"Unter andern Capiteln, die uns der "angenehme Schwätzer Montaigne hin- "terlassen, hat mir immer das vom Tode "am wenigsten gefallen. Es ist das 19. "im 1. Buch. Man sieht durch alles hin- "durch, daß sich der wackre Philosoph vor "dem Tode gefürchtet, und durch die ge- "waltsame Aengstlichkeit, womit er den Ge- "danken wendet und selbst zu Wortspielen "dreht, ein sehr übles Beyspiel gegeben "hat. Wer sich vor dem Tode wirklich "nicht fürchtet, wird schwerlich davon mit "so vielen kleinlichen Trostgründen gegen "ihn zu reden wissen, als hier Montaigne "beybringt."
So steht in Lichtenbergs nach sei- nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif-
Daß Ewigkeit sich bald der Zeit vermähle, Und Grabeshügel seine Sorge decken:
Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken, Er fordert kühn den Würger in die Schranken, Der Weise sieht ihn ohne zu erbeben.
Was ist denn Tod? Ein wesenloser Schatten, Er kann euch Gutes, kann euch Böses geben, So wie ihr selbst vermögt ihn auszustatten.
nach dem Jtaliänischen des Vinzenzo Monti vom General von Schöler.
„Unter andern Capiteln, die uns der „angenehme Schwaͤtzer Montaigne hin- „terlaſſen, hat mir immer das vom Tode „am wenigſten gefallen. Es iſt das 19. „im 1. Buch. Man ſieht durch alles hin- „durch, daß ſich der wackre Philoſoph vor „dem Tode gefuͤrchtet, und durch die ge- „waltſame Aengſtlichkeit, womit er den Ge- „danken wendet und ſelbſt zu Wortſpielen „dreht, ein ſehr uͤbles Beyſpiel gegeben „hat. Wer ſich vor dem Tode wirklich „nicht fuͤrchtet, wird ſchwerlich davon mit „ſo vielen kleinlichen Troſtgruͤnden gegen „ihn zu reden wiſſen, als hier Montaigne „beybringt.“
So ſteht in Lichtenbergs nach ſei- nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif-
Daß Ewigkeit ſich bald der Zeit vermaͤhle, Und Grabeshuͤgel ſeine Sorge decken:
Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken, Er fordert kuͤhn den Wuͤrger in die Schranken, Der Weiſe ſieht ihn ohne zu erbeben.
Was iſt denn Tod? Ein weſenloſer Schatten, Er kann euch Gutes, kann euch Boͤſes geben, So wie ihr ſelbſt vermoͤgt ihn auszuſtatten.
nach dem Jtaliaͤniſchen des Vinzenzo Monti vom General von Schoͤler.
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„Unter andern Capiteln, die uns der
„angenehme Schwaͤtzer Montaigne hin-
„terlaſſen, hat mir immer das vom Tode
„am wenigſten gefallen. Es iſt das 19.
„im 1. Buch. Man ſieht durch alles hin-
„durch, daß ſich der wackre Philoſoph vor
„dem Tode gefuͤrchtet, und durch die ge-
„waltſame Aengſtlichkeit, womit er den Ge-
„danken wendet und ſelbſt zu Wortſpielen
„dreht, ein ſehr uͤbles Beyſpiel gegeben
„hat. Wer ſich vor dem Tode wirklich
„nicht fuͤrchtet, wird ſchwerlich davon mit
„ſo vielen kleinlichen Troſtgruͤnden gegen
„ihn zu reden wiſſen, als hier Montaigne
„beybringt.“
So ſteht in Lichtenbergs nach ſei-
nem Tode von Kries herausgegebenen Schrif-
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*) Daß Ewigkeit ſich bald der Zeit vermaͤhle,
Und Grabeshuͤgel ſeine Sorge decken:
Der Held, gewohnt im Kampfe nie zu wanken,
Er fordert kuͤhn den Wuͤrger in die Schranken,
Der Weiſe ſieht ihn ohne zu erbeben.
Was iſt denn Tod? Ein weſenloſer Schatten,
Er kann euch Gutes, kann euch Boͤſes geben,
So wie ihr ſelbſt vermoͤgt ihn auszuſtatten.
nach dem Jtaliaͤniſchen des Vinzenzo Monti
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/394>, abgerufen am 17.06.2024.
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