Der verstorbene Oberpräsident von D. schien hierüber meiner Meinung zu seyn, wenig- stens legte er von seiner Diensteinnahme nichts bey, noch verwandt' er es auf Pracht- hausgeräthschaften. Auch hat der Staats- minister von Zedlitz dieses Hausmittel nicht unbenutzt gelassen.
Was mich in meinem Dienstentsagungs- vorsatz sehr bestärkte und seine Ausführung beschleunigte war fünftens folgender Um- stand.
Die Kammer, die für ihre und die Ju- stitzofficianten in dem kleinen und noch mit einer Dragonerschwadron bequartierten Ma- rien werder nicht das allernothwendigste Un- terkommen schaffen konnte, bat den König, die Garnifon in eine andre nah gelegene Stadt zu verlegen, der eine militairische Bevölkerung nicht lästig, sondern eher vor- theilhaft gewesen wäre. Es erschien darauf eine abschlägige Kabinetsordre, der der König eine äußerst harte, ungerechte und ehrbeleidi- gende Nachschrift eigenhändig beygefügt hatte. Der Kammerdirektor ließ selbige sofort unter den Räthen umlaufen, um den Tag darauf desto reiflicher etwas beschließen zu können. Als das Votiren an mich kam, las ich dem Col-
Der verſtorbene Oberpraͤſident von D. ſchien hieruͤber meiner Meinung zu ſeyn, wenig- ſtens legte er von ſeiner Dienſteinnahme nichts bey, noch verwandt’ er es auf Pracht- hausgeraͤthſchaften. Auch hat der Staats- miniſter von Zedlitz dieſes Hausmittel nicht unbenutzt gelaſſen.
Was mich in meinem Dienſtentſagungs- vorſatz ſehr beſtaͤrkte und ſeine Ausfuͤhrung beſchleunigte war fuͤnftens folgender Um- ſtand.
Die Kammer, die fuͤr ihre und die Ju- ſtitzofficianten in dem kleinen und noch mit einer Dragonerſchwadron bequartierten Ma- rien werder nicht das allernothwendigſte Un- terkommen ſchaffen konnte, bat den Koͤnig, die Garnifon in eine andre nah gelegene Stadt zu verlegen, der eine militairiſche Bevoͤlkerung nicht laͤſtig, ſondern eher vor- theilhaft geweſen waͤre. Es erſchien darauf eine abſchlaͤgige Kabinetsordre, der der Koͤnig eine aͤußerſt harte, ungerechte und ehrbeleidi- gende Nachſchrift eigenhaͤndig beygefuͤgt hatte. Der Kammerdirektor ließ ſelbige ſofort unter den Raͤthen umlaufen, um den Tag darauf deſto reiflicher etwas beſchließen zu koͤnnen. Als das Votiren an mich kam, las ich dem Col-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0173"n="156"/>
Der verſtorbene Oberpraͤſident von D. ſchien<lb/>
hieruͤber meiner Meinung zu ſeyn, wenig-<lb/>ſtens legte er von ſeiner Dienſteinnahme<lb/>
nichts bey, noch verwandt’ er es auf Pracht-<lb/>
hausgeraͤthſchaften. Auch hat der Staats-<lb/>
miniſter von Zedlitz dieſes Hausmittel nicht<lb/>
unbenutzt gelaſſen.</p><lb/><p>Was mich in meinem Dienſtentſagungs-<lb/>
vorſatz ſehr beſtaͤrkte und ſeine Ausfuͤhrung<lb/>
beſchleunigte war fuͤnftens folgender Um-<lb/>ſtand.</p><lb/><p>Die Kammer, die fuͤr ihre und die Ju-<lb/>ſtitzofficianten in dem kleinen und noch mit<lb/>
einer Dragonerſchwadron bequartierten Ma-<lb/>
rien werder nicht das allernothwendigſte Un-<lb/>
terkommen ſchaffen konnte, bat den Koͤnig,<lb/>
die Garnifon in eine andre nah gelegene<lb/>
Stadt zu verlegen, der eine militairiſche<lb/>
Bevoͤlkerung nicht laͤſtig, ſondern eher vor-<lb/>
theilhaft geweſen waͤre. Es erſchien darauf<lb/>
eine abſchlaͤgige Kabinetsordre, der der Koͤnig<lb/>
eine aͤußerſt harte, ungerechte und ehrbeleidi-<lb/>
gende Nachſchrift eigenhaͤndig beygefuͤgt hatte.<lb/>
Der Kammerdirektor ließ ſelbige ſofort unter<lb/>
den Raͤthen umlaufen, um den Tag darauf deſto<lb/>
reiflicher etwas beſchließen zu koͤnnen. Als<lb/>
das Votiren an mich kam, las ich dem Col-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[156/0173]
Der verſtorbene Oberpraͤſident von D. ſchien
hieruͤber meiner Meinung zu ſeyn, wenig-
ſtens legte er von ſeiner Dienſteinnahme
nichts bey, noch verwandt’ er es auf Pracht-
hausgeraͤthſchaften. Auch hat der Staats-
miniſter von Zedlitz dieſes Hausmittel nicht
unbenutzt gelaſſen.
Was mich in meinem Dienſtentſagungs-
vorſatz ſehr beſtaͤrkte und ſeine Ausfuͤhrung
beſchleunigte war fuͤnftens folgender Um-
ſtand.
Die Kammer, die fuͤr ihre und die Ju-
ſtitzofficianten in dem kleinen und noch mit
einer Dragonerſchwadron bequartierten Ma-
rien werder nicht das allernothwendigſte Un-
terkommen ſchaffen konnte, bat den Koͤnig,
die Garnifon in eine andre nah gelegene
Stadt zu verlegen, der eine militairiſche
Bevoͤlkerung nicht laͤſtig, ſondern eher vor-
theilhaft geweſen waͤre. Es erſchien darauf
eine abſchlaͤgige Kabinetsordre, der der Koͤnig
eine aͤußerſt harte, ungerechte und ehrbeleidi-
gende Nachſchrift eigenhaͤndig beygefuͤgt hatte.
Der Kammerdirektor ließ ſelbige ſofort unter
den Raͤthen umlaufen, um den Tag darauf deſto
reiflicher etwas beſchließen zu koͤnnen. Als
das Votiren an mich kam, las ich dem Col-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/173>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.