... Und Alle sind längst Staub und Asche, die Jahrhunderte sind in raschem Flug über die Stätten weggebraust, wo ihre Ge- schicke sich abspannen, und neue Geschichten haben die alten in Ver- gessenheit gebracht.
Der hohe Twiel hat noch Vieles erleben müssen in Kriegs- und Friedensläuften; zu manch einem tapferen Reiterstücklein ward aus seinen Thoren geritten und manch ein gefangener Mann trauerte in seinen Gewölben, bis auch der stolzen Feste ihr Stündlein schlug und an einem schönen Maientag der Berg in seinem Innersten zusam- menschütterte und von Feindeshand gesprengt Thurm und Mauer in die Lüfte flog.
Jetzo ist's still auf jenem Gipfel, die Ziegen weiden friedlich unter den riesigen Trümmerstücken, -- aber über dem glänzenden Bodensee grüßt der Säntis aus blauer Ferne so anmuthig und groß herüber wie vor viel hundert Jahren, und es ist immer noch ein ver- gnüglich Geschäft, in's schwellende Gras gelagert eine Umschau zu halten über das weite Land.
Und der dies Büchlein niedergeschrieben, ist selber manch einen guten Frühlingsabend droben gesessen, ein einsamer fremder Gast, und die Krähen und Dohlen flatterten höhnisch um ihn herum als wollten sie ihn verspotten, daß er so allein sei, und haben nicht ge- merkt, daß eine bunte und ehrenwerthe Gesellschaft um ihn versam- melt war, denn in den Trümmern des Gemäuers standen die Ge- stalten, die der Leser im Verlauf unserer Geschichte kennen gelernt, und erzählten ihm Alles, wie es sich zugetragen, haarscharf und ge- nau, und winkten ihm freundlich, daß er's aufzeichne und ihnen zu neuem Dasein verhelfe im Gedächtniß einer spätlebenden eisenbahn- durchsausten Gegenwart.
Und wenn es ihm gelungen ist, auch dir, vieltheurer Leser, der du geduldig ausgehalten bis hieher, ein anschaulich Bild zu entwerfen von jener fernen abgeklungenen Zeit, so ist er für seine Mühe und einiges Kopfweh reichlich entschädigt. Gehab' dich wohl und bleib' ihm fürder gewogen!
... Und Alle ſind längſt Staub und Aſche, die Jahrhunderte ſind in raſchem Flug über die Stätten weggebraust, wo ihre Ge- ſchicke ſich abſpannen, und neue Geſchichten haben die alten in Ver- geſſenheit gebracht.
Der hohe Twiel hat noch Vieles erleben müſſen in Kriegs- und Friedensläuften; zu manch einem tapferen Reiterſtücklein ward aus ſeinen Thoren geritten und manch ein gefangener Mann trauerte in ſeinen Gewölben, bis auch der ſtolzen Feſte ihr Stündlein ſchlug und an einem ſchönen Maientag der Berg in ſeinem Innerſten zuſam- menſchütterte und von Feindeshand geſprengt Thurm und Mauer in die Lüfte flog.
Jetzo iſt's ſtill auf jenem Gipfel, die Ziegen weiden friedlich unter den rieſigen Trümmerſtücken, — aber über dem glänzenden Bodenſee grüßt der Säntis aus blauer Ferne ſo anmuthig und groß herüber wie vor viel hundert Jahren, und es iſt immer noch ein ver- gnüglich Geſchäft, in's ſchwellende Gras gelagert eine Umſchau zu halten über das weite Land.
Und der dies Büchlein niedergeſchrieben, iſt ſelber manch einen guten Frühlingsabend droben geſeſſen, ein einſamer fremder Gaſt, und die Krähen und Dohlen flatterten höhniſch um ihn herum als wollten ſie ihn verſpotten, daß er ſo allein ſei, und haben nicht ge- merkt, daß eine bunte und ehrenwerthe Geſellſchaft um ihn verſam- melt war, denn in den Trümmern des Gemäuers ſtanden die Ge- ſtalten, die der Leſer im Verlauf unſerer Geſchichte kennen gelernt, und erzählten ihm Alles, wie es ſich zugetragen, haarſcharf und ge- nau, und winkten ihm freundlich, daß er's aufzeichne und ihnen zu neuem Daſein verhelfe im Gedächtniß einer ſpätlebenden eiſenbahn- durchſausten Gegenwart.
Und wenn es ihm gelungen iſt, auch dir, vieltheurer Leſer, der du geduldig ausgehalten bis hieher, ein anſchaulich Bild zu entwerfen von jener fernen abgeklungenen Zeit, ſo iſt er für ſeine Mühe und einiges Kopfweh reichlich entſchädigt. Gehab' dich wohl und bleib' ihm fürder gewogen!
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... Und Alle ſind längſt Staub und Aſche, die Jahrhunderte
ſind in raſchem Flug über die Stätten weggebraust, wo ihre Ge-
ſchicke ſich abſpannen, und neue Geſchichten haben die alten in Ver-
geſſenheit gebracht.
Der hohe Twiel hat noch Vieles erleben müſſen in Kriegs- und
Friedensläuften; zu manch einem tapferen Reiterſtücklein ward aus
ſeinen Thoren geritten und manch ein gefangener Mann trauerte in
ſeinen Gewölben, bis auch der ſtolzen Feſte ihr Stündlein ſchlug und
an einem ſchönen Maientag der Berg in ſeinem Innerſten zuſam-
menſchütterte und von Feindeshand geſprengt Thurm und Mauer
in die Lüfte flog.
Jetzo iſt's ſtill auf jenem Gipfel, die Ziegen weiden friedlich
unter den rieſigen Trümmerſtücken, — aber über dem glänzenden
Bodenſee grüßt der Säntis aus blauer Ferne ſo anmuthig und groß
herüber wie vor viel hundert Jahren, und es iſt immer noch ein ver-
gnüglich Geſchäft, in's ſchwellende Gras gelagert eine Umſchau zu
halten über das weite Land.
Und der dies Büchlein niedergeſchrieben, iſt ſelber manch einen
guten Frühlingsabend droben geſeſſen, ein einſamer fremder Gaſt,
und die Krähen und Dohlen flatterten höhniſch um ihn herum als
wollten ſie ihn verſpotten, daß er ſo allein ſei, und haben nicht ge-
merkt, daß eine bunte und ehrenwerthe Geſellſchaft um ihn verſam-
melt war, denn in den Trümmern des Gemäuers ſtanden die Ge-
ſtalten, die der Leſer im Verlauf unſerer Geſchichte kennen gelernt,
und erzählten ihm Alles, wie es ſich zugetragen, haarſcharf und ge-
nau, und winkten ihm freundlich, daß er's aufzeichne und ihnen zu
neuem Daſein verhelfe im Gedächtniß einer ſpätlebenden eiſenbahn-
durchſausten Gegenwart.
Und wenn es ihm gelungen iſt, auch dir, vieltheurer Leſer, der
du geduldig ausgehalten bis hieher, ein anſchaulich Bild zu entwerfen
von jener fernen abgeklungenen Zeit, ſo iſt er für ſeine Mühe und
einiges Kopfweh reichlich entſchädigt. Gehab' dich wohl und bleib' ihm
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/432>, abgerufen am 22.11.2024.
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