erlauchteſte im Lande, und der hinfällige Scherz der Kinder dieſer
Welt wär' allzu große Verſuchung für die, ſo zuerſt nach dem Reich
Gottes und ſeiner Gerechtigkeit trachten müſſen. Beſchweret das Ge-
wiſſen des Hirten nicht, der um ſeine Lämmer Sorge trägt. Cano-
niſche Satzung ſperrt das Thor.

Die gnädige Herzogin wird in Trogen oder Rorſchach des Kloſters
Villa zu ihrer Verfügung finden ...

Frau Hadwig ſaß ſchon lange ungeduldig im Sattel; jetzt ſchlug
ſie mit der Reitgerte ihren weißen Zelter, daß er ſich mäßig bäumte,
und rief lachenden Mundes:

Spart die Umſchweife, Vetter Cralo, ich will das Kloſter ſehen!

Wehmüthig hub der Abt an: Wehe dem, durch welchen Aergerniß
in die Welt kommt. Ihm wäre heilſamer, daß an ſeinem Hals ein
Mühlſtein ...

Aber ſeine Warnung kam nicht zu Ende. Frau Hadwig änderte
den Ton ihrer Stimme: Herr Abt, die Herzogin in Schwaben muß
das Kloſter ſehen! ſprach ſie ſcharf.

Da ward es dem Schwergeprüften klar, daß weiterer Widerſpruch
kaum möglich ohne große Gefahr für des Gotteshauſes Zukunft.

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[14/0036] Wird's bald? rief einer der Berittenen draußen. Da gebot er dem Wächter, daß er die Angekommenen nach ihrem Begehr frage. Romeias that's. Jetzt ward draußen in's Horn geſtoßen, der Kämmerer Spazzo ritt als Herold an's Thor und rief mit tiefer Stimme: Die Herzogin und Verweſerin des Reichs in Schwabenland entbeut dem heiligen Gallus ihren Gruß. Schaffet Einlaß! Der Abt ſeufzte leiſe auf. Er ſtieg auf Romeias Warte; an ſeinen Stab gelehnt gab er denen vor dem Thor den Segen und ſprach: Im Namen des heiligen Gallus dankt der Unwürdigſte ſeiner Jünger für den erlauchten Gruß. Aber ſein Kloſter iſt keine Arche, drin jegliche Gattung von Lebendigem, Reines und Unreines, Männ- lein und Weiblein Eingang findet. Darum — ob auch das Herz von Betrübniß erfüllt wird, iſt Einlaß ſchaffen ein unmöglich Ding. Der Abt muß am Tag des Gerichts Rechenſchaft ablegen über die ſeiner Hut vertrauten Seelen. Die Nähe einer Frau, und wär' ſie auch die erlauchteſte im Lande, und der hinfällige Scherz der Kinder dieſer Welt wär' allzu große Verſuchung für die, ſo zuerſt nach dem Reich Gottes und ſeiner Gerechtigkeit trachten müſſen. Beſchweret das Ge- wiſſen des Hirten nicht, der um ſeine Lämmer Sorge trägt. Cano- niſche Satzung ſperrt das Thor. Die gnädige Herzogin wird in Trogen oder Rorſchach des Kloſters Villa zu ihrer Verfügung finden ... Frau Hadwig ſaß ſchon lange ungeduldig im Sattel; jetzt ſchlug ſie mit der Reitgerte ihren weißen Zelter, daß er ſich mäßig bäumte, und rief lachenden Mundes: Spart die Umſchweife, Vetter Cralo, ich will das Kloſter ſehen! Wehmüthig hub der Abt an: Wehe dem, durch welchen Aergerniß in die Welt kommt. Ihm wäre heilſamer, daß an ſeinem Hals ein Mühlſtein ... Aber ſeine Warnung kam nicht zu Ende. Frau Hadwig änderte den Ton ihrer Stimme: Herr Abt, die Herzogin in Schwaben muß das Kloſter ſehen! ſprach ſie ſcharf. Da ward es dem Schwergeprüften klar, daß weiterer Widerſpruch kaum möglich ohne große Gefahr für des Gotteshauſes Zukunft.

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/36>, abgerufen am 21.11.2024.