Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

treiben verstehe? Wird sie nicht sonst dem,
der durch das ausgehangne Schild getäuscht
und betrogen wird, für den Schaden, der
ihm aus einer Art von ignorantia invinci-
bilis
erwächst -- gut stehen sollen? Mei-
nes Erachtens leidet hier die Rechtsregel:
quilibet scire debet conditionem eius, cum
quo contrahit
große und billige Ausnah-
men.

Mehr als ein Jahr hab' ich auf die
Durchsicht *) der Bodeschen Uebersetzung des
Montaigne verwandt, nur ein förmli-
cher Eigensinn konnte mich bewegen bis ans
Ende auszuhalten, das Gott Lob Anno 1804.

*) Bey dieser Gelegenheit fällt mir die mühsame
Durchsicht der meistentheils sehr glücklichen kleinen
Gedichte des durch seine Genialität und erbärm-
liche Wirthschaft in Königsberg sehr bekannt ge-
wordnen Kammersecretair John bey. Viele wa-
ren mit Bürgerschen und Gersienbergschen Geiste
geschrieben, unter andern eine dityrambische Er-
gießung über Luthers: Wer nicht liebt Wein,
Weiber und Gesang, der bleibt ein
Narr sein Lebenlang.
Die ganze Samm-
lung soll nach seinem Tode von den Erben dem
Kriegsrath Müchler zugesandt seyn, was er da-
von für Gebrauch gemacht, ist mir unbekannt
geblieben.

treiben verſtehe? Wird ſie nicht ſonſt dem,
der durch das ausgehangne Schild getaͤuſcht
und betrogen wird, fuͤr den Schaden, der
ihm aus einer Art von ignorantia invinci-
bilis
erwaͤchſt — gut ſtehen ſollen? Mei-
nes Erachtens leidet hier die Rechtsregel:
quilibet ſcire debet conditionem eius, cum
quo contrahit
große und billige Ausnah-
men.

Mehr als ein Jahr hab’ ich auf die
Durchſicht *) der Bodeſchen Ueberſetzung des
Montaigne verwandt, nur ein foͤrmli-
cher Eigenſinn konnte mich bewegen bis ans
Ende auszuhalten, das Gott Lob Anno 1804.

*) Bey dieſer Gelegenheit faͤllt mir die muͤhſame
Durchſicht der meiſtentheils ſehr gluͤcklichen kleinen
Gedichte des durch ſeine Genialitaͤt und erbaͤrm-
liche Wirthſchaft in Koͤnigsberg ſehr bekannt ge-
wordnen Kammerſecretair John bey. Viele wa-
ren mit Buͤrgerſchen und Gerſienbergſchen Geiſte
geſchrieben, unter andern eine dityrambiſche Er-
gießung uͤber Luthers: Wer nicht liebt Wein,
Weiber und Geſang, der bleibt ein
Narr ſein Lebenlang.
Die ganze Samm-
lung ſoll nach ſeinem Tode von den Erben dem
Kriegsrath Muͤchler zugeſandt ſeyn, was er da-
von fuͤr Gebrauch gemacht, iſt mir unbekannt
geblieben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0264" n="247"/>
treiben ver&#x017F;tehe? Wird &#x017F;ie nicht &#x017F;on&#x017F;t dem,<lb/>
der durch das ausgehangne Schild geta&#x0364;u&#x017F;cht<lb/>
und betrogen wird, fu&#x0364;r den Schaden, der<lb/>
ihm aus einer Art von <hi rendition="#aq">ignorantia invinci-<lb/>
bilis</hi> erwa&#x0364;ch&#x017F;t &#x2014; gut &#x017F;tehen &#x017F;ollen? Mei-<lb/>
nes Erachtens leidet hier die Rechtsregel:<lb/><hi rendition="#aq">quilibet &#x017F;cire debet conditionem eius, cum<lb/>
quo contrahit</hi> große und billige Ausnah-<lb/>
men.</p><lb/>
        <p>Mehr als ein Jahr hab&#x2019; ich auf die<lb/>
Durch&#x017F;icht <note place="foot" n="*)">Bey die&#x017F;er Gelegenheit fa&#x0364;llt mir die mu&#x0364;h&#x017F;ame<lb/>
Durch&#x017F;icht der mei&#x017F;tentheils &#x017F;ehr glu&#x0364;cklichen kleinen<lb/>
Gedichte des durch &#x017F;eine Genialita&#x0364;t und erba&#x0364;rm-<lb/>
liche Wirth&#x017F;chaft in Ko&#x0364;nigsberg &#x017F;ehr bekannt ge-<lb/>
wordnen Kammer&#x017F;ecretair <hi rendition="#g">John</hi> bey. Viele wa-<lb/>
ren mit Bu&#x0364;rger&#x017F;chen und Ger&#x017F;ienberg&#x017F;chen Gei&#x017F;te<lb/>
ge&#x017F;chrieben, unter andern eine dityrambi&#x017F;che Er-<lb/>
gießung u&#x0364;ber Luthers: <hi rendition="#g">Wer nicht liebt Wein,<lb/>
Weiber und Ge&#x017F;ang, der bleibt ein<lb/>
Narr &#x017F;ein Lebenlang.</hi> Die ganze Samm-<lb/>
lung &#x017F;oll nach &#x017F;einem Tode von den Erben dem<lb/>
Kriegsrath Mu&#x0364;chler zuge&#x017F;andt &#x017F;eyn, was er da-<lb/>
von fu&#x0364;r Gebrauch gemacht, i&#x017F;t mir unbekannt<lb/>
geblieben.</note> der Bode&#x017F;chen Ueber&#x017F;etzung des<lb/><hi rendition="#g">Montaigne</hi> verwandt, nur ein fo&#x0364;rmli-<lb/>
cher Eigen&#x017F;inn konnte mich bewegen bis ans<lb/>
Ende auszuhalten, das Gott Lob Anno 1804.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0264] treiben verſtehe? Wird ſie nicht ſonſt dem, der durch das ausgehangne Schild getaͤuſcht und betrogen wird, fuͤr den Schaden, der ihm aus einer Art von ignorantia invinci- bilis erwaͤchſt — gut ſtehen ſollen? Mei- nes Erachtens leidet hier die Rechtsregel: quilibet ſcire debet conditionem eius, cum quo contrahit große und billige Ausnah- men. Mehr als ein Jahr hab’ ich auf die Durchſicht *) der Bodeſchen Ueberſetzung des Montaigne verwandt, nur ein foͤrmli- cher Eigenſinn konnte mich bewegen bis ans Ende auszuhalten, das Gott Lob Anno 1804. *) Bey dieſer Gelegenheit faͤllt mir die muͤhſame Durchſicht der meiſtentheils ſehr gluͤcklichen kleinen Gedichte des durch ſeine Genialitaͤt und erbaͤrm- liche Wirthſchaft in Koͤnigsberg ſehr bekannt ge- wordnen Kammerſecretair John bey. Viele wa- ren mit Buͤrgerſchen und Gerſienbergſchen Geiſte geſchrieben, unter andern eine dityrambiſche Er- gießung uͤber Luthers: Wer nicht liebt Wein, Weiber und Geſang, der bleibt ein Narr ſein Lebenlang. Die ganze Samm- lung ſoll nach ſeinem Tode von den Erben dem Kriegsrath Muͤchler zugeſandt ſeyn, was er da- von fuͤr Gebrauch gemacht, iſt mir unbekannt geblieben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/264
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/264>, abgerufen am 02.06.2024.