heit unterschied sie gar sehr von der Frau von Krüdener, die ihr Roman Valerie sehr bekannt gemacht hat, und die sich zur Zeit ihres hiesigen Aufenthalts mit einem Werke les gens du monde beschäfftigte, aus dem sie verschiedeues hohen, davon sehr er- bauten Herrschaften vorgelesen, das ich zwar sehr von diesen Zuhörerinnen rühmen ge- hört, wovon ich selbst aber nichts gesehen habe. Frau v. K., die als Gattin eines russischen Gesandten beynah alle Höfe, die Königin Antoinette und die Kaiserin Jo- sephine gesehen und näher gekannt hatte, war ein ganz eignes weibliches Wesen, fast immer auf Reisen, fein gebildet, und ge- hörte zu den mit viel Einbildungskraft be- gabten Menschen, die ihren sonst richtigen und cultivirten Verstand so lang spannen, bis sie sich selbst und andern ein Räthsel werden, und sich in ihre Visionen so fest
Doch scheint mir in der Anzeige, die ich in No. 91. der Jenaischen Lit. Zeitung am 24. Jun. 1815. gelesen, eine Art von unwilliger Persön- lichkeit gegen die Verfasserin und viel Hämisches zu liegen, das weniger Lust und Kraft zum rech- ten Richten, als Neigung zum sich rächen oder wehthunwollen verräth.
heit unterſchied ſie gar ſehr von der Frau von Kruͤdener, die ihr Roman Valerie ſehr bekannt gemacht hat, und die ſich zur Zeit ihres hieſigen Aufenthalts mit einem Werke les gens du monde beſchaͤfftigte, aus dem ſie verſchiedeues hohen, davon ſehr er- bauten Herrſchaften vorgeleſen, das ich zwar ſehr von dieſen Zuhoͤrerinnen ruͤhmen ge- hoͤrt, wovon ich ſelbſt aber nichts geſehen habe. Frau v. K., die als Gattin eines ruſſiſchen Geſandten beynah alle Hoͤfe, die Koͤnigin Antoinette und die Kaiſerin Jo- ſephine geſehen und naͤher gekannt hatte, war ein ganz eignes weibliches Weſen, faſt immer auf Reiſen, fein gebildet, und ge- hoͤrte zu den mit viel Einbildungskraft be- gabten Menſchen, die ihren ſonſt richtigen und cultivirten Verſtand ſo lang ſpannen, bis ſie ſich ſelbſt und andern ein Raͤthſel werden, und ſich in ihre Viſionen ſo feſt
Doch ſcheint mir in der Anzeige, die ich in No. 91. der Jenaiſchen Lit. Zeitung am 24. Jun. 1815. geleſen, eine Art von unwilliger Perſoͤn- lichkeit gegen die Verfaſſerin und viel Haͤmiſches zu liegen, das weniger Luſt und Kraft zum rech- ten Richten, als Neigung zum ſich raͤchen oder wehthunwollen verraͤth.
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heit unterſchied ſie gar ſehr von der Frau
von Kruͤdener, die ihr Roman Valerie
ſehr bekannt gemacht hat, und die ſich zur
Zeit ihres hieſigen Aufenthalts mit einem
Werke les gens du monde beſchaͤfftigte, aus
dem ſie verſchiedeues hohen, davon ſehr er-
bauten Herrſchaften vorgeleſen, das ich zwar
ſehr von dieſen Zuhoͤrerinnen ruͤhmen ge-
hoͤrt, wovon ich ſelbſt aber nichts geſehen
habe. Frau v. K., die als Gattin eines
ruſſiſchen Geſandten beynah alle Hoͤfe, die
Koͤnigin Antoinette und die Kaiſerin Jo-
ſephine geſehen und naͤher gekannt hatte,
war ein ganz eignes weibliches Weſen, faſt
immer auf Reiſen, fein gebildet, und ge-
hoͤrte zu den mit viel Einbildungskraft be-
gabten Menſchen, die ihren ſonſt richtigen
und cultivirten Verſtand ſo lang ſpannen,
bis ſie ſich ſelbſt und andern ein Raͤthſel
werden, und ſich in ihre Viſionen ſo feſt
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*) Doch ſcheint mir in der Anzeige, die ich in
No. 91. der Jenaiſchen Lit. Zeitung am 24. Jun.
1815. geleſen, eine Art von unwilliger Perſoͤn-
lichkeit gegen die Verfaſſerin und viel Haͤmiſches
zu liegen, das weniger Luſt und Kraft zum rech-
ten Richten, als Neigung zum ſich raͤchen oder
wehthunwollen verraͤth.
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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