Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

"Unter andern Capiteln, die uns der
"angenehme Schwätzer Montaigne hin-
"terlassen, hat mir immer das vom Tode
"am wenigsten gefallen. Es ist das 19.
"im 1. Buch. Man sieht durch alles hin-
"durch, daß sich der wackre Philosoph vor
"dem Tode gefürchtet, und durch die ge-
"waltsame Aengstlichkeit, womit er den Ge-
"danken wendet und selbst zu Wortspielen
"dreht, ein sehr übles Beyspiel gegeben
"hat. Wer sich vor dem Tode wirklich
"nicht fürchtet, wird schwerlich davon mit
"so vielen kleinlichen Trostgründen gegen
"ihn zu reden wissen, als hier Montaigne
"beybringt."

So steht in Lichtenbergs nach sei-
nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif-

Daß Ewigkeit sich bald der Zeit vermähle,
Und Grabeshügel seine Sorge decken:
Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken,
Er fordert kühn den Würger in die Schranken,
Der Weise sieht ihn ohne zu erbeben.
Was ist denn Tod? Ein wesenloser Schatten,
Er kann euch Gutes, kann euch Böses geben,
So wie ihr selbst vermögt ihn auszustatten.

nach dem Jtaliänischen des Vinzenzo Monti
vom General von Schöler.

„Unter andern Capiteln, die uns der
„angenehme Schwaͤtzer Montaigne hin-
„terlaſſen, hat mir immer das vom Tode
„am wenigſten gefallen. Es iſt das 19.
„im 1. Buch. Man ſieht durch alles hin-
„durch, daß ſich der wackre Philoſoph vor
„dem Tode gefuͤrchtet, und durch die ge-
„waltſame Aengſtlichkeit, womit er den Ge-
„danken wendet und ſelbſt zu Wortſpielen
„dreht, ein ſehr uͤbles Beyſpiel gegeben
„hat. Wer ſich vor dem Tode wirklich
„nicht fuͤrchtet, wird ſchwerlich davon mit
„ſo vielen kleinlichen Troſtgruͤnden gegen
„ihn zu reden wiſſen, als hier Montaigne
„beybringt.“

So ſteht in Lichtenbergs nach ſei-
nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif-

Daß Ewigkeit ſich bald der Zeit vermaͤhle,
Und Grabeshuͤgel ſeine Sorge decken:
Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken,
Er fordert kuͤhn den Wuͤrger in die Schranken,
Der Weiſe ſieht ihn ohne zu erbeben.
Was iſt denn Tod? Ein weſenloſer Schatten,
Er kann euch Gutes, kann euch Boͤſes geben,
So wie ihr ſelbſt vermoͤgt ihn auszuſtatten.

nach dem Jtaliaͤniſchen des Vinzenzo Monti
vom General von Schoͤler.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0394" n="377"/>
        <p>
          <cit>
            <quote>&#x201E;Unter andern Capiteln, die uns der<lb/>
&#x201E;angenehme Schwa&#x0364;tzer <hi rendition="#g">Montaigne</hi> hin-<lb/>
&#x201E;terla&#x017F;&#x017F;en, hat mir immer das vom Tode<lb/>
&#x201E;am wenig&#x017F;ten gefallen. Es i&#x017F;t das 19.<lb/>
&#x201E;im 1. Buch. Man &#x017F;ieht durch alles hin-<lb/>
&#x201E;durch, daß &#x017F;ich der wackre Philo&#x017F;oph vor<lb/>
&#x201E;dem Tode gefu&#x0364;rchtet, und durch die ge-<lb/>
&#x201E;walt&#x017F;ame Aeng&#x017F;tlichkeit, womit er den Ge-<lb/>
&#x201E;danken wendet und &#x017F;elb&#x017F;t zu Wort&#x017F;pielen<lb/>
&#x201E;dreht, ein &#x017F;ehr u&#x0364;bles Bey&#x017F;piel gegeben<lb/>
&#x201E;hat. Wer &#x017F;ich vor dem Tode wirklich<lb/>
&#x201E;nicht fu&#x0364;rchtet, wird &#x017F;chwerlich davon mit<lb/>
&#x201E;&#x017F;o vielen kleinlichen Tro&#x017F;tgru&#x0364;nden gegen<lb/>
&#x201E;ihn zu reden wi&#x017F;&#x017F;en, als hier Montaigne<lb/>
&#x201E;beybringt.&#x201C;</quote>
          </cit>
        </p><lb/>
        <p>So &#x017F;teht in <hi rendition="#g">Lichtenbergs</hi> nach &#x017F;ei-<lb/>
nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif-<lb/><note xml:id="seg2pn_33_2" prev="#seg2pn_33_1" place="foot" n="*)"><cit><quote><lg n="2"><l>Daß Ewigkeit &#x017F;ich bald der Zeit verma&#x0364;hle,</l><lb/><l>Und Grabeshu&#x0364;gel &#x017F;eine Sorge decken:</l></lg><lb/><lg n="3"><l>Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken,</l><lb/><l>Er fordert ku&#x0364;hn den Wu&#x0364;rger in die Schranken,</l><lb/><l>Der Wei&#x017F;e &#x017F;ieht ihn ohne zu erbeben.</l></lg><lb/><lg n="4"><l>Was i&#x017F;t denn Tod? Ein we&#x017F;enlo&#x017F;er Schatten,</l><lb/><l>Er kann euch Gutes, kann euch Bo&#x0364;&#x017F;es geben,</l><lb/><l>So wie ihr &#x017F;elb&#x017F;t vermo&#x0364;gt ihn auszu&#x017F;tatten.</l></lg></quote><lb/><bibl><hi rendition="#et">nach dem Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen des Vinzenzo Monti<lb/>
vom General von Scho&#x0364;ler.</hi></bibl></cit></note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0394] „Unter andern Capiteln, die uns der „angenehme Schwaͤtzer Montaigne hin- „terlaſſen, hat mir immer das vom Tode „am wenigſten gefallen. Es iſt das 19. „im 1. Buch. Man ſieht durch alles hin- „durch, daß ſich der wackre Philoſoph vor „dem Tode gefuͤrchtet, und durch die ge- „waltſame Aengſtlichkeit, womit er den Ge- „danken wendet und ſelbſt zu Wortſpielen „dreht, ein ſehr uͤbles Beyſpiel gegeben „hat. Wer ſich vor dem Tode wirklich „nicht fuͤrchtet, wird ſchwerlich davon mit „ſo vielen kleinlichen Troſtgruͤnden gegen „ihn zu reden wiſſen, als hier Montaigne „beybringt.“ So ſteht in Lichtenbergs nach ſei- nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif- *) *) Daß Ewigkeit ſich bald der Zeit vermaͤhle, Und Grabeshuͤgel ſeine Sorge decken: Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken, Er fordert kuͤhn den Wuͤrger in die Schranken, Der Weiſe ſieht ihn ohne zu erbeben. Was iſt denn Tod? Ein weſenloſer Schatten, Er kann euch Gutes, kann euch Boͤſes geben, So wie ihr ſelbſt vermoͤgt ihn auszuſtatten. nach dem Jtaliaͤniſchen des Vinzenzo Monti vom General von Schoͤler.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/394
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/394>, abgerufen am 25.11.2024.