"Zurückziehen der Seele in sich selbst ent- "springen, und nicht allein die Erzeugung "solcher Werke verhindert jener Geselligkeits- "genuß, sondern er stumpft auch den Sinn "der Empfindlichkeit für sie ab, wird mithin "Hauptquelle der Verderbtheit des Ge- "schmacks."
Das Hofleben möcht' ich dem Teller an der Luftpumpe vergleichen, den man mit trefflicher Erde belegt, in selbige schöne Saat streut, dann aber die Glocke darauf setzt und die Luft wegzieht. Was kann da die schöne Erde helfen, was aus der treffli- chen Saat werden? Vielfältig läßt sich aus den Zeitvertreiben besser und sichrer auf die Sinnesart der Menschen schließen, als aus ihren ernsthaften Beschäftigungen, zu denen sie oft die Noth zwingt, statt daß die erstern frey gewählt werden. Freylich drücken man- che Zeitvertreibe die Hofleute aller Art mit Schaarwerkslästigkeit, aber sind nicht auch die ohne allen Zwang getriebenen mehren- theils äußerst frivol, nur Zeit und Geld kostend, nur im Genußaugenblick quasi er- freuend, auf schnellen Wechsel angelegt, um durch Verschiedenheit und rauschendes Auf-
„Zuruͤckziehen der Seele in ſich ſelbſt ent- „ſpringen, und nicht allein die Erzeugung „ſolcher Werke verhindert jener Geſelligkeits- „genuß, ſondern er ſtumpft auch den Sinn „der Empfindlichkeit fuͤr ſie ab, wird mithin „Hauptquelle der Verderbtheit des Ge- „ſchmacks.“
Das Hofleben moͤcht’ ich dem Teller an der Luftpumpe vergleichen, den man mit trefflicher Erde belegt, in ſelbige ſchoͤne Saat ſtreut, dann aber die Glocke darauf ſetzt und die Luft wegzieht. Was kann da die ſchoͤne Erde helfen, was aus der treffli- chen Saat werden? Vielfaͤltig laͤßt ſich aus den Zeitvertreiben beſſer und ſichrer auf die Sinnesart der Menſchen ſchließen, als aus ihren ernſthaften Beſchaͤftigungen, zu denen ſie oft die Noth zwingt, ſtatt daß die erſtern frey gewaͤhlt werden. Freylich druͤcken man- che Zeitvertreibe die Hofleute aller Art mit Schaarwerkslaͤſtigkeit, aber ſind nicht auch die ohne allen Zwang getriebenen mehren- theils aͤußerſt frivol, nur Zeit und Geld koſtend, nur im Genußaugenblick quaſi er- freuend, auf ſchnellen Wechſel angelegt, um durch Verſchiedenheit und rauſchendes Auf-
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„Zuruͤckziehen der Seele in ſich ſelbſt ent-
„ſpringen, und nicht allein die Erzeugung
„ſolcher Werke verhindert jener Geſelligkeits-
„genuß, ſondern er ſtumpft auch den Sinn
„der Empfindlichkeit fuͤr ſie ab, wird mithin
„Hauptquelle der Verderbtheit des Ge-
„ſchmacks.“
Das Hofleben moͤcht’ ich dem Teller an
der Luftpumpe vergleichen, den man mit
trefflicher Erde belegt, in ſelbige ſchoͤne
Saat ſtreut, dann aber die Glocke darauf
ſetzt und die Luft wegzieht. Was kann da
die ſchoͤne Erde helfen, was aus der treffli-
chen Saat werden? Vielfaͤltig laͤßt ſich aus
den Zeitvertreiben beſſer und ſichrer auf die
Sinnesart der Menſchen ſchließen, als aus
ihren ernſthaften Beſchaͤftigungen, zu denen
ſie oft die Noth zwingt, ſtatt daß die erſtern
frey gewaͤhlt werden. Freylich druͤcken man-
che Zeitvertreibe die Hofleute aller Art mit
Schaarwerkslaͤſtigkeit, aber ſind nicht auch
die ohne allen Zwang getriebenen mehren-
theils aͤußerſt frivol, nur Zeit und Geld
koſtend, nur im Genußaugenblick quaſi er-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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