einstudiren, daß sie sie selbst glauben und zuletzt das Vermögen sich zu enttäuschen ganz verlieren. Jn einem langen Gespräch über die Ergebung in den Willen Gottes, in der sie zu excelliren suchte, kamen wir indessen ziemlich überein; ob sich gleich aus manchem, was ich von ihr hörte, schließen ließ, daß sie herrnhuterisirte, und glaubwür- dige Leute, die nahen Umgang mit ihr ge- habt, haben mich versichert, sie kenne Chri- stum von Person und richte sich in ihren Handlungen stets nach besondern Winken des Himmels.
Jch muß hier eine Stelle aus der Re- cension von den Oeuvres posthumes de Ni- vernois, par Fr. de Neuschateau aus den Göttingischen Anzeigen von 1809. No. 6. S. 60. anführen. "Beym häufigen Ge- "nusse, vorzüglich der feinern Geselligkeit "erstarrt hohe Kraft. Er tödtet edle große "Gedanken, sowohl in politischer als litera- "rischer Hinsicht, im Keim. Feine, artige "Sächelchen und Schwänke mögen aus den "besten von solchen Cotterien hervorgehen, "aber nicht die ersten Meisterwerke, welche "aus der Jnnigkeit des Gemüths, aus dem
einſtudiren, daß ſie ſie ſelbſt glauben und zuletzt das Vermoͤgen ſich zu enttaͤuſchen ganz verlieren. Jn einem langen Geſpraͤch uͤber die Ergebung in den Willen Gottes, in der ſie zu excelliren ſuchte, kamen wir indeſſen ziemlich uͤberein; ob ſich gleich aus manchem, was ich von ihr hoͤrte, ſchließen ließ, daß ſie herrnhuteriſirte, und glaubwuͤr- dige Leute, die nahen Umgang mit ihr ge- habt, haben mich verſichert, ſie kenne Chri- ſtum von Perſon und richte ſich in ihren Handlungen ſtets nach beſondern Winken des Himmels.
Jch muß hier eine Stelle aus der Re- cenſion von den Oeuvres poſthumes de Ni- vernois, par Fr. de Neuſchateau aus den Goͤttingiſchen Anzeigen von 1809. No. 6. S. 60. anfuͤhren. „Beym haͤufigen Ge- „nuſſe, vorzuͤglich der feinern Geſelligkeit „erſtarrt hohe Kraft. Er toͤdtet edle große „Gedanken, ſowohl in politiſcher als litera- „riſcher Hinſicht, im Keim. Feine, artige „Saͤchelchen und Schwaͤnke moͤgen aus den „beſten von ſolchen Cotterien hervorgehen, „aber nicht die erſten Meiſterwerke, welche „aus der Jnnigkeit des Gemuͤths, aus dem
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einſtudiren, daß ſie ſie ſelbſt glauben und
zuletzt das Vermoͤgen ſich zu enttaͤuſchen
ganz verlieren. Jn einem langen Geſpraͤch
uͤber die Ergebung in den Willen Gottes,
in der ſie zu excelliren ſuchte, kamen wir
indeſſen ziemlich uͤberein; ob ſich gleich aus
manchem, was ich von ihr hoͤrte, ſchließen
ließ, daß ſie herrnhuteriſirte, und glaubwuͤr-
dige Leute, die nahen Umgang mit ihr ge-
habt, haben mich verſichert, ſie kenne Chri-
ſtum von Perſon und richte ſich in ihren
Handlungen ſtets nach beſondern Winken
des Himmels.
Jch muß hier eine Stelle aus der Re-
cenſion von den Oeuvres poſthumes de Ni-
vernois, par Fr. de Neuſchateau aus den
Goͤttingiſchen Anzeigen von 1809. No. 6.
S. 60. anfuͤhren. „Beym haͤufigen Ge-
„nuſſe, vorzuͤglich der feinern Geſelligkeit
„erſtarrt hohe Kraft. Er toͤdtet edle große
„Gedanken, ſowohl in politiſcher als litera-
„riſcher Hinſicht, im Keim. Feine, artige
„Saͤchelchen und Schwaͤnke moͤgen aus den
„beſten von ſolchen Cotterien hervorgehen,
„aber nicht die erſten Meiſterwerke, welche
„aus der Jnnigkeit des Gemuͤths, aus dem
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/311>, abgerufen am 22.11.2024.
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