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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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rechtes werden, wenn nicht auf die Erzie-
hung und Belehrung der Mädchen ernstli-
cher gehalten, und mit ihrer Ausbildung
der wahre Anfang der beabsichtigten Besse-
rung des Menschengeschlechts gemacht wird?*)
Dieser Meinung war ich lange vor meiner
nähern Bekanntschaft mit Pestalozzi, und
bin durch die Aeußerungen, die dieser Co-
lumbus, der das schwankende Erziehungsey
zum Stehen brachte, in seinen Schriften
bekannt gemacht hat, noch mehr darin be-
stätiget. Unter der vorigen Behandlung des
Schulwesens hatten die, nicht zuerst nach der
Einfalt des Reichs Gottes trachtenden und
das Zufallen der Kunstaccidenzien geduldig
abwartenden Oberconsistorialräthe und Schul-
herren so viel Materialien zusammen suchen
und schreiben lassen, daß deren Unzählbar-
keit sie hindern mußte, zum Einen, das Noth
that, zur Anwendung, zu kommen. Es
wurden durch den geistlichen Minister von
Massow, ob er gleich selbst ein vernünfti-

*) Die seitdem in manchen Städten angelegten Mäd-
chenschulen zeugen, daß man jetzt nicht mehr wie
sonst diese weibliche bessere Unterrichtsbesorgung
für überflüßig hält -- möchte man doch aber auch
hier das ne quid nimis nicht unbefolgt lassen.

rechtes werden, wenn nicht auf die Erzie-
hung und Belehrung der Maͤdchen ernſtli-
cher gehalten, und mit ihrer Ausbildung
der wahre Anfang der beabſichtigten Beſſe-
rung des Menſchengeſchlechts gemacht wird?*)
Dieſer Meinung war ich lange vor meiner
naͤhern Bekanntſchaft mit Peſtalozzi, und
bin durch die Aeußerungen, die dieſer Co-
lumbus, der das ſchwankende Erziehungsey
zum Stehen brachte, in ſeinen Schriften
bekannt gemacht hat, noch mehr darin be-
ſtaͤtiget. Unter der vorigen Behandlung des
Schulweſens hatten die, nicht zuerſt nach der
Einfalt des Reichs Gottes trachtenden und
das Zufallen der Kunſtaccidenzien geduldig
abwartenden Oberconſiſtorialraͤthe und Schul-
herren ſo viel Materialien zuſammen ſuchen
und ſchreiben laſſen, daß deren Unzaͤhlbar-
keit ſie hindern mußte, zum Einen, das Noth
that, zur Anwendung, zu kommen. Es
wurden durch den geiſtlichen Miniſter von
Maſſow, ob er gleich ſelbſt ein vernuͤnfti-

*) Die ſeitdem in manchen Staͤdten angelegten Maͤd-
chenſchulen zeugen, daß man jetzt nicht mehr wie
ſonſt dieſe weibliche beſſere Unterrichtsbeſorgung
fuͤr uͤberfluͤßig haͤlt — moͤchte man doch aber auch
hier das ne quid nimis nicht unbefolgt laſſen.
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[242/0259] rechtes werden, wenn nicht auf die Erzie- hung und Belehrung der Maͤdchen ernſtli- cher gehalten, und mit ihrer Ausbildung der wahre Anfang der beabſichtigten Beſſe- rung des Menſchengeſchlechts gemacht wird? *) Dieſer Meinung war ich lange vor meiner naͤhern Bekanntſchaft mit Peſtalozzi, und bin durch die Aeußerungen, die dieſer Co- lumbus, der das ſchwankende Erziehungsey zum Stehen brachte, in ſeinen Schriften bekannt gemacht hat, noch mehr darin be- ſtaͤtiget. Unter der vorigen Behandlung des Schulweſens hatten die, nicht zuerſt nach der Einfalt des Reichs Gottes trachtenden und das Zufallen der Kunſtaccidenzien geduldig abwartenden Oberconſiſtorialraͤthe und Schul- herren ſo viel Materialien zuſammen ſuchen und ſchreiben laſſen, daß deren Unzaͤhlbar- keit ſie hindern mußte, zum Einen, das Noth that, zur Anwendung, zu kommen. Es wurden durch den geiſtlichen Miniſter von Maſſow, ob er gleich ſelbſt ein vernuͤnfti- *) Die ſeitdem in manchen Staͤdten angelegten Maͤd- chenſchulen zeugen, daß man jetzt nicht mehr wie ſonſt dieſe weibliche beſſere Unterrichtsbeſorgung fuͤr uͤberfluͤßig haͤlt — moͤchte man doch aber auch hier das ne quid nimis nicht unbefolgt laſſen.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/259>, abgerufen am 23.11.2024.