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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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len lassen, wogegen Neumann seinem Vor-
satz, ein Freybatallionist zu werden, treu
blieb. So kurz indessen auch mein Aufent-
halt in Berlin war, so ermangelten doch nicht
ein Paar Männer von äußerlich sehr mora-
lischem Betragen, mich in ein Paar Häuser
zu führen, die zur Oppositionsparthey aller
Sittlichkeit gehörten. So galant es übri-
gens in diesen aussah, und so schöne Figu-
ren sich da preiß gaben, so faßt ich doch bey
diesen meinen ersten Besuchen einen solchen
Widerwillen gegen solche Etablissements,
daß ich mein ganzes Leben durch keins wei-
ter betreten habe, wie mir denn auch die
Quasilegitimation, die ihnen durch die be-
sondre Polizeyaufsicht ertheilt wird, immer
anstößig bleibt und sie nur zahlreicher und
gefährlicher zu machen scheint. Auch brachte
man mich in eine Loge, wo es mir höchst --
wenigstens indiseret vorkam, daß der be-
sternte Meister vom Stuhl es nicht fühlte,
wie unschicklich es sey, an den Margraf
Carl, der, glaub ich, Ordensgroßmeister war,
damals aber ein beträchtliches Corps in
Sachsen commandirte, emphatische Briefe
über höchst unwichtige Dinge zu schreiben.

len laſſen, wogegen Neumann ſeinem Vor-
ſatz, ein Freybatallioniſt zu werden, treu
blieb. So kurz indeſſen auch mein Aufent-
halt in Berlin war, ſo ermangelten doch nicht
ein Paar Maͤnner von aͤußerlich ſehr mora-
liſchem Betragen, mich in ein Paar Haͤuſer
zu fuͤhren, die zur Oppoſitionsparthey aller
Sittlichkeit gehoͤrten. So galant es uͤbri-
gens in dieſen ausſah, und ſo ſchoͤne Figu-
ren ſich da preiß gaben, ſo faßt ich doch bey
dieſen meinen erſten Beſuchen einen ſolchen
Widerwillen gegen ſolche Etabliſſements,
daß ich mein ganzes Leben durch keins wei-
ter betreten habe, wie mir denn auch die
Quaſilegitimation, die ihnen durch die be-
ſondre Polizeyaufſicht ertheilt wird, immer
anſtoͤßig bleibt und ſie nur zahlreicher und
gefaͤhrlicher zu machen ſcheint. Auch brachte
man mich in eine Loge, wo es mir hoͤchſt —
wenigſtens indiseret vorkam, daß der be-
ſternte Meiſter vom Stuhl es nicht fuͤhlte,
wie unſchicklich es ſey, an den Margraf
Carl, der, glaub ich, Ordensgroßmeiſter war,
damals aber ein betraͤchtliches Corps in
Sachſen commandirte, emphatiſche Briefe
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[85/0102] len laſſen, wogegen Neumann ſeinem Vor- ſatz, ein Freybatallioniſt zu werden, treu blieb. So kurz indeſſen auch mein Aufent- halt in Berlin war, ſo ermangelten doch nicht ein Paar Maͤnner von aͤußerlich ſehr mora- liſchem Betragen, mich in ein Paar Haͤuſer zu fuͤhren, die zur Oppoſitionsparthey aller Sittlichkeit gehoͤrten. So galant es uͤbri- gens in dieſen ausſah, und ſo ſchoͤne Figu- ren ſich da preiß gaben, ſo faßt ich doch bey dieſen meinen erſten Beſuchen einen ſolchen Widerwillen gegen ſolche Etabliſſements, daß ich mein ganzes Leben durch keins wei- ter betreten habe, wie mir denn auch die Quaſilegitimation, die ihnen durch die be- ſondre Polizeyaufſicht ertheilt wird, immer anſtoͤßig bleibt und ſie nur zahlreicher und gefaͤhrlicher zu machen ſcheint. Auch brachte man mich in eine Loge, wo es mir hoͤchſt — wenigſtens indiseret vorkam, daß der be- ſternte Meiſter vom Stuhl es nicht fuͤhlte, wie unſchicklich es ſey, an den Margraf Carl, der, glaub ich, Ordensgroßmeiſter war, damals aber ein betraͤchtliches Corps in Sachſen commandirte, emphatiſche Briefe uͤber hoͤchſt unwichtige Dinge zu ſchreiben.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/102>, abgerufen am 19.05.2024.