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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Laune zuläßt. Jch wenigstens muß gestehen,
daß ich ohne meine gute Laune nicht zu einer
ziemlichen Selbsterkenntniß gekommen und
vor Selbstlerey sicher geblieben wäre, denn
da Zutrauensäußerungen unsrer Bekannten,
deren Warum man nicht in sich zu ent-
decken vermag, leicht zum Ueberschätzen
eigner Kräfte verleiten, so helfen Tempera-
ment und Laune, mit denen wir jene Aeuße-
rungen ersehen und aufnehmen, zu einem
Gefühl und Urtheil, die uns zwar innerlich
froh machen, doch aber auch nicht stolz dar-
auf werden lassen, vielmehr uns erhalten
bey einer bescheidnen Gnügsamkeit mit dem,
was wir wirklich haben und vermögen. *)
Verleiten einen aber schlimme Laune und
zur Gewohnheit gewordne Leidenschaften zu
den täuschenden Meinungen, es sey etwas
in uns verborgen, das wir selbst zwar nicht
sehen, das aber andre in uns erkennen, und
wodurch sie genöthiget, wenigstens veranlaßt

*) Das Lesen guter Biographien (vielleicht selbst der
langweiligen) hatte ich für ein Hülfsmittel zur
Selbsterkenntniß, weil man darin oft Dinge aus-
gesprochen liest, die man selbst lange heimlich ge-
fühlt hat, ohne darüber mit sich selbst ins Klare
gekommen zu seyn.

Laune zulaͤßt. Jch wenigſtens muß geſtehen,
daß ich ohne meine gute Laune nicht zu einer
ziemlichen Selbſterkenntniß gekommen und
vor Selbſtlerey ſicher geblieben waͤre, denn
da Zutrauensaͤußerungen unſrer Bekannten,
deren Warum man nicht in ſich zu ent-
decken vermag, leicht zum Ueberſchaͤtzen
eigner Kraͤfte verleiten, ſo helfen Tempera-
ment und Laune, mit denen wir jene Aeuße-
rungen erſehen und aufnehmen, zu einem
Gefuͤhl und Urtheil, die uns zwar innerlich
froh machen, doch aber auch nicht ſtolz dar-
auf werden laſſen, vielmehr uns erhalten
bey einer beſcheidnen Gnuͤgſamkeit mit dem,
was wir wirklich haben und vermoͤgen. *)
Verleiten einen aber ſchlimme Laune und
zur Gewohnheit gewordne Leidenſchaften zu
den taͤuſchenden Meinungen, es ſey etwas
in uns verborgen, das wir ſelbſt zwar nicht
ſehen, das aber andre in uns erkennen, und
wodurch ſie genoͤthiget, wenigſtens veranlaßt

*) Das Leſen guter Biographien (vielleicht ſelbſt der
langweiligen) hatte ich fuͤr ein Huͤlfsmittel zur
Selbſterkenntniß, weil man darin oft Dinge aus-
geſprochen lieſt, die man ſelbſt lange heimlich ge-
fuͤhlt hat, ohne daruͤber mit ſich ſelbſt ins Klare
gekommen zu ſeyn.
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[327/0344] Laune zulaͤßt. Jch wenigſtens muß geſtehen, daß ich ohne meine gute Laune nicht zu einer ziemlichen Selbſterkenntniß gekommen und vor Selbſtlerey ſicher geblieben waͤre, denn da Zutrauensaͤußerungen unſrer Bekannten, deren Warum man nicht in ſich zu ent- decken vermag, leicht zum Ueberſchaͤtzen eigner Kraͤfte verleiten, ſo helfen Tempera- ment und Laune, mit denen wir jene Aeuße- rungen erſehen und aufnehmen, zu einem Gefuͤhl und Urtheil, die uns zwar innerlich froh machen, doch aber auch nicht ſtolz dar- auf werden laſſen, vielmehr uns erhalten bey einer beſcheidnen Gnuͤgſamkeit mit dem, was wir wirklich haben und vermoͤgen. *) Verleiten einen aber ſchlimme Laune und zur Gewohnheit gewordne Leidenſchaften zu den taͤuſchenden Meinungen, es ſey etwas in uns verborgen, das wir ſelbſt zwar nicht ſehen, das aber andre in uns erkennen, und wodurch ſie genoͤthiget, wenigſtens veranlaßt *) Das Leſen guter Biographien (vielleicht ſelbſt der langweiligen) hatte ich fuͤr ein Huͤlfsmittel zur Selbſterkenntniß, weil man darin oft Dinge aus- geſprochen lieſt, die man ſelbſt lange heimlich ge- fuͤhlt hat, ohne daruͤber mit ſich ſelbſt ins Klare gekommen zu ſeyn.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/344>, abgerufen am 22.11.2024.