Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

ren ließen aus Göthe's höchst reichhaltiger
Farbenlehre, die meines Erachtens wohl
nicht dem großen Newton das himmel-
schreyende Unrecht thut, dessen sie die Erz-
mathematiker beschuldigen, wenn sie gleich
im polemischen Theil einen sehr schnöden
Ton angenommen hat, dessen sich kein
Schriftsteller gegen einen andern, am we-
nigsten ein Göthe gegen einen Newton
bedienen sollte.

Nun zum Tode, der allem Lebensjam-
mer und Spaß ein Ende macht. *)

*)
Großes ewig muß der Mensch erzeugen,
Weil zum Himmel auf sein Wesen strebt.
Doch der Große muß der Zeit sich beugen
Der im Busen wieder Größres webt;
Schlinge so sich hie ein Götterreigen,
Jn dem Schönes Schöneres belebt.
Nur ein Leben aus dem Tod entfalten
Jst der Menschheit schmerzumwölktes Walten.

W. v. Humboldt, Rom 1806. p. 33.

Was ist der Tod? der König aller Schrecken
Nennt ihn des Sünders schuldbeladne Seele,
Und furchtbar faßt er des Tyrannen Kehle,
Der Eumeniden Rache zu vollstrecken.
Nur er, den täglich Gram und Trübsal wecken,
Der duldend wünscht, damit ihn nichts mehr quäle,

ren ließen aus Goͤthe’s hoͤchſt reichhaltiger
Farbenlehre, die meines Erachtens wohl
nicht dem großen Newton das himmel-
ſchreyende Unrecht thut, deſſen ſie die Erz-
mathematiker beſchuldigen, wenn ſie gleich
im polemiſchen Theil einen ſehr ſchnoͤden
Ton angenommen hat, deſſen ſich kein
Schriftſteller gegen einen andern, am we-
nigſten ein Goͤthe gegen einen Newton
bedienen ſollte.

Nun zum Tode, der allem Lebensjam-
mer und Spaß ein Ende macht. *)

*)
Großes ewig muß der Menſch erzeugen,
Weil zum Himmel auf ſein Weſen ſtrebt.
Doch der Große muß der Zeit ſich beugen
Der im Buſen wieder Groͤßres webt;
Schlinge ſo ſich hie ein Goͤtterreigen,
Jn dem Schoͤnes Schoͤneres belebt.
Nur ein Leben aus dem Tod entfalten
Jſt der Menſchheit ſchmerzumwoͤlktes Walten.

W. v. Humboldt, Rom 1806. p. 33.

Was iſt der Tod? der Koͤnig aller Schrecken
Nennt ihn des Suͤnders ſchuldbeladne Seele,
Und furchtbar faßt er des Tyrannen Kehle,
Der Eumeniden Rache zu vollſtrecken.
Nur er, den taͤglich Gram und Truͤbſal wecken,
Der duldend wuͤnſcht, damit ihn nichts mehr quaͤle,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0393" n="376"/>
ren ließen aus <hi rendition="#g">Go&#x0364;the&#x2019;s</hi> ho&#x0364;ch&#x017F;t reichhaltiger<lb/>
Farbenlehre, die meines Erachtens wohl<lb/>
nicht dem großen <hi rendition="#g">Newton</hi> das himmel-<lb/>
&#x017F;chreyende Unrecht thut, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie die Erz-<lb/>
mathematiker be&#x017F;chuldigen, wenn &#x017F;ie gleich<lb/>
im polemi&#x017F;chen Theil einen &#x017F;ehr &#x017F;chno&#x0364;den<lb/>
Ton angenommen hat, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich kein<lb/>
Schrift&#x017F;teller gegen einen andern, am we-<lb/>
nig&#x017F;ten ein <hi rendition="#g">Go&#x0364;the</hi> gegen einen <hi rendition="#g">Newton</hi><lb/>
bedienen &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Nun zum Tode, der allem Lebensjam-<lb/>
mer und Spaß ein Ende macht. <note xml:id="seg2pn_33_1" next="#seg2pn_33_2" place="foot" n="*)"><cit><quote><lg type="poem"><l>Großes ewig muß der Men&#x017F;ch erzeugen,</l><lb/><l>Weil zum Himmel auf &#x017F;ein We&#x017F;en &#x017F;trebt.</l><lb/><l>Doch der Große muß der Zeit &#x017F;ich beugen</l><lb/><l>Der im Bu&#x017F;en wieder Gro&#x0364;ßres webt;</l><lb/><l>Schlinge &#x017F;o &#x017F;ich hie ein Go&#x0364;tterreigen,</l><lb/><l>Jn dem Scho&#x0364;nes Scho&#x0364;neres belebt.</l><lb/><l>Nur ein Leben aus dem Tod entfalten</l><lb/><l>J&#x017F;t der Men&#x017F;chheit &#x017F;chmerzumwo&#x0364;lktes Walten.</l></lg></quote><lb/><bibl><hi rendition="#et">W. v. Humboldt, <hi rendition="#g">Rom</hi> 1806. <hi rendition="#aq">p.</hi> 33.</hi></bibl></cit><lb/><cit><quote><lg n="1"><l>Was i&#x017F;t der Tod? der Ko&#x0364;nig aller Schrecken</l><lb/><l rendition="#et">Nennt ihn des Su&#x0364;nders &#x017F;chuldbeladne Seele,</l><lb/><l rendition="#et">Und furchtbar faßt er des Tyrannen Kehle,</l><lb/><l rendition="#et">Der Eumeniden Rache zu voll&#x017F;trecken.</l></lg><lb/><lg n="2"><l>Nur er, den ta&#x0364;glich Gram und Tru&#x0364;b&#x017F;al wecken,</l><lb/><l rendition="#et">Der duldend wu&#x0364;n&#x017F;cht, damit ihn nichts mehr qua&#x0364;le,</l></lg></quote></cit></note></p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0393] ren ließen aus Goͤthe’s hoͤchſt reichhaltiger Farbenlehre, die meines Erachtens wohl nicht dem großen Newton das himmel- ſchreyende Unrecht thut, deſſen ſie die Erz- mathematiker beſchuldigen, wenn ſie gleich im polemiſchen Theil einen ſehr ſchnoͤden Ton angenommen hat, deſſen ſich kein Schriftſteller gegen einen andern, am we- nigſten ein Goͤthe gegen einen Newton bedienen ſollte. Nun zum Tode, der allem Lebensjam- mer und Spaß ein Ende macht. *) *) Großes ewig muß der Menſch erzeugen, Weil zum Himmel auf ſein Weſen ſtrebt. Doch der Große muß der Zeit ſich beugen Der im Buſen wieder Groͤßres webt; Schlinge ſo ſich hie ein Goͤtterreigen, Jn dem Schoͤnes Schoͤneres belebt. Nur ein Leben aus dem Tod entfalten Jſt der Menſchheit ſchmerzumwoͤlktes Walten. W. v. Humboldt, Rom 1806. p. 33. Was iſt der Tod? der Koͤnig aller Schrecken Nennt ihn des Suͤnders ſchuldbeladne Seele, Und furchtbar faßt er des Tyrannen Kehle, Der Eumeniden Rache zu vollſtrecken. Nur er, den taͤglich Gram und Truͤbſal wecken, Der duldend wuͤnſcht, damit ihn nichts mehr quaͤle,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/393
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/393>, abgerufen am 25.11.2024.